Die ewige Verdammnis

Die ewige Verdammnis

Einer Seele, die sich mit einfältigem Herzen auf Gottes Wort stützt, macht die Frage der ewigen Verdammnis, die schon so unendlich viel, gründlich oder oberflächlich, erörtert und in widersprechendstem Sinne beantwortet wurde, keine Schwierigkeit. Sie liest im Worte Gottes: «Diese (die Ungläubigen oder Ungerechten) werden hingehen in die ewige Pein (oder Strafe), die Gerechten aber in das ewige Leben» (Matth. 25,46). Damit ist die Frage für sie entschieden. Schon ihr Gewissen sagt ihr, was diese Worte zu bedeuten haben. Sie grübelt auch nicht darüber, sondern weis, dass der große, lebendige Gott, der Richter der ganzen Erde, recht tun wird (1. Mose 18,25). Darüber hinaus kommt sie gar nicht auf den Gedanken, dass das Wort «ewig» hier vielleicht einen anderen Sinn haben könnte als an anderen Stellen, dass es also nicht «für immerdar» oder «unaufhörlich» bedeute.

Gerade so ist es, wenn sie hört, dass diejenigen, welche zur Zeit des Endes «das Tier und sein Bild anbeten» oder «das Malzeichen seines Namens annehmen», «mit Feuer und Schwefel gequält werden vor den heiligen Engeln und dem Lamm», dass «der Rauch ihrer Qual aufsteigt von Ewigkeit zu Ewigkeit» und dass sie «keine Ruhe haben Tag und Nacht»; oder dass das Tier und der falsche Prophet «lebendig» in den Feuersee geworfen werden, wohin Satan ihnen später folgen muss, und dass sie dort «Tag und Nacht gepeinigt werden von Ewigkeit zu Ewigkeit». Sie findet in Offb. 20 und 21, dass alle, deren Namen nicht in dem Buche des Lebens geschrieben stehen, die Feigen, Ungläubigen, Lügner usw., ihr ewiges Teil in dem Feuersee haben, der mit Feuer und Schwefel brennt. Sie liest das und spricht, wenn auch in tiefer, schmerzlicher Bewegung, mit der großen Volksmenge in Offb. 19: «Wahrhaftig und gerecht sind seine Gerichte.» Kann sie auch heute noch nicht hinzufügen – denn sie steht noch in der Zeit der Gnade: «Halleluja! und ihr Rauch steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit», mit anderen Worten, vermag sie noch nicht ihr Halleluja mit der Ausführung des Gerichts zu verbinden, so weis sie doch, dass die Zeit kommen wird, wo Gott sich geradeso in den gerechten Wegen Seines Gerichts verherrlichen und dadurch die Anbetung Seiner Erlösten wachrufen wird, wie Er es heute tut in den Wegen Seiner bedingungslosen Gnade. Sie drückt ihr Siegel darauf, wenn der Apostel in Römer 2,5 und den folgenden Versen davon redet, dass der die Güte Gottes verachtende Mensch durch seine Störrigkeit und Unbußfertigkeit sich selbst Zorn aufhäuft am Tage des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, an welchem über alle, die der Wahrheit ungehorsam sind, Zorn und Grimm kommen werden. Sie beurteilt die Sünde des Menschen und deren Folgen nicht nach ihren Gedanken oder Gefühlen, misst sie nicht an dem Maßstabe menschlicher Gerechtigkeit, sondern sie betrachtet sie in dem Lichte der Heiligkeit Gottes und misst sie an dem furchtbaren Gericht, das den Sohn Gottes, den Heiligen und Gerechten, am Kreuze der Sünde wegen getroffen hat.

Tatsächlich entscheidet die Beantwortung der Frage: «Was verdienen meine Sünden?» die ganze Angelegenheit. Wenn der natürliche Tod der einzige Lohn meiner Sünden wäre, wenn die Gerechtigkeit Gottes sich mit dieser Strafe befriedigt erklären könnte, dann allerdings wäre die Lehre von einem Gericht nach dem Tode, von einer ewigen Verdammnis hinfällig. Aber es ist nicht so. Gott ist «willens, seinen Zorn zu erzeigen und seine Macht kundzutun» (Röm. 9,22). Er ist Liebe und Licht, Seine Majestät muss der Sünde und Auflehnung des Menschen gegenüber aufrecht gehalten werden. Gott kann gar nicht anders handeln, Er kann sich nicht verleugnen.

Die «Toten», das heißt alle nicht im Glauben an Christum Gestorbenen, werden dereinst vor dem großen weißen Throne stehen und gerichtet werden nach ihren Werken. Die einen werden mit mehr, die anderen mit weniger Schlägen geschlagen werden, je nach dem Maße ihrer Verantwortlichkeit, aber nicht einer wird der Strafe entrinnen. Dieser Gedanke ist dem Menschen überaus widerwärtig und widerspricht allen seinen Wünschen, seinem Gefühl und seiner Vernunft; aber Gefühl und Vernunft sind schlechte Wegweiser in den Dingen Gottes. Was können sie wissen von den Ansprüchen der Heiligkeit und Gerechtigkeit eines Gottes, vor dem selbst die Himmel nicht rein sind? Wenn sie recht hätten, warum hat Gott dann Christum «unser aller Ungerechtigkeit treffen lassen»? Warum lesen wir: «Um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden»? (Jes. 53,5). Warum das alles? Warum das furchtbare Verlassensein von Gott, wenn der Tod eine genügende Strafe für die Sünde wäre?

Nein, nicht nur der erste Tod, das Sterben, die Trennung von Seele und Leib, sondern der zweite Tod, der «Feuersee», mit anderen Worten, die ewige Verdammnis, das Erlöschen jeder Hoffnung, ein Zustand nie endender Ruhelosigkeit und Pein, ist das gerechte Teil des ungläubigen, widerspenstigen Sünders.

So redet Gottes Wort immer wieder. Wir haben bereits mehrere Stellen behandelt; ich möchte aus den vielen hierher gehörenden noch einige herausgreifen. Wir lesen in Matth. 8,12: «Die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußere Finsternis; da wird sein das Weinen und das Zähneknirschen» (Vergl. Kap. 13,41.42; 18,8.9; 22,13). «Wer irgend wider den Heiligen Geist lästern wird, hat keine Vergebung in Ewigkeit, sondern ist ewiger Sünde schuldig» (Mark. 3,29). «Es ist dir besser, einäugig in das Leben einzugehen, als mit zwei Augen in die Hölle des Feuers geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt» (Mark. 9,47+48). «Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohne nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm» (Joh. 3,36). In 2. Thess. 1,8.9 sagt Paulus von denen, die Gott nicht glauben und dem Evangelium nicht gehorchen, dass sie «Strafe leiden werden, ewiges Verderben vom Angesicht des Herrn und der Herrlichkeit seiner Stärke.» Vergleiche damit die ernsten Worte in Hebräer 10,26-31, die mit dem Ausruf schließen: «Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen». Auch Petrus schreibt: «Der Herr weis… die Ungerechten aufzubewahren auf den Tag des Gerichts, um bestraft zu werden» (2. Petr. 2,9; vergleiche Kap. 3,7; Judas 13). Aus allen diesen Stellen ergibt sich mit unzweideutiger Klarheit, dass die Verachtung der Liebe Gottes und die Verwerfung des Evangeliums die ewige Verdammnis nach sich zieht, dass der Zorn Gottes auf denen bleibt, die dem Sohne Gottes nicht glauben, dass ewiges Verderben und nie endende Strafe alle die trifft, welche dem Evangelium nicht gehorchen, dass für diejenigen, welche unter den Zorn Gottes kommen, ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt dass sie keine Vergebung haben, sondern verloren gehen und in dem Feuersee, der mit Feuer und Schwefel brennt, für immer und ewig gepeinigt werden.

Dass dieses Ergebnis erschütternd ist, die tiefsten Gründe des Herzens bewegt, ja, unseren ganzen Menschen erbeben macht, braucht nicht gesagt zu werden. Gott will auch, dass diese Folgen erreicht werden, damit der Sünder sich aufmache, um dem kommenden Zorn zu entfliehen, dass er das «Heute» der Gnade benutze und von seinen bösen Wegen umkehre. Er will, dass wir, die wir den Schrecken des Herrn kennen, nicht müde werden, die Menschen zu warnen, sie einzuladen, zu mahnen, ja, zu überreden, dass sie sich versöhnen lassen mit Gott (2. Kor. 5). Er will, dass keiner eine Entschuldigung habe. Jeder Mund soll vor Ihm verstopft werden. Dass ein großer Unterschied in dem Strafmaß bestehen wird, bestehen muss, sagten wir bereits. Die Worte des Herrn selbst bestätigen es (Matth. 11,22. 24; Luk. 12,47.48). Aber nach den nicht misszuverstehenden Aussprüchen des Wortes Gottes werden alle, deren Namen nicht in den Himmeln oder in dem Buche des Lebens angeschrieben sind, ihren Platz und ihr Teil in dem Feuersee finden.

Diese ernste, furchtbare Tatsache sucht man auf zwei Arten unwirksam zu machen,

  1. dadurch dass man sagt, alle Menschen, ja schließlich der Teufel und seine Engel (wiewohl nicht alle Anhänger dieser Richtung so weit gehen), würden mit der Zeit der gesegneten Ergebnisse des Erlösungswerkes teilhaftig werden; und
  2. dadurch, dass man lehrt, die Bösen und «Unverbesserlichen» würden zwar in die Hölle, den Feuersee, geworfen, aber nicht um darin zu bleiben, sondern um von den Flammen verzehrt zu werden.

Auf die erste dieser beiden Lehren, die sogenannte Wiederbringungs- oder Allversöhnungslehre, möchte ich hier nicht weiter eingehen, sondern nur über die zweite, die Vernichtungslehre noch ein kurzes Wort sagen.

Gewisse Anhänger dieser Lehre behaupten: «Der zweite Tod wird dargestellt als ein See, der mit Feuer und Schwefel brennt. Dies ist ein eindringliches Bild von der völligen Vernichtung, von einem Tode, aus dem es keine Auferstehung gibt; denn Christus stirbt nicht mehr (Römer 6,9), so dass es ein zweites Lösegeld für Sünder nicht geben wird. Dieser zweite Tod wird in dem griechischen Wortlaut der Bibel häufig mit «Gehenna» bezeichnet. Es ist dies eines der drei Worte, die im Neuen Testament mit «Hölle» übersetzt worden sind (leider ist es so in den älteren Übersetzungen; in den neueren werden die Worte: Grab, Hades und Hölle wie im Griechischen klar unterschieden*). «Gehenna» ist die griechische Form des Namens «Tal Hinnom» und bezeichnet ein Tal, welches außerhalb Jerusalems, unterhalb des Berges Zion, liegt. Dieses Tal war früher der Verbrennungsort für den Auskehricht der Stadt. Beständig wurden Feuer darin unterhalten. Auch die Leichname von schweren Verbrechern, von denen man bekunden wollte, dass sie einer Auferstehung nicht würdig seien, wurden hinein geworfen. Wir sehen also, dass sich mit der «Gehenna», dem zweiten Tode, kein Gedanke der Qual verbindet. Es ist ein Zustand ewiger Vernichtung. Eine ewige Strafe im Sinne von einer ewigen Abschneidung vom Leben, eine ewigdauernde Auslöschung des Seins der Seele, ist offenbar der Gedanke in Matthäus 25,46: «Diese werden hingehen in die ewige Pein.»

Immer wieder begegnen wir derselben schlimmen Vermischung von Richtigem und Falschem, von Wahrheit und Lüge. Dass es für den in seinen Sünden Gestorbenen kein «zweites Lösegeld», keine Hoffnung mehr gibt, ist wahr; aber wie falsch ist die Verbindung mit dem zweiten Tode, in welche diese ernste Wahrheit gebracht wird! Was der Schreiber ferner über das Wort «Gehenna», als abgeleitet von «Tal Hinnom» sagt, trifft zu. Ganz grundlos aber und falsch ist der Schluss, dass das Wort ein eindringliches Bild von «völliger Vernichtung» gebe und einen «Zustand ewiger Vernichtung» bedeute. Gerade umgekehrt! Das nie erlöschende Feuer und der unaufhörlich nagende Wurm (wenn wir diese beiden Bilder mit dem Worte «Tal Hinnom» überhaupt verbinden dürfen) beweisen das Gegenteil: der Unrat wurde nicht verzehrt, und die Leichname, die eines Begräbnisses (nicht einer «Auferstehung») unwürdig geachtet wurden, blieben unbeerdigt vor aller Augen liegen, ein Fraß der Würmer – in beiden Hinsichten also ein Bild bleibenden Gerichts.

Gerade so ist es in Jesaja 66,22-24, an welche Stelle der Herr wohl anknüpft, wenn Er von dem Feuer und dem Wurm redet. Die Leichname, welche die im Tausendjährigen Reich nach Jerusalem Hinaufziehenden sehen werden, sind immer die nämlichen, bleiben dauernd bestehen als eine Warnung vor den furchtbaren Wirkungen und Folgen der Sünde, als ein Bild von dauerndem Elend, von endloser Schande. Die Gegenstände des heiligen Gerichts Gottes werden nicht zerstört, nicht vernichtet. «Ihr Wurm wird nicht sterben, und ihr Feuer nicht erlöschen, und sie werden ein Abscheu sein allem Fleische.»

Wie nun gar die Worte: «Diese werden hingehen in die ewige Pein» eine «ewigdauernde Auslöschung des Seins der Seele» in sich schließen sollen, ist völlig unerfindlich. Was für einen Sinn könnte der Ausdruck ewige Pein (oder Strafe) haben, wenn der Mensch durch sie vernichtet, wenn sein Sein völlig ausgelöscht würde? Gar keinen! Ist eine Pein oder Strafe ewig, so müssen die, welche von ihr betroffen werden, ein endloses Bestehen haben, sonst ist es keine ewige, sondern höchstens eine endgültige Strafe, die mit dem Vergehen ihrer Gegenstände aufhört. Der Ausdruck selbst also besagt genau das Gegenteil von dem, was man hineinlegt. In Verbindung mit den bereits erwähnten Ausdrücken: «ewiger Sünde schuldig» – «keine Vergebung in Ewigkeit» – «ewiges Verderben» – «bleibender Zorn» «Weinen und Zähneknirschen» usw. beweist er das ewige Fortbestehen des Sünders in einem Leibe, welcher der Zerstörung nicht mehr unterworfen ist.

Von einer ewigen und völligen Vernichtung redet die Schrift niemals, nicht einmal im Blick auf die Schöpfung. Sie wird nicht vernichtet, sondern, wie der Mensch, verwandelt werden, um in einem neuen Zustand weiter zu bestehen.

Kann überhaupt etwas vernichtet werden? Doch mit der wissenschaftlichen Seite der Frage wollen wir uns hier nicht beschäftigen. Die Ausdrücke: vernichten, vertilgen, ausrotten, verzehren, verderben und ähnliche. kommen häufig in der Schrift vor, aber sie bedeuten niemals ein Aufhören des Seins überhaupt, in dem absoluten Sinne des Wortes, sondern nur ein Aufhören oder Vergehen der Personen oder Dinge dem Zustande gemäß, in welchem sie sich bis dahin befanden. So redet Gott im Alten Testament immer wieder davon, dass Er Israel vertilgen oder vernichten wolle, damit es keine Nation mehr sei. Er will die Seele, welche sündigt, ausrotten aus der Mitte ihres Volkes, die Gesetzlosen für immer vertilgen von der Erde, alle die Frevel tun ausrotten aus der Stadt, usw. Aus dem Neuen Testament will ich nur eine Stelle als Beleg anführen. Wir lesen in 2. Thess. 2,8 von dem «Gesetzlosen», das heißt dem Antichristen, «den der Herr Jesus verzehren wird durch den Hauch Seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung Seiner Ankunft». Das wird geschehen kurz vor oder beim Beginn des Tausendjährigen Reiches, und doch finden wir nach Verlauf der tausend Jahre den Antichristen mit dem «Tiere» in dem Feuersee, wo ihnen dann der Teufel zugesellt werden wird, um mit ihnen gepeinigt zu werden von Ewigkeit zu Ewigkeit. Dass das nicht nach Vernichtung, nach einer ewigdauernden Auslöschung des Seins aussieht, sollte doch jedem klar sein.


* Es gibt auch heute moderne Bibelübersetzungen (Hoffnung für Alle, Luther 2017 etc. Diese sind allerdings teilweise ungenau und auch verfälscht. Ich empfehle dem Leser die Bibelübersetzung „Schlachter 2000“ oder „Elbersfelder – Edition CSV Hückeswagen“.

Ein sehr interessanter und hilfreicher Beitrag zu Bibelübersetzungen wurde auch von Bruder Rudolf Ebertshäuser verfasst, den man hier aufrufen kann.

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