Den Nacken unter den Dienst beugen
Es gibt Leute, die zu steif und zu unnahbar sind, um anderen von großem Nutzen sein zu können. Unter den aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrten Juden befanden sich einige von dieser Sorte in Tekoa, einer Stadt, die einige Kilometer südlich von Jerusalem gelegen war.
Als in den Tagen Nehemias die Mauer von Jerusalem wiederhergestellt wurde, waren die nach Tekoa zurückgekehrten Juden, als Ganzes betrachtet, besonders eifrige Mitarbeiter. Ihre Namen werden in der Liste derer, die an diesem Werk arbeiteten, zweimal ehrenvoll hervorgehoben (Nehemia 3,5.27).
Aber die Vornehmen von Tekoa waren unehrbare Ausnahmen. An einem Tage reger, allgemeiner Tätigkeit fielen sie auf durch ihr Nichtstun. Es wird von ihnen gesagt: «Sie beugten ihren Nacken nicht unter den Dienst ihres Herrn.» Sie wollten sich nicht niederbeugen, um das Joch des Dienstes auf den Nacken zu nehmen. Der gebeugte Nacken steht im Gegensatz zu dem steifen Nacken und dem verhärteten Herzen – Bilder eines hochmütigen, unabhängigen Geistes, der jeden von außen kommenden Anspruch der Autorität abweist und ihm widersteht. Wie oft in der Geschichte des Volkes Israel trat diese Widerspenstigkeit zu Tage! Und ach! wie oft will sie sich auch in unseren eigenen Herzen erheben.
Das war der Geist, der die Herzen dieser Vornehmen von Tekoa erfüllte, als man ihre Hilfe so nötig gehabt hätte. Sie blickten mit einer Art Verachtung auf die Schar der Steinhauer und Arbeiter herab, die in den Ruinen ihres geliebten Zion so eifrig arbeiteten. Sie standen stolz abseits.
Hätte man diese Vornehmen eingeladen, sich an irgend einem großen Werk zu beteiligen, so hätten sie sich wohl nicht abseits gehalten. Aber sie schämten sich vor den Blicken der «ehrenwerten» Nachbarn Sanballat, Tobia und Geschem, Becken mit Mörtel umherzutragen, Steine zu behauen und die niedergerissenen Mauern von Jerusalem auszubessern! Nein, die Vornehmen von Tekoa konnten sich nicht zu solchen Dingen erniedrigen!
Aber wir können gewiss sein, dass unser Gott, dessen Auge den Fleiß des Sohnes des Goldschmieds und der Töchter Schallums wahrnahm (Verse 8.12), auch den Stolz und die Eitelkeit dieser «Vornehmen» nicht übersah. Wir müssen sie Dem überlassen, der alles richtig beurteilt und belohnt.
Was aber uns anbelangt, geliebte Geschwister, so wollen wir uns nicht schämen, wenn man uns die alten Mauern, die der Feind niederreißen konnte, ausbessern sieht. Seht nur, welche Breschen er in das Haus Gottes auf der Erde geschlagen hat! Aber so wie Jerusalem, obwohl zerstört und öde, immer noch die Stadt des großen Königs war, so ist auch die Versammlung Gottes trotz ihrer heutigen Schwachheit immer noch Sein Haus. Lege Hand an im Ausbessern der Mauern, mein Bruder, meine Schwester. «Stärke das Übrige, das sterben will.»
Die Tatsache, dass sich viele der Helfer Nehemias gerade des Teiles der Mauer ihren eigenen Häusern gegenüber annahmen, hat uns viel zu sagen. Unser erstes Interesse sollte den Heiligen gelten, unter denen wir wandeln. Lasst uns eifersüchtig darüber wachen, dass wir in den Pfaden «von alters her» vorangehen. Wir wollen uns dabei an die Worte des Judas erinnern, der uns für die Tage des Abfalls den Rat erteilt: Erbauet «euch selbst auf euren allerheiligsten Glauben.»
Jetzt, wie je, hat das «Bauen» und das «Steinesammeln» seine Zeit (Prediger 3). Um dies zu tun, müssen wir uns selbst in der Liebe Gottes erhalten (Judas 20,21), denn die Liebe ist es, die erbaut (1.Kor. 8,1).
Und lasst uns dabei auch die wichtige Seite dieser Lektion, dass wir nicht nur unsere Hände brauchen, sondern vor allem auch unsern Nacken unter das Werk beugen sollen, nicht vergessen. Demut ist das große Erfordernis des christlichen Dieners. Wir müssen unsere steifen Nacken unter das Joch Christi beugen. «Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig» (Matth. 11,28; siehe auch 2.Tim. 2,24.25).
Auch bei uns kommt es leider vor, dass wir uns des Werkes des Herrn, das Er uns zu tun gibt, schämen. Wir fürchten uns davor, dass irgend ein Tobia uns mit der Kelle und dem Pflaster hantieren sieht, um niedergerissene Mauern auszubessern. Aber wenn uns der Herr diese Aufgabe gibt, was dann? Sollen wir dem Herrn gefallen oder den Menschen?