Schwere Herzen beim Krankenlager
«Er (Epaphroditus) war auch krank, dem Tode nahe; aber Gott hat sich über ihn erbarmt, nicht aber über ihn allein, sondern auch über mich, auf dass ich nicht Traurigkeit auf Traurigkeit hätte.» (Phil. 2,27)
Der Kummer über liebe Kranke, die uns nahestehen, ist oft eine äußerst schwer zu tragende Bürde. Man darf sich vor dem armen Leidenden nichts anmerken lassen, damit er die wachsende Besorgnis und Beunruhigung nicht spürt. Tag um Tag sieht er daher nur das fröhliche Antlitz, das sich über ihn beugt, und weiß vielleicht nicht, dass dahinter ein Herz ist, das brechen will. Das ist für den menschlichen Geist eine große Anspannung, die weder von Freunden und Nachbarn, noch auch von der liebenden Pflegerin selbst erkannt wird.
Einen geliebten Menschen leiden zu sehen, und doch außerstande zu sein, ihm Erleichterung zu schaffen – ihn, der für andere eine Stütze war, nun hilflos und abhängig wie ein kleines Kind darniederliegen zu sehen – zu wissen, dass er, einer unserer Teuersten, «dem Tode nahe» ist und machtlos diesem gefürchteten Ende entgegensehen zu müssen: das ist eine Trübsal, die den Geist niederdrückt. Das sind tiefe Wasser, die über die Seele fluten.
Aber gibt es für solche keinen Balsam? Kann ein kummerbeladenes Herz nirgends Erleichterung finden? Darf die betrübte Seele die Botschaft: «Herr siehe, der, den du lieb hast, ist krank», heute nicht mehr senden? Ach, dass wir Ihn und den Grund der Sendung des Herrn: «um zu verbinden die zerbrochenen Herzens sind», so leicht vergessen! Er liebt diesen Dienst. Und Er weiß auch, dass die zerbrochenen Herzen oft weniger auf dem Krankenlager als vielmehr darum herum zu finden sind. Wie freundlich weiß Er zu jenen zu reden, die einen solchen Kummer in ihrem Innern verbergen! «Euer Herz werde nicht bestürzt. Ihr glaubet an Gott, glaubet auch an mich… Euer Herz werde nicht bestürzt, sei auch nicht furchtsam» (Joh. 14,1.27).
Blicke also empor, geprüfte und betrübte Seele! Jesus ist der HERR des Alten Testamentes, der Israel in Ägypten zurief: «Gesehen habe ich das Elend meines Volkes… Und ich bin herabgekommen um es … zu erretten» (2.Mose 3,7.8). Er kennt nicht nur deinen verborgenen Schmerz, Er vermag dich auch davon zu befreien. Und «schafft er Ruhe, wer will beunruhigen?» (Hiob 34,29).
So wurde auch Paulus in der Einsamkeit seines Gefängnisses durch die Krankheit des Epaphroditus schwer geprüft. Aber Gott hat sich «über ihn erbarmt» und nahm diese schwere Last von seinem feinfühlenden und liebenden Herzen. Der treue Epaphroditus war ihm so teuer, und wie trauerte er darüber, dass dieser tatkräftige, hingebende Diener «dem Tode nahe» war! Gott hatte Mitleid mit Seinem bedrückten Apostel und stellte seinen «Bruder und Mitarbeiter» wieder her, auf dass er nicht «Traurigkeit auf Traurigkeit» hätte, – Traurigkeit über seine Verlassenheit und Traurigkeit des Mitleidens mit dem kranken und leidenden Epaphroditus.