Der erste Brief des Johannes

Der erste Brief des Johannes

Ein Überblick

Der Schreiber dieses Briefes ist zweifellos der Apostel Johannes, wenn er auch nicht genannt wird. Und man nimmt an, dass diese Epistel im Jahre 90 n. Chr. entstanden ist, als Johannes schon sehr alt war.

Der Brief ist an die Familie der Kinder Gottes gerichtet, die noch in der Welt ist.

Anlass zu diesem Schreiben gab die falsche Lehre, die sich schon in der ersten Zeit des Christentums offenbarte und später als die «Lehre der Gnostiker» bezeichnet wurde.

Der Herr Jesus hatte den beiden Söhnen des Zebedäus den Beinamen «Boanerges» gegeben, das heißt: Söhne des Donners (Mark. 3,17). Diese Zwei waren es, die gewünscht hatten, Feuer vom Himmel über die Menschen, die den Herrn nicht aufnehmen wollten, kommen zu lassen (Luk. 9,54). Ich glaube, dass dieser Name tatsächlich eine tiefere Bedeutung hat. Denn in diesem Briefe sehen wir Johannes als einen wahrhaftigen «Sohn des Donners» gegen jene Irrlehrer auftreten, welche die Gottheit des Herrn Jesus und auch Seine Menschheit, Gott im Fleische gekommen, anzutasten wagten.

Der Geist des Antichrists, der bald in Person auftreten und leugnen wird, dass Jesus der im Fleische gekommene Christus, der Messias ist, war damals schon wirksam. Der Antichrist wird auch den Vater und den Sohn leugnen, die Tatsache also, dass sich Gott in dem Sohne geoffenbart hat, eine Wahrheit, welche eine der Grundlagen des Christentums bildet. Bald werden in dem Antichrist, dem Menschen der Sünde, alle falschen Lehren verkörpert sein.

Jeder Brief im Neuen Testament hat eine besondere Bedeutung und auch eine besondere Belehrung. Die Person des Christus ist jedesmal der Prüfstein für die Eigenart des Briefes. Die Namen des Herrn Jesus, die darin vorkommen, machen es deutlich, worüber der Brief handelt. So auch in diesem Brief. In den 105 Versen wird der Name des Herrn Jesus 45 mal genannt. Der Name «Sohn Gottes», «der» Sohn, «sein Sohn», «der eingeborene Sohn», kommt 22 mal vor. Wir ersehen daraus, um was es in diesem Brief geht: Die Person des Christus, der ewige Sohn Gottes wird uns hier vorgestellt. Ferner wird Er «das Wort des Lebens» (1,1), «das ewige Leben, welches bei dem Vater war» (1,2), «der Sachwalter» (2,1), «der wahrhaftige Gott und das ewige Leben» (5,20) genannt.

Der Zweck dieses Briefes war der, dass die Freude der Kinder Gottes völlig (oder vollgemacht) werde, und damit sie wüssten, dass sie, die an den Namen des Sohnes Gottes glaubten, das ewige Leben besaßen (5,13).

Wir finden hier zwei Aussagen über das Wesen Gottes: «Gott ist Licht» (1,5), und «Gott ist Liebe» (4,8). Auch die Kinder Gottes sollen «Licht» und «Liebe» offenbaren.

Der Brief lässt sich in zwei große Teile trennen: Kapitel 1 bis 3 zeigen uns die Familie Gottes mit dem Vater, Kapitel 4 und 5 die Familie Gottes in der Welt.

Wir finden in diesem Brief einen Ausdruck, der immer wiederkehrt: «von Anfang». Das bedeutet nicht «im Anfang», wie z. B. in 1. Mose 1, wo vom Beginn alles Geschaffenen die Rede ist, oder wie in Johannes-Evangelium 1,1, wo davon gesprochen wird, dass «das Wort» vor aller Schöpfung, von Ewigkeit her war. Nein, der Ausdruck «von Anfang», den wir in unserem Brief finden, deutet auf den Zeitpunkt hin, in welchem der Herr Jesus auf diese Erde kam, und vor allem auf den Anfang Seines Dienstes hienieden.

Es steht in Kap. 1,1 auch nicht: «Er, der von Anfang war», sondern: «was von Anfang war». Es geht hier um das Wort des Lebens, um das ewige Leben, das die Apostel mit ihren leiblichen Ohren und Augen gehört und gesehen, welches sie bewundert und mit den Händen betastet hatten, das ewige Leben, welches bei dem Vater war und uns durch den Menschen Christus Jesus geoffenbart worden ist.

Der Apostel schrieb diese Worte im hohen Alter nieder, aber immer noch erfüllt mit dankbarer Bewunderung für diese herrliche Person voller Gnade und Wahrheit. Er macht die Gläubigen zu Teilhabern seiner Freude und Bewunderung, damit auch ihre Freude völlig werde. Sie sollten auf diese Weise nicht nur mit den Aposteln Gemeinschaft haben, sondern mit ihnen zusammen die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne genießen. Den Vater und den Sohn zu besitzen, das ist die Quelle dieser völligen Freude.

Dann überbrachte ihnen Johannes eine Botschaft, welche die Apostel vom Herrn Jesus gehört hatten, «dass Gott Licht ist und gar keine Finsternis in ihm ist». Das Licht macht alles offenbar.

Der Apostel nennt die Dinge stets so, wie sie in sich selbst sind, in abstrakter Weise, ohne sie dem Zustand der Hörer anzupassen, ohne Ausnahmen oder Einschränkungen zu machen. Um die Kraft seiner Folgerungen zu begreifen, muss man diesen Grundsatz kennen. Ob es das Leben oder das Licht betreffe – er fügt nichts hinzu; es geht immer um den Grundsatz.

Johannes stellt die Behauptung, Gemeinschaft mit Gott zu haben, auf die Probe. Das muss sich beim Gläubigen dadurch zeigen, dass er Gottes Wesensart zur Schau trägt und sie in keiner Weise verleugnet.

In Kapitel 1,6 sagt der Apostel: «Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit.» Licht und Finsternis gehen nicht zusammen. Wenn wir uns aber im Licht befinden und auch im Lichte wandeln, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, ist dann die Grundlage, auf welcher wir uns in dem Lichte, im innersten Heiligtum aufhalten können. Das Blut ist auf dem Versöhnungsdeckel des himmlischen Allerheiligsten und reinigt uns von aller Sünde.

Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde (sündige Natur) haben, dann wird das Licht es offenbar machen, dass dem doch so ist. Wenn wir so etwas sagen, betrügen wir uns also selbst.

Wenn wir in dem Lichte wandeln, werden wir auch unsere Sünden (Tatsünden) bekennen. Dann ist Gott, Seinem Worte gemäß, treu und gerecht, uns nach dem Bekenntnis, auf Grund dessen, was Christus für uns gelitten hat, die Sünden zu vergeben und uns von aller Ungerechtigkeit zu reinigen.

Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, so machen wir Gott zum Lügner. Denn Er sagt in Seinem Wort: «Alle haben gesündigt» und alle sind von Natur unter der Sünde (Röm. 3,9 und 23). Aus diesem Grunde musste Er ja Seinen Sohn für uns dahingeben.

Das Normale für die Kinder Gottes ist nicht, dass sie sündigen, sondern, dass sie nicht sündigen. Wenn es aber einmal vorkommt, dass jemand gesündigt hat, dann hat dieser, wie alle Kinder Gottes, allezeit einen Sachwalter bei dem Vater, nicht erst, wenn er seiner Reue Ausdruck gibt, sondern schon wenn er gesündigt hat.

Der Herr Jesus ist dort, Er nimmt die Sache der Kinder Gottes auf sich. Seine Fürsprache stützt sich auf Seine Person, auf den Gerechten. Auf Grund Seines Todes ist Er die Sühnung für unsere Sünden geworden, nicht allein für die unseren, sondern auch für die ganze Welt. Das Traurige daran ist nur, dass die Welt dieses Sühnopfer abweist. Es ist da, aber sie macht keinen Gebrauch davon. Und deshalb sterben so viele Tausende in ihren Sünden.

Im weiteren ist dieses Opfer auch die Grundlage der Versöhnung aller Dinge (Kol. 1,20).

Wer Ihn kennt, ist Ihm auch gehorsam und bewahrt Seine Gebote. «Durch Heiligung des Geistes» sind wir «zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi» gebracht worden (1. Petr. 1,2).

Wer Ihn kennt, wird Sein Wort bewahren, und in einem solchen ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. Ein solcher hat auch die innere Gewissheit, dass er in Ihm ist.

«Wer da sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt hat.» Wir können nicht sein, wie Christus auf der Erde gewesen ist, denn in Ihm war keine sündige Natur, aber wenn wir in Ihm bleiben, muss es sich darin zeigen, dass wir wandeln, wie Er gewandelt hat.

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