Der Weise gewinnt Seelen
(Sprüche 11,20)
Andreas findet Zuerst seinen eigenen Bruder Simon … und er führte ihn zu Jesu (Joh. 1,41. 42)
Philippus findet den Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben … Jesum gefunden … Komm und sieh! (Joh. 1,45.46)
Die Liebe des Christus drängt uns (2. Kor. 5,14)
Eifer und Hingabe im Dienst des Herrn
Wir leben in einer so ernsten Zeit
Der Tag der Langmut und Gnade Gottes neigt sich schnell seinem Ende zu, und der Tag des Zorns naht heran. Während die Dinge in der Welt unzweifelhaft einer schrecklichen Krise entgegeneilen, treiben unaufhörlich unsterbliche Seelen auf dem Strom der Zeit in das endlose Meer der Ewigkeit.
Wie berühren uns diese Dinge? Was tun wir inmitten der uns umgebenden Szene? Wie entsprechen wir unserer vierfachen Verantwortlichkeit: gegen Gott, gegen Seine Kinder, gegen Sünder – die in ihr Verderben rennen, und gegen unsere eigene Seele? O lasst uns doch mit dieser ernsten Frage in die Gegenwart Gottes treten, und sie dort in ihrer großen Bedeutung zu erfassen suchen!
Tun wir wirklich alles, was wir können, um die Sache Christi, das Wohlergehen Seiner Versammlung, die Verbreitung Seines Evangeliums zu fördern? Ich fürchte sehr, dass wir nicht einen rechten Gebrauch von all der Gnade, dem Licht und der Erkenntnis machen, welche Gott in Seiner Gnade uns gegeben hat. Ich fürchte, wir handeln nicht getreulich und fleißig mit unsern Talenten. Wie oft sind Leute mit weniger Erkenntnis, viel praktischer und fruchtbarer in guten Werken und werden von Gott mehr gebraucht in der Bekehrung kostbarer Seelen. Woher kommt dies? Sind wir, du und ich, genug leer von uns selbst, genug im Gebet, haben wir ein einfältiges Auge?
Du sagst vielleicht: Es ist etwas Armseliges, mit uns selbst und unseren Werken beschäftigt zu sein. Freilich, aber wenn unsere Wege und Werke nicht sind, was sie sein sollten, so müssen wir uns damit beschäftigen, müssen sie richten. Der Herr forderte Sein Volk durch den Propheten Haggai auf: «Richtet euer Herz auf eure Wege», und der Herr Jesus sagte zu jeder der sieben Versammlungen: «Ich kenne deine Werke». Es ist große Gefahr vorhanden, dass wir mit unserer Erkenntnis, unsern Grundsätzen und unserer Stellung befriedigt seien, und zu gleicher Zeit in einem weltlichen, selbstsüchtigen und gleichgültigen Geiste wandeln. Gott möge im Hinblick auf diese Dinge in unsern Seelen mit Macht wirksam sein.
GEDANKE
Lasst uns alle die Augen offen halten, liebe Freunde, die Augen unseres Herzens. Gott, unser Vater, hat in aufmerksamer Liebe auf dem Wege eines Jeden von uns Werke vorbereitet, Gelegenheiten zum Dienst, die wir alle ergreifen sollen.
Wir sind Gottes Mitarbeiter
Wer von Gott zum Segen der Menschen gebraucht werden möchte, tut gut, daran festzuhalten, dass nur dann bleibende Resultate aus dem Dienst hervorgehen, wenn Gott wirkt (1. Kor.3,6.7). Wir sind nur Seine Werkzeuge (2. Tim. 2,21). Wir müssen durch Ihn geleitet werden und von Ihm abhängig bleiben, damit Er uns überhaupt brauchen kann in Seinem Werk der Errettung und Auferweckung von Seelen. Sonst würden wir dasselbe mit unsern besten Absichten eher hindern. Wir sollten Sein Werk in den Seelen zu erkennen suchen und unsern Dienst damit in Übereinstimmung bringen, als ein Instrument in Seiner Hand zu dessen Förderung. Es ist Sein Werk, aber Er liebt es, uns daran teilnehmen zu lassen und uns so zu Seinen Mitarbeitern zu machen (Joh. 17,18; 1. Kor. 3,9; Apg. 15,4; Röm. 15,18). Als solche, die an diesen gesegneten Platz gestellt worden sind, müssen wir die Augen auf Ihn gerichtet halten und aufmerken auf das Werk, das Er tut.
Gott kann wirken ohne unsere Gebete, aber wir können ohne Gebet nicht mit Gott zusammenarbeiten. Wenn wir bezüglich einer Seele nicht genügend geübt sind, so dass wir ihrethalben in ernstem Flehen vor Gott treten, dann sind wir nicht im Zustande eines Mitarbeiters Gottes in Seinem Werke an ihr. Bevor wir und während wir mit einer Seele sprechen, sollten wir für Sie beten.
Verschiederlei Bekehrungen
Es ist sehr interessant und nützlich, die charakteristischen Unterschiede zu beachten, welche sich bei den verschiedenen, in den Evangelien und der Apostelgeschichte erzählten Bekehrungen zeigen, wie zum Beispiel denjenigen von Petrus und Levi in Lukas 5; von Zachäus in Lukas 19; von Nikodemus und der Samariterin im Evangelium Johannes.
Gottes Licht erreichte und durchdrang die Seelen auf sehr verschiedene Weisen, zuweilen sanft und allmählich, dann wieder mit Macht und Schnelligkeit; bei den einen war seine Wirksamkeit vorzugsweise auf das Herz, bei andern mehr auf das Gewissen oder Verständnis gerichtet. Aber es war immer Gottes Werk, das sich offenbarte, so verschieden auch das von Ihm bearbeitete Material oder die Art Seiner Wirksamkeit war.
Denken wir nur an die Kapitel 8, 9 und 10 der Apostelgeschichte. Gott hatte augenscheinlich schon in dem Kämmerer gewirkt, bevor Er mit Philippus zusammentraf – der Vater war im Begriff, ihn zum Sohne zu ziehen (Joh. 6,44). Und dass das Herz des Kämmerers tief davon ergriffen war, ist offensichtlich, denn er vergaß die in der Welt gewöhnlich beobachtete Ordnung, als er Philippus zu sich in den Wagen steigen ließ. Er wartete nicht, bis Philippus sich ihm vorgestellt hatte, denn der Fremde war kein Fremder für ihn, sobald seine Worte den Gegenstand berührten, der seinem Herzen der wichtigste war. Er war ein zweiter Zachäus, der seine Stellung vergaß und Hindernisse durchbrach, um zu Jesu zu gelangen.
Schauen wir Saulus an, der voll religiösen Eifers war, des Eifers eines Inquisitoren – und dann wieder den frommen, wohltätigen und mildgesinnten Kornelius, der, statt andere zu verfolgen, eher geneigt war, sie für besser zu halten, als sich selbst.
Das war sehr verschiedenes Material, das darum auch sehr verschieden behandelt wurde. Bei Paulus äußerte sich das Werk in der Seele mit charakteristischer Heftigkeit, bei Kornelius aber durch Zartheit und Gnade. Aber Kornelius hatte Jesum ebenso nötig wie Saulus. In keinem und für keinen von ihnen war Leben da, außer durch Ihn.
Dann haben wir den Kerkermeister und Lydia in Kapitel 16. Die letztere glich in ihrer frommen, sanften Art mehr dem Kornelius, und auf sehr sanfte Weise öffnete ihr der Herr das Herz. Der Kerkermeister schien in seiner Art eher dem Saulus verwandt zu sein. Wenigstens hatte er angefangen, sich in der Verfolgung der «Jünger des Herrn», die Saulus einst längere Zeit praktizierte, zu üben. Er hatte dieses Werk schon recht gut gelernt und dementsprechend war auch die Wirkung des Lichtes auf ihn zermalmend und niederschmetternd. Ein Erdbeben begleitete das Öffnen seines harten und grausamen Herzens, während das «stille, sanfte Säuseln» das Werk bei Lydia vollbracht hatte.
Doch hätte die sanfte Lydia, so wenig wie der gewalttätige Kerkermeister, niemals ohne Jesum errettet werden können. Bevor Lydia zur Erkenntnis Jesu gelangte, konnte Paulus sie wohl lehren, aber nicht mit ihr anbeten, obwohl sie eine fromme Frau war (siehe Vers 13).
Oh, möchten doch die unsterblichen Seelen der Sünder in unsern Augen kostbar sein, und möchten die Zeugnisse der Gnade Gottes und der Kraft des Heiligen Geistes, die wir betrachtet haben, unserem Herzen und Verständnis Nutzen bringen.