Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!

Gott sei Dank für seine
unaussprechliche Gabe!
2. Kor. 9,15

Ich hab genug, weil ich dich habe;
Mein Geist frohlocket inniglich.
Wo findet eine solche Gabe
Auf Erden und im Himmel sich?
Mein Herz, zu groß für alle Dinge,
Zu klein, als dass es dich umfinge.

Sich begnügen

Paulus, dessen Leben und Werke in unserer Zeit mehr und mehr die Aufmerksamkeit vieler Kreise auf sich ziehen, hat in seinen Schriften verschiedene Male ein Wort gebraucht, das in den Kriegsjahren auf wirtschaftlichem Gebiet eine ganz neue Bedeutung gewonnen hat. Es ist das Wort «Autarkie», womit man das Streben andeuten wollte, das Land selbständig zu machen, unabhängig von allen andern. Damit wird also ein Sichbegnügen mit dem Vorhandenen zum Ausdruck gebracht.

Aber lange vor unserer Zeit schon wurde dieses Wort von den Griechen viel gebraucht, wohl in dem Sinn: Der Mensch soll seine Gemütsverfassung nicht durch die Umstände beeinflussen lassen. Er muss über ihnen stehen. Er soll sich begnügen mit dem, was er ist und hat.

Dieses Wort und diesen Gedanken hat Paulus in das christliche Leben herübergenommen. Wer wirklich auf Gott, auf den lebendigen Gott vertraut, muss sich nicht durch die äußeren Lebensumstände beeinflussen lassen, sondern kann allezeit guten Mutes sein.

Es ist aber wahrlich nicht leicht, dies in die Praxis umzusetzen, wenn alles, was uns umgibt, gegen uns zu sein scheint. Darum teilt Paulus den Philippern mit, dass er diese Lektion auch selber habe lernen müssen (Phil. 4,11). Er sagt nicht, hochmütig und von sich selbst eingenommen, er habe sich zu diesem hohen Standpunkt hinaufgearbeitet, nein, mit einem niedriggesinnten Herzen bekennt er, dass er durch Lebenserfahrung gelernt habe, sich zu begnügen. Ich habe einen Lehrmeister, so sagt er, der mich in allem unterwiesen hat: den Überfluss nicht zu missbrauchen oder auch mit frohem Herzen mich in den Mangel zu schicken. Dieses Sichbegnügen war das Geheimnis seines christlichen Lebens, in welches er durch Christum eingeweiht worden war, Der ihm gleichzeitig auch die Kraft dazu darreichte. Da der Apostel nun diese Lektion gelernt hatte, konnte er auch andere in dieser Tugend unterweisen. War er in dieser Lebenskunst nicht selber ein Vorbild? Im Gefängnis zu Rom schrieb er unter andern diesen Brief an die Philipper, der vom Anfang bis zum Ende von echter Freude zeugt, und worin er sich am Schluss vorstellt als einer, der nichts bedarf, weil er alles empfangen hat. Timotheus unterweist er, dass «wenn wir Nahrung und Bedeckung haben», wir uns daran genügen lassen sollen, und dass die Gottseligkeit mit Genügsamkeit ein großer Gewinn sei.

Es ist alles ganz persönlich, was wir hier aus dem Munde des Apostels Paulus gehört haben. Er legt den Nachdruck stark auf «ich». Das bedeutet jedoch nicht, dass er allein imstande war, diese Lektion zu lernen. Dieselbe Kraft, die er empfing, will Christus auch anderen geben. «Mein Gott», sagt er, «wird alle eure Notdurft erfüllen nach seinem Reichtum.»

Können wir eigentlich nicht allen bezeugen, dass wir soviel Gutes besitzen, wenn wir auch viele Dinge missen, die andere haben? Gott reicht uns alles «reichlich dar zum Genuss». Das will nicht sagen, dass wir alle reich seien und Überfluss hätten, sondern dass wir einen dankbaren Gebrauch machen dürfen von den Dingen, die uns durch Gottes Güte umringen und die unser Leben angenehm gestalten. Müssen wir denn, wenn andere große Reisen machen, zu Hause bleiben; wenn sich andere in guter Gesundheit bewegen können, krank darniederliegen; wenn andere so viel empfangen, mit leeren Händen dastehen? – Lasst uns doch ohne Murren und ohne Widerrede unsern Weg gehen, uns nicht allein damit abfinden, sondern uns mit unserem Los begnügen. Paulus sagt: «Ich habe gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen.»

Um uns zu begnügen, müssen wir nicht auf das schauen, was andere besitzen und uns fehlt, sondern auf das, was wir haben. Jemand saß einst unzufrieden vor seinem Fenster, weil ihm die Schuhe fehlten, um ausgehen zu können. Da sah er gerade einen Mann im Wägelchen vorbeifahren, von dem er wusste, dass er keine Füße hatte. Da wurde er wieder zufrieden mit seinem Los und dankte Gott für das, was er noch hatte.

Wie Gott es fügt, ist es gut. Wir müssen lernen, zu Seinem Willen ja zu sagen. Wir müssen lernen in der Schule des großen Lehrmeisters, um zufrieden zu werden mit dem, was uns Gott beschieden hat, lernen uns zu begnügen.

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