Praktisches Christentum
«Ziehet nun an, als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Niedriggesinntheit, Milde, Langmut, einander ertragend, und einander vergebend, wenn einer Klage hat wider den andern; wie auch der Christus euch vergeben hat, also auch ihr» (Kol. 3,12-13).
Eine jede dieser Eigenschaften, die den Christen kennzeichnen sollen, ist ein Ausdruck des Lebens Christi. Wer zeigte z. B. solch herzliches Erbarmen, solche Güte wie Er? Betrachten wir Ihn am Tor der Stadt Nain, als die Leiche des Jünglings, des einzigen Sohnes seiner Mutter, die eine Witwe war, hinausgetragen wurde. Wir lesen: «Als der Herr sie sah, ward er innerlich bewegt über sie und sprach zu ihr: Weine nicht!» Auch wir sollten die gleichen herzlichen Gefühle offenbaren. Wo finden wir Milde, wo Niedriggesinntheit, diese stets vereinten Tugenden, wie bei Ihm? Er sagt: «Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.» «Einander vergebend, wenn einer Klage hat wider den andern.» Wie leicht gehen wir in diesem Falle hin und sagen es andern, anstatt einander zu vergeben, wie auch Christus uns vergeben hat. Ja, alle diese uns hier vorgestellten Dinge finden wir vom ersten bis zum letzten bei unserem teuren Herrn, und sie sind es, wonach wir in unserem täglichen Wandel besonders streben sollten. Wir haben viel Erkenntnis der Wahrheit empfangen, aber leben wir darnach? Und was nützt sie uns, wenn sie für uns nur Theorie bleibt? Gewiss sollen wir die Wahrheit eifriger als je festhalten, aber darnach zu leben, das ist die Hauptsache. Der Apostel Jakobus sagt: «Ich will dir meinen Glauben aus meinen Werken zeigen.»