Aus dem ABC des Christen (Teil 6)

Aus dem ABC des Christen
(Teil 6)

Ist es wirklich nötig, wieder einen Aufsatz über das Thema: „DIE VERSAMMLUNG DES LEBENDIGEN GOTTES“ zu schreiben? Gibt es darüber nicht gute Bücher und Betrachtungen genug? Gewiss. Doch befinden sie sich in Vaters Bibliothek, oder liegen noch, schön aufgestapelt, im Regal der Herausgeber. Nur wenige nehmen sich die Mühe, diese Schriften zu holen und zu studieren.

Es liegt uns aber am Herzen, dass sich auch die nachkommende Generation mit diesen so überaus wichtigen Wahrheiten vertraut macht. Wir beabsichtigen daher, mit dieser Internet-Seite immer wieder einige knappe Gedanken vor den vielbeschäftigten Leser zu tragen, mit dem Ziel, den geistlichen Appetit für diese Dinge zu wecken.

Christus hat die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben. Und wir? Sollen wir uns in selbstsüchtiger Weise immer nur mit unserem eigenen Heil beschäftigen? Dass doch auch unser Herz weit würde, um das ganze Volk Gottes zu umschließen! Was unserem Herrn teuer ist, soll auch uns wertvoll sein. Zudem trägt ein jeder von uns seinen Teil an der Verantwortung für das örtliche Zeugnis, wie auch für die ganze Versammlung Gottes auf der Erde.

Hier und da wird es nützlich sein, den Gedanken Gottes über unsern Gegenstand die Anschauungen der Menschen gegenüber zu stellen, die in der heutigen Christenheit Geltung haben.

Es geht hier nicht um «unsere» Versammlung

Das möchten wir von allem Anfang an betonen. Wir beschreiben hier nicht die Statuten einer christlichen Gemeinschaft, die sich mit einem schönen biblischen Namen neben oder sogar über die Glaubensbekenntnisse anderer Christen stellen will. Wo immer in unserem Aufsatz der Begriff «Versammlung» vorkommt, sollte er vom Standpunkt Gottes aus verstanden werden. Er hat immer Sein ganzes Volk vor Augen.

Im Vorwort der Elberfelder Bibel wird erklärt, weshalb in dieser Übersetzung der griechische Ausdruck «Ekklesia» mit «Versammlung», statt mit «Kirche» oder «Gemeinde» wiedergegeben worden ist.

Seit wann besteht die «Versammlung Gottes»?

Gott hatte in Seiner Menschenliebe von jeher das Verlangen, unter den Menschen zu wohnen. Aber wie konnte Er, der Heilige, dieses Verlangen unter Sündern verwirklichen?

Er heiligte sich das Volk Israel aus allen Nationen der Erde und sagte: «Ich werde meine Wohnung in eure Mitte setzen, und meine Seele wird euch nicht verabscheuen; und ich werde in eurer Mitte wandeln und werde euer Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein.» Das geschah aber unter der Voraussetzung, dass Israel in Seinen Satzungen wandelte und Seine Gebote beobachtete, um sie zu tun. Doch, wie kam es? Der Prophet musste klagen: «Eure Missetaten haben eine Scheidung gemacht zwischen euch und eurem Gott!» Das Volk ging sogar so weit, seinen Messias zu kreuzigen. Schließlich verwarf es auch das Zeugnis des Heiligen Geistes über den auferstandenen Herrn und damit Gottes Angebot der Gnade. Das hatte den Abbruch der Beziehungen Gottes zu diesem Volke zur Folge.

Aber, o Wunder der Gnade Gottes! Gerade in der dichtesten moralischen Finsternis der Welt, die sich in der Verwerfung des Sohnes Gottes kundgab, leuchtete das Licht der Liebe Gottes erst recht in den herrlichsten Strahlen auf! Jetzt, nachdem Jesus Christus das eine, vollkommene Schlachtopfer für Sünden (Hebr. 10), dargebracht hatte, verwirklichte Gott einen andern Ratschluss Seines Willens: Er begann aus allen Nationen der Erde ein Volk von Menschen für sich zu sammeln, die durch den Glauben an Jesum Christum erlöst und wiedergeboren würden. In Sein himmlisches Heiligtum wollte Er sie aufnehmen und ewiglich unter ihnen wohnen!

Das war «das Geheimnis», welches von den Zeitaltern her verborgen war in Gott. Im ganzen Alten Testament hat Er nichts davon verraten. Wer aber die Offenbarungen des Neuen Testamentes kennt, vermag in den Büchern des alten Bundes Andeutungen und Vorbilder auf dieses Geheimnis zu finden.

Ankündigung der Versammlung durch Jesum Christum

In Matth. 16,18 wird «die Versammlung» zum ersten Mal genannt. Ihre Bildung stand jetzt unmittelbar bevor. Der Herr sagte zu Petrus: «Auf diesen Felsen will ich meine Versammlung bauen.»

Es sei hier nebenbei erwähnt, dass Petrus (griech.: petros = Stein) niemals der Fels (griech.: petra) sein kann, auf welchen der Herr Seine Versammlung oder Kirche bauen wollte. Christus selbst ist dieser Fels, dieser »Petra« (Röm. 9,33; 1.Kor. 10,4). Er ist der kostbare Eckstein, von welchem Petrus selber schreibt: «Zu welchem kommend, als zu einem lebendigen Steine, werdet auch ihr selbst, als lebendige Steine, aufgebaut, ein geistliches Haus» (1. Petr. 2,4-7).

Der Geburtstag der Versammlung

Am Tage der Pfingsten fand dann das Ereignis statt, das für das Herz Gottes, für den Herrn und all die Seinigen eine so große Bedeutung hat: Die Versammlung nahm ihren Anfang!

Die Gläubigen waren alle an einem Orte beisammen und wurden durch den «plötzlich» vom Himmel herabgekommenen Heiligen Geist zu einem Leibe getauft. Sie, die bisher als einzelne Gläubige dem Herrn anhingen, bildeten nun zusammen den unauflöslichen Leib des Christus!

Wer gehört zur Versammlung Gottes?

Der griechische Ausdruck «Ekklesia», der mit «Versammlung» übersetzt worden ist, bedeutet eigentlich: «Herausgerufene». Sie ist also eine Körperschaft von Menschen, die Gott durch das Evangelium Seiner Gnade aus der Welt zu Sich selbst heraus gerufen hat. Sie haben dieser frohen Botschaft gehorcht und den Heiland und Erlöser, von dem sie spricht, in lebendigem Glauben angenommen. In Christo Jesu sind sie nun «Geheiligte» oder «Abgesonderte» geworden. «Gott hat… die Nationen heimgesucht, um aus ihnen ein Volk zu nehmen für seinen Namen.» Die Versammlung Gottes und jeder Einzelne, der zu ihr gehört, soll daher diese Absonderung von der Welt in seinem Wandel verwirklichen.

Der HERR tut zu der Versammlung hinzu

In einem weltlichen Verein beschließen die Menschen, ob und welche Mitglieder sie aufnehmen wollen. Der «Versammlung Gottes» aber, diesem lebendigen Organismus, fügt ausschließlich der Herr die Einzelnen hinzu. Die Versammlung selbst hat, wie wir später noch sehen werden, lediglich die Verantwortung, zu prüfen, ob der, welcher mit der Versammlung praktische Gemeinschaft haben will, wirklich vom Herrn hinzugefügt worden ist und dem Charakter eines aus der Welt «Herausgerufenen» entspricht.

Auch heute noch wird jeder, den der Herr hinzufügt «mit dem Heiligen Geiste versiegelt». Ein jeder hat dadurch an der am Pfingsttage geschehenen «Taufe mit dem Heiligen Geiste» teil und bildet mit allen Gläubigen den Leib Christi auf der Erde, von welchem wir noch ausführlicher sprechen werden.

Die Gläubigen werden dem Herrn hinzu getan. Anderseits ist es auch wichtig, hervorzuheben, dass die Erretteten durch die Wirksamkeit des Geistes Gottes dem Herrn, und nicht etwa einer besonderen Gruppe von Gläubigen hinzugetan werden. Und es versteht sich von selbst, dass jeder von IHM abhängig und IHM unterworfen sein soll.

Gesammelt aus dem Volk der Juden und aus den Nationen

Gottes Geheimnis über «die Versammlung», die am Tage der Pfingsten praktisch ihren Anfang genommen hat, wurde der Lehre nach erst dem Apostel Paulus geoffenbart. Es gipfelte darin, «dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber seiner Verheißung in Christo Jesu durch das Evangelium».

Wir haben uns an diese Wahrheit gewöhnt. Aber das schmälert die gewaltige Bedeutung dieser Tatsache keineswegs. Lange Jahrhunderte hindurch war Israel von allen Völkern der Erde das einzige Volk, mit welchem Gott einen Bund eingegangen war, mit dem Er als Schöpfer-Gott in Beziehung stand und das Er Sein Volk nannte. Nur in der Mitte dieser «Beschnittenen» hatte Er Seine Wohnung aufgeschlagen. Die Aussprüche Gottes wurden Israel anvertraut. Nur zwischen Gott und ihnen bestanden Bündnisse der Verheißung.

Die Nationen aber waren dem Bürgerrecht Israels entfremdet. Sie waren Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung. Sie hatten keine Hoffnung und waren ohne Gott in der Welt.

In Christo wurde nun die Zwischenwand der Umzäunung, von der Israel bisher umgeben war, abgebrochen. Christus hat die beiden – Israel und die Nationen – in einem Leibe mit Gott versöhnt. Die Gläubigen aus beiden Gruppen haben jetzt durch IHN den Zugang durch einen Geist zu dem Vater. Nun ist nicht mehr: «Grieche und Jude, Beschneidung und Vorhaut, Barbar, Scythe, Sklave, Freier – sondern Christus, alles und in allen.»

Die Schlüssel des Reiches der Himmel

Der Herr sagte zu Petrus: «Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben; und was irgend du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein; und was irgend du auf der Erde lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein.»

Wann hat Petrus diese Schlüssel gebraucht?

Zum ersten Mal an Pfingsten und den nachfolgenden Tagen. Da hat er dem Volke Israel durch die Predigt der Buße und des Evangeliums von Christo Jesu, dem Auferstandenen, den Eintritt in das Reich der Himmel aufgeschlossen. Dieses irdische «Reich der Himmel» ist aber wegen der Verwerfung des Messias durch Israel noch nicht in Erscheinung getreten, und diese Gläubigen sind der Versammlung Gottes, die eine himmlische Berufung hat, hinzugefügt worden.

Petrus sollte die Schlüssel aber auch für die Nationen gebrauchen. Er tat es nicht ohne weiteres, da er in den jüdischen Vorurteilen befangen war und den großen Wechsel in den Gnadenwegen Gottes noch nicht begriffen hatte. Der Herr musste es ihm zuerst durch ein Gesicht klarmachen. Als dann Petrus dem Römer Kornelius und allen, die bei ihm waren, das Evangelium verkündigte, fiel der Heilige Geist in offenkundiger Weise auf alle, die das Wort hörten. Damit waren auch Gläubige aus den Nationen offiziell der Versammlung Gottes hinzugetan worden.

Eine Eigentümlichkeit der «Versammlung Gottes»

Wenn Menschen zu irgend einem einmaligen Zweck in einem Lokal oder auf einem Platz zusammenströmen, so bilden sie während dieser kurzen Stunden eine Versammlung. Gehen sie aber wieder auseinander, so besteht die Versammlung nicht mehr. Mit der «Versammlung Gottes» verhält es sich ganz anders. Dieses Gebilde bleibt seit seiner Entstehung in den Tagen der Apostel bis zu seiner Aufnahme in den Himmel vor Gott ununterbrochen bestehen. Die Gläubigen mögen auf dieser Erde tausend Kilometer weit voneinander entfernt sein und keine Möglichkeit haben, sich zusammenzufinden – sie bilden dennoch die «Versammlung Gottes» – innig und unzertrennlich miteinander verbunden.

Einige Fragen zu diesem Gegenstand

Ist die heutige Christenheit «die Versammlung Gottes»?
Diese Frage zu beantworten ist nicht schwierig. Wir sagen: nein! Denn jeder von uns weiß, dass nur ein kleiner Teil derer, die sich heute zu den Christen zählen, vom Herrn zu der «Versammlung Gottes» hinzu getan worden sind. Nur die in Christo Jesu Geheiligten gehören dazu. Christus ist nur denen, die Ihm gehorchen, zum Urheber ewigen Heiles geworden. Gott hat nur denen, die Ihm gehorchen, den Heiligen Geist gegeben. Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.

Welches sind die Folgen der Verbindung von Gläubigen und Ungläubigen in der Christenheit?
Die Verbindung von den aus der Welt «Herausgerufenen» mit solchen, die nach dem Urteil Gottes noch zur Welt gehören, hat zur Folge, dass die Ersteren den Charakter ihrer himmlischen Berufung verlieren und dabei verweltlichen. Durch diese Verbindung werden auch in der Christenheit Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit, Licht und Finsternis, Reines und Unreines, Wahrheit und Lüge, der Tempel Gottes und Götzenbilder miteinander in Zusammenhang gebracht. Wieviel Unheil ist daraus entstanden!

Kann «die Versammlung Gottes» heute nicht mehr dargestellt werden?
An alle, die zu ihr gehören, ergeht die ernste Aufforderung Gottes: «Gehet aus ihrer Mitte (aus der Mitte der Ungläubigen und bloßen Bekenner) aus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret Unreines nicht an, und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige.» Das ist der erste Schritt auf dem Wege zur praktischen Darstellung der Versammlung Gottes. (Wir werden in diesem Zusammenhang in der Schrift noch weitere Anweisungen finden.)

Woher kommt die Zersplitterung der Christenheit in so viele Kirchen, Gemeinschaften und Sekten?
Diese Zersplitterungs-Bewegung hat besonders im 19. und 20. Jahrhundert um sich gegriffen. Was der Apostel Paulus vorausgesagt hat: «Aus euch selbst werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her» – erfüllt sich immer wieder.

Aber in umgekehrter Richtung haben sich in Zeiten größter geistlicher Finsternis auch ernstgesinnte Gläubige, unter Führung von treuen Männern, die Gott zu ihrem Segen benützt hatte, zu besonderen Kirchen und Gemeinschaften zusammengeschlossen. Denken wir nur an die Reformation und an die Erweckungen in der Aufklärungszeit. Sie dachten nicht daran, die göttlichen Tatsachen von der «Versammlung Gottes», wie sie im Neuen Testament so einfach und klar vor uns hingestellt werden, zu verwirklichen. Das Bewusstsein von diesen Dingen war eben aus der Christenheit völlig verschwunden.

Wie ist die Christenheit in den heutigen schlimmen Zustand geraten?
Wir können die Kirchengeschichte der vergangenen neunzehn Jahrhunderte vielleicht in die folgenden Sätze zusammenfassen: Die Gläubigen haben ihre erste Liebe zum Herrn verlassen. Sie haben das Wort des Herrn nicht bewahrt, wie es von der Versammlung in Philadelphia gesagt wird. Sie haben die Bösen ertragen und das Böse geduldet, anstatt sich davon zu reinigen, wie es im Anfang doch geschah. Anstelle der göttlichen Grundsätze, die sie vernachlässigten, haben sie zahllose Menschensatzungen, Menschengebote und Irrlehren eingeführt.

Damit wir die «Versammlung des lebendigen Gottes», wie Er sie sieht, kennen lernen und von allen Seiten betrachten können, hat uns Gott in Seinem Worte verschiedene Bilder gegeben. Heute wollen wir ein paar dieser Bilder, von denen jedes einen besonderen Gedanken Gottes zum Ausdruck bringt, nacheinander ins Auge fassen. Des knappen Raumes wegen sind unsere Erläuterungen unvollständig und lückenhaft.

Der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit

Wo findet der Mensch in der weiten Welt «die Wahrheit» – Wahrheit über Gott, über das Woher und Wohin des Lebens, über die Beziehungen des Menschen zu Gott, über den moralischen Zustand des Menschen, über das Heil, das Gott ihm geben will, und über die Zukunft, welcher die Welt entgegengeht? – Nur bei der Versammlung Gottes. Sie anerkennt die Heilige Schrift als das «Wort der Wahrheit» und verkündigt es. Sie ist auf den Felsen Jesus Christus aufgebaut, der «die Wahrheit» ist. Der «Heilige Geist der Wahrheit» wohnt in ihr, den die Welt nicht empfangen kann.

Wir wiederholen: Wo immer in unserem Aufsatz der Begriff «Versammlung Gottes» vorkommt, ist nicht irgend eine Versammlung von einigen Gläubigen gemeint. Dieser biblische Ausdruck sollte vom Standpunkt Gottes aus verstanden werden. Er hat immer Sein ganzes Volk vor Augen.

Wenn die Gläubigen unserer Tage auch durch Schwachheit und Untreue gekennzeichnet sind, so verkündigt die Versammlung Gottes, die alle Erlösten umfasst, doch immer noch die Wahrheit in dieser Welt, wie ein Pfeiler mit seiner Grundfeste oder seinem Sockel ein Bild tragen und sichtbar machen kann.

Die Wahrheit über die genannten Dinge ist also nicht bei den Menschen dieser Welt zu finden, die Jesu Christo ferne stehen, den Geist der Wahrheit nicht besitzen und das Wort Gottes ablehnen oder missachten. Junge Leute, auf welche die Weisheit der Welt oft einen großen Eindruck macht, sollten diese Tatsache wohl beachten.

Hirt und Herde

In diesem Bilde von der Versammlung Gottes steht unser Herr Jesus als der gute Hirte im Vordergrund. Er hat Sein Leben gelassen für die Schafe. Er ist die Tür der Schafe. Wenn jemand durch Ihn eingeht, so wird er errettet werden. Denn der gute Hirte ist gekommen, auf dass sie Leben haben und es in Überfluss haben.

Zwischen diesem «Erzhirten» und jedem einzelnen «Schaf» besteht nun eine persönliche Beziehung. Seine Schafe hören und kennen Seine Stimme. Er ruft Seine eigenen Schafe mit Namen. Er sagt: «Ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen.» Noch etwas anderes geht aus diesem Bilde hervor: Alle, die früher «umher geirrt sind wie Schafe», jetzt aber in dieser persönlichen Beziehung zum «guten Hirten» stehen, bilden nun eine Herde mit einem Hirten! Sie umfasst sowohl Schafe aus dem jüdischen Schafhof wie auch solche aus den Nationen. Der Hirte lagert die Herde auf den grünen Auen und führt die Herde zu den stillen Wassern. Ein Schaf, das sich von der Herde fernhält, wird schwerlich die rechte Weide finden. Es beweist damit, dass es nicht auf die Stimme des guten Hirten hört. Wer da sagt: «Ich habe genug an meinem Hirten, was brauche ich die Herde!» wird kaum die im 23. Psalm beschriebenen, so unvergleichlichen Segnungen genießen. Der gute Hirte ist bei Seiner Herde. Da ist Nahrung und Trank, Bewahrung und Hirtenpflege zu finden.

Als die Braut im Hohenlied den Bräutigam fragte: «Sage mir an, du, den meine Seele liebt, wo weidest du, wo lässest du lagern am Mittag?» – bekam sie zur Antwort: «Gehe hinaus, den Spuren der Herde nach!» In der Sprache des Neuen Testamentes würde das etwa heißen: Gehe, erkundige dich im Worte nach Gottes Gedanken über «meine Versammlung» und befolge Seine Anweisungen!

Der Leib des Christus

In den Briefen wird verschiedene Male von der Versammlung als dem Leibe des Christus gesprochen. Lies bitte: Römer 12,5; 1. Korinther 10,16.17 und Kap. 12; Epheser, Kap. 1,22-23; Kap. 4,4.12.15.16; Kap. 5,23.29.30; Kolosser, Kap. 1,18.24; Kap. 2,19; Kap. 3,15.

Was will uns Gott mit diesem Bilde eindrücklich machen? Erstens: die Versammlung Gottes ist keine Organisation.

Was versteht man denn unter Organisation?

Nur Gott kann Organismen, wie z. B. Pflanzen, Tiere oder Menschen schaffen. Ein solcher Organismus besteht aus vielen lebendigen Gliedern, die wechselseitig zu ihrem Wachstum und Gedeihen beitragen. Die Menschen vermögen keine solchen Organismen hervorzubringen. Sie bauen zwar Maschinen und Apparate, in welchen die vielen vorfabrizierten Teile mechanisch zusammenarbeiten. Doch kann man dabei höchstens von einer Organisation reden. Die Maschine ist kein Lebewesen. Ihre Teile vermögen sich gegenseitig nicht zu erneuern.

Wenn die Menschen unter sich Vereine oder Gesellschaften bilden, so sind auch das nur Organisationen. Ihre Mitglieder haben wohl Leben und mehr oder weniger alle dieselben Interessen. Aber nicht Gott war es, der diese Körperschaften bildete. Er hat sie nicht durch Seinen Odem verbunden. Sie sind also kein lebendiges Ganzes, kein Organismus.

Kirchliche Organisationen

Die Menschen waren von jeher geneigt, ihr Organisationstalent auch auf die kirchliche Sphäre zu übertragen. Im Laufe der Zeit wurde immer wieder eine neue Kirche oder Gemeinschaft gegründet, und das Neue begeistert den natürlichen Menschen. Es beginnt mit einem neuen, besonderen Glaubensbekenntnis, einem neuen Namen und einer Gemeindeordnung, nach welchen sich das ganze kirchliche Leben abwickeln soll. Jeder, der dazu gehören will, muss sich dieser äußeren Organisation und den Männern, die ihr vorstehen, unterziehen. Ob er im Glauben steht und Leben besitzt, ob eine innere Verbindung mit Christo und den übrigen «Mitgliedern» besteht – darnach wird in gewissen Kirchen gar nicht gefragt. «Außenstehende Gläubige» dürfen in solchen Organisationen nicht dreinreden und ohne Erlaubnis keine Funktion und keinen Dienst darin ausüben.

Die Versammlung Gottes ist ein «Organismus»

Im Gegensatz zu einer «Organisation» der Menschen wird also der «Organismus» als lebendiges Ganzes geboren. An Pfingsten wurden alle Gläubigen in einem Geiste zu einem Leibe getauft. Von da an besteht die Versammlung als ein lebendiger Körper. Seither wird jeder Mensch, der «aus Wasser und Geist» geboren wird und somit eine Wiedergeburt erlebt, ohne sein Dazutun, diesem Leibe hinzugefügt. Bevor er sich bewusst wird, was mit ihm geschehen ist, steht er schon auf Grund des neuen Lebens in unauflöslicher Verbindung mit dem Leibe des Christus, durch den dasselbe Leben pulsiert. Er bleibt von nun an ein lebendiges Glied an diesem Organismus. Da gibt es keine «Austritte».

Wie funktioniert der Leib des Christus?

Das Wort Gottes benützt das Beispiel des menschlichen Leibes, um uns das zu erklären. Der Schöpfer hat jedem Glied des menschlichen Körpers seinen Platz zugeteilt, damit es dort seine besondere ihm zugewiesene Tätigkeit verrichte. Wollten einige seiner Glieder oder Organe miteinander die Plätze vertauschen, so entstünde zum Ruin des Leibes eine chaotische Verwirrung. Nein, jedes Glied bleibt an seiner Stelle und lebt nach den Gedanken des Schöpfers. Nur so ist das ideale Zusammenwirken aller Glieder möglich, zum Gedeihen des ganzen Körpers. Und wenn nur ein Glied versagt, so sind Schwachheit, Schmerz und Krankheit da.

So ähnlich ist es auch mit dem Leibe des Christus. Gott setzt jedes Glied an seinen Platz, damit es auf Grund der ihm verliehenen Gnadengabe die ihm zugedachte Funktion ausübe, auch wenn es eine ganz verborgene ist, im Zusammenwirken mit allen übrigen Gliedern. Jeder soll den ihm von Gott angewiesenen Platz als lebendiges Glied am Leibe einnehmen und seine Aufgabe im Gehorsam erfüllen, in der treibenden Kraft der Liebe. Auf diese Weise bewirkt «der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes… zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.» Auf die Natur der verschiedenen Gaben und ihrer Ausübung kommen wir in einem andern Zusammenhang zu sprechen.

Nun aber folgt die zweite Tatsache, der überragende Hauptpunkt in unserem Bilde:

Christus ist das Haupt des Leibes

Der Tod, die Auferstehung und die Verherrlichung Christi zur Rechten Gottes sind die Voraussetzungen für die Bildung der Versammlung. Ohne Christum, das Haupt, wären die Glieder oder – wie man auch sagen könnte – der Rumpf des Leibes gar nie gebildet worden. Erst als das Werk der Erlösung für sündige Menschen vollbracht und Christus «über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird», als Mensch erhoben worden war, kam der Heilige Geist hernieder, um die Gläubigen zu einem Leibe zu taufen.

Gleichzeitig hat Ihn Gott «als Haupt über alles der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.» Ist das nicht ein Gedanke, der unsere Herzen berührt? Christus bedurfte – in Ehrfurcht sei es gesagt – der «Fülle» oder der Ergänzung durch die Versammlung, damit «der Christus», Haupt und Leib, in Erscheinung treten konnte. So war nach Gottes Gedanken auch Adam, der erste Mensch, erst vollständig, als ihm sein Weib Eva gegeben worden war.

Das Haupt lenkt die Glieder seines Leibes

Der Mensch bewegt seine Glieder vom Haupte aus, durch das Leitungsnetz seiner Nerven. Christus aber lenkt die Glieder Seines himmlischen Leibes hier auf der Erde durch den Heiligen Geist, der in jedem der Seinen wohnt. Jedes Glied untersteht unmittelbar dem Haupte und ist dem Herrn gegenüber verantwortlich, zur bestimmten Zeit die Funktion auszuüben, für die Er es benützen will. Wir Menschen dürfen nicht durch «Organisieren» in Seine Hoheitsrechte eingreifen. Wir haben kein Recht, zu wählen oder zu bezeichnen, wer predigen, wer lehren und wer in ein bestimmtes Missionsgebiet hinausgesandt werden soll.

O, lasst uns «das Haupt festhalten» und darüber wachen, dass nichts zwischen Ihn und uns trete und Sein Herrschaftsanspruch durch nichts beschränkt werde!

Das Zeugnis von dem einen Leibe

Ernstgesinnte Christen leiden und trauern wegen der Zersplitterung der Christenheit. Sie sagen sich: Wir gehören doch eigentlich alle zusammen. Aus dieser Not sind die Bewegungen der Allianz und der Ökumene entstanden. Man möchte dieser Verbundenheit im Herrn Ausdruck geben und findet sich zu «Wochen» oder zu «Tagungen» zusammen. Um dabei einander näherzukommen, macht man sich vorübergehende Zugeständnisse und fasst Beschlüsse, – dann aber kehrt jede Gruppe wieder in ihr Gehege zurück.

Finden diese Bestrebungen den Beifall des Herrn? Ist der Zusammenschluss kirchlicher Organisationen zu einer Dachorganisation das göttliche Heilmittel in unsern Zeiten des Verfalls?

Wie aus den eingangs erwähnten Stellen hervorgeht, spricht das Wort Gottes nur von der Einheit des Geistes und von dem einen Leib des Christus; es anerkennt keine andere Körperschaft. Die Einheit muss also nicht mehr gemacht werden. Wir sollen in dieser Welt vielmehr Zeugen sein von dem einen Leibe in Christo, der vor Gottes Augen ununterbrochen fortbesteht. Dieses Zeugnis von dem, was Gott geschaffen hat, können wir aber nur aufrecht halten, wenn wir uns sorgfältig von dem trennen, was der Mensch daraus macht, von den Sonderbekenntnissen, die eine Verleugnung der göttlichen Tatsache darstellen und die uns von andern Gläubigen trennen.

Das Haus Gottes

Unter diesem Bilde wird die Versammlung als die Wohnung Gottes auf dieser Erde vor unsere Blicke gestellt. Im Gegensatz zu der Stiftshütte und dem Tempel Gottes, die aus totem Material erbaut waren, handelt es sich hier um ein geistliches Haus. Wohl in Anlehnung an jene Wohnstätten Gottes im Alten Bunde bezeichnet man heute manche Versammlungshäuser der Christen zu Unrecht als «Gotteshäuser».

Wie Christus baut

Der Herr Jesus sagte zu Petrus: «Auf diesen Felsen will ich meine Versammlung bauen.» Christus ist also seit dem Tage der Pfingsten bis heute der Bauende. Er baut das Haus nur auf der einen Grundlage, die in Epheser 2,19-20 genannt wird: «Ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten, indem Jesus Christus selbst Eckstein ist.» Alle Menschen, die erlöst und wiedergeboren werden, sind zu Ihm gekommen, «als zu einem lebendigen Steine» und werden «als lebendige Steine» aufgebaut, «ein geistliches Haus». In diesem Sinne wird das Haus Gottes erst vollendet sein, wenn der letzte lebendige Stein hinzugefügt worden ist. Dieser Bau wird von «des Hades Pforten» nicht überwältigt werden.

Deinem Hause geziemt Heiligkeit

Welch feierlicher Gedanke: Die Kinder Gottes auf der Erde bilden zusammen den «Tempel des lebendigen Gottes»! Er will darin wohnen und wandeln! Wenn schon der Psalmist angesichts des Tempels in Jerusalem ausrief: «Deinem Hause geziemt Heiligkeit!», wieviel mehr haben die Erlösten, die zu Seinem jetzigen geistlichen Hause gehören, Anlass, diese Tatsache zu bedenken! Wahrlich, es sollte uns ein heiliges Anliegen sein, zu erfahren, wie wir uns in diesem Hause zu verhalten haben! Ordnung, Heiligkeit und Zucht müssen darin aufrechterhalten werden.

Gottesdienst in seinem Hause

Wer als lebendiger Stein ein Bestandteil des Hauses Gottes ist, gehört auch zum «heiligen Priestertum, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesum Christum.» Höchstes Vorrecht, ewiglich mit Anbetung und Lobpreis vor dem Gott stehen zu dürfen, der sich in der Dahingabe Seines Sohnes als Gott der Liebe geoffenbart hat! Wenn wir es im Heiligen Geiste tun, durchzieht ein tiefer Strom der Glückseligkeit unsere Herzen, der mit nichts anderem zu vergleichen ist.

Wie die Menschen bauen

In Epheser 2 und 1. Petrus 2 wird das Haus Gottes von der göttlichen Seite her betrachtet. Christus baut nur mit lebendigen Steinen.

In 1. Korinther 3 aber ist der Mensch mit dem Bauen betraut und für all sein Versagen verantwortlich. «Wir sind Gottes Mitarbeiter» sagt Paulus, «ich habe als ein weiser Baumeister den Grund gelegt; ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.» Im Laufe der Jahrhunderte hat der Mensch auf dieser Grundlage mit «Holz, Heu, Stroh» gebaut. Er hat menschliche Grundsätze, ja sogar Irrtümer und böse Lehren hineingebracht und Bekenner ohne Leben aus Gott dem Bau hinzugefügt. Dadurch ist das Haus Gottes in Unordnung geraten und zu einem großen Hause geworden, in welchem sich nicht nur Gläubige, sondern auch «Gefäße zur Unehre», das heißt unerlöste Menschen befinden.

Das Haus Gottes, wie der Herr es baut, umfasst – wie der Leib des Christus – nur die wahren Gläubigen. Zum «großen Hause» aber gehört die ganze Christenheit, mit allen, die sich dazu zählen.

Welchen Rat gibt der Herr den Seinigen, angesichts dieses «großen Hauses»? – «Wenn nun jemand sich von diesen (Gefäßen zur Unehre) reinigt (oder absondert), so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werke bereitet.»

Bräutigam und Braut

Wie gibt doch dieses uns allen vertraute Bild aus dem Menschenleben der innigen und ewigen Beziehung des Herrn zu Seiner Versammlung einen so ergreifenden Ausdruck! Diese Beziehung begann in der Vergangenheit (am Kreuze), ist in der Gegenwart eine wunderbare Wirklichkeit und wird in der Zukunft eine sichtbare und vollkommene Darstellung finden.

Christus hat die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben.
«Der Weg eines Mannes mit einer Jungfrau» ist wunderbar, vor allem aber das Verhältnis des himmlischen Bräutigams zu Seiner himmlischen Braut. Wie unfasslich ist schon der Beginn. Was hat Er an denen gesehen, die Er sich auserwählt hat? Sie waren doch «tot in Vergehungen und Sünden»! Ob wir es begreifen oder nicht. Um diese Braut mit einer solchen Vergangenheit zu erwerben, hat Er sich selbst für sie in den Kreuzestod dahingegeben! Wie Eva aus der Rippe des schlafenden Adams erbaut wurde, so verdankt die himmlische Braut ihren Ursprung dem Tod und der Auferstehung Christi, ihres Bräutigams. Er hat den Erlösten Leben gegeben (Joh. 10,10), Schönheit (sie sind angenehm gemacht in dem Geliebten, Eph. 1,6), Reichtum (2. Kor. 8,9). Er ist ihnen geworden «Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung.» In allem, was die Braut ist und besitzt, rühmt sie sich des Herrn. Das Kreuz und das Grab stehen am Anfang der Beziehungen des Bräutigams zu Seiner Braut als Monumente Seiner alles Denken übersteigenden, unwandelbaren und ewigen Liebe.

«Auf dass Er sie heiligte»

Wie könnte dieser Bräutigam Seine Braut vergessen, die bis zu dem glückseligen Tage Seiner Wiederkunft noch in dieser gefährlichen Welt wandelt? O nein, in unvergleichlicher Liebe denkt Er unablässig an sie. Er reicht ihr aus dem Heiligtum jede Hilfe dar, damit ihr Zustand inmitten der vielen Versuchungen und Proben heilig und rein bleibe. Er möchte, dass sie auch hienieden praktisch mit Ihm übereinstimme und Ihm entspreche. Um dieses zu erreichen, unterzieht Er sie immer wieder der Waschung mit Wasser durch das Wort (V. 26). Er nährt und pflegt sie (V. 29).

Was erwartet der Bräutigam von Seiner Braut? – Dass sie Ihn liebe und für Ihn lebe. «Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt.» Die Braut soll in allem Ihm und Seinem Worte unterworfen sein.

Dass doch alle, die zu Seiner Braut gehören, dieser Erwartung entsprächen und auf die Belehrungen des Heiligen Geistes lauschten, der uns auf dem Wege durch die Wüste durch das Wort Gottes die Person des Bräutigams verklären will! – Wie würde da die Sehnsucht nach Ihm wachsen!

«Auf dass Er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellte»

Verlobte freuen sich auf die Hochzeit, auf ihre eheliche Verbindung und auf ihr Heim. So belebt auch die Hoffnung auf die völlige Vereinigung mit dem himmlischen Bräutigam, wie auch die Aussicht, für immer an Seiner Seite zu sein und Seine Herrlichkeit zu teilen, die Schritte der Braut. Und der Bräutigam? Er ruft ihr zu: «Ich komme bald!» Mit diesem Zuruf erfrischt Er nicht nur unsere Hoffnung, sondern gibt damit Seiner eigenen Sehnsucht Ausdruck. Denn das Warten auf Seine Braut kostet Ihn «Ausharren». Wenn die Stunde da ist, wird «Er selbst» kommen, in der freudigen Bewegung, die uns in Hohelied 2,8-12 (im Bilde auf Israel bezogen) beschrieben wird.

Dann wird Er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellen. Sie wird weder Flecken noch Runzeln haben, sondern heilig und tadellos in vollkommener Schönheit erblühen. Sie wird Ihn sehen und Ihm gleich sein.

Während auf der Erde die Drangsalszeit zu Ende geht, findet im Himmel die Hochzeit des Lammes statt. Dann kommt Er mit Seiner Braut zum Gericht der Lebendigen hernieder und wird mit ihr über die Erde herrschen; sie ist die himmlische Metropole des Tausendjährigen Reiches. Dann folgt der ewige Zustand, der neue Himmel und die neue Erde. Und wieder wird sie als die heilige Stadt herniederkommen wie eine für ihren Mann geschmückte Braut, als die Hütte Gottes bei den Menschen. Und er wird bei ihnen sein…

Welch herrliche himmlische Berufung! In der Tat, sie ist nicht hier gelassen, um die Welt zu verbessern.

Das Wachsen des Leibes

Das winzige, zweiblättrige Gräslein, das dem Samenkorn entschlüpft, entwickelt sich zu einer großen Pflanze mit Blüte und Frucht. Der Säugling, der so hilflos daliegt, wird mit den Jahren zu einem Manne. Auch die Versammlung, der Leib des Christus ist ein lebendiger Organismus und soll nach den Gedanken des Herrn «wachsen».

Er fügt ihm immer mehr Erlöste als Glieder hinzu. Der Leib soll aber auch innerlich zunehmen. Er soll «hingelangen», «heranwachsen» und «auferbaut» werden.

Wenn wir das Kind mit dem Manne vergleichen, so können wir mühelos feststellen, dass das Wachstum des Körpers nur möglich ist, wenn alle einzelnen Körperteile daran teilhaben: Die kleinen Hände und Füße sind größer geworden, die Gliedmaßen länger, Brust und Schultern breiter – jedes einzelne Organ entspricht nun der Statur des Erwachsenen. Bliebe nur eines in der Entwicklung zurück, würde es Wachstum und Leben des übrigen Leibes ernstlich hindern.

So ähnlich verhält es sich auch in dem Leibe des Christus. Sein Wachstum vollzieht sich dadurch, dass alle einzelnen Glieder, «wir alle» an der Entwicklung vom Kindlein zum erwachsenen Manne teilhaben.

Das Mass des vollen Wuchses

Wann ist denn das Wachstum des Leibes des Christus und des einzelnen Gläubigen abgeschlossen? Dann, wenn wir hingelangt sind «zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Manne, zu dem Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus.» Wenn wir in allem herangewachsen sind «zu Ihm hin, der das Haupt ist, der Christus».

In den ersten Kapiteln des Epheserbriefes wird uns deutlich gesagt, dass jeder durch die Gnade Gottes Errettete mit Christo lebendig gemacht und auferweckt worden sei und nun in Ihm in den himmlischen Örtern mitsitzen dürfe, als einer, der dort mit jeder geistlichen Segnung beschenkt worden ist. Das ist die wunderbare Stellung und das herrliche Teil eines jeden Erlösten. In dieser Beziehung ist von einem Wachstum keine Rede.

Das 4. Kapitel aber betrachtet diese Segnungen von der praktischen Seite aus. Je besser der Gläubige die ihm in Christo geschenkten Dinge erkennt, die Fülle des Christus im Glauben erfasst und verwirklicht, wird er auch praktisch in allem zu Ihm hin wachsen. Dies geschieht allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er, was den früheren Lebenswandel betrifft, den alten Menschen abgelegt hat.

Der Leib des Christus als Ganzes wird hienieden das ihm vom Haupte gesteckte Ziel – das Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus – nie erreichen. Lasst uns aber mit allen, die zu Seinem Leibe gehören, diesem hohen, gesegneten Ziele nachjagen und zustreben! Denn, dass die Gläubigen von «Kindlein» zu «Vätern» heranreifen (1. Joh. 2,12-17), ist ja ihr normales Wachstum.

Wie geschieht die Auferbauung des Leibes?

Damit der menschliche Körper wachsen kann, muss ihm Speise und Trank zugeführt werden. Sogleich treten gewisse Organe in Tätigkeit, welche die empfangene Nahrung zerkleinern, in ihre Bestandteile auflösen und die geeigneten Stoffe den vielen Gliedern zur Erneuerung und zum Aufbau ihrer Zellen zuleiten. Aufbau und Wachstum des menschlichen Körpers beruhen also nach den wunderbaren Gedanken unseres großen Schöpfer-Gottes auf der täglichen Nahrung und dem Zusammenspiel aller Organe.

Die Auferbauung des Leibes Christi geht in ähnlicher Weise vor sich. Nur ist die dazu erforderliche Speise nicht ein Produkt aus der Küche menschlicher Weisheit, auch keine Mischung von Wahrheit und Philosophie. Eine solche «Nahrung» führt von Christus weg zu Hunger und Zerfall, wie es uns die Geschichte der Kirche eindrücklich beweist. Das Wort Gottes allein dient der Auferbauung des Leibes Christi, und jeder wirkungsvolle Dienst besteht in der Darreichung dieses Wortes.

Diese göttliche Nahrung soll durch das Zusammenwirken der verschiedenen Teile des Leibes den einzelnen Gliedern in einer Weise zugeführt werden, dass sie aufgenommen werden und Wachstum bewirken kann. «Lasst uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus, aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.»

Da sollte sich doch ein jeder von uns fragen: Übe ich meine Funktion als Gelenk der Darreichung innerhalb des Leibes Christi aus? in der Familie? unter meinen Freunden? wo irgend sich eine Gelegenheit zeigt? Dass doch durch uns alle der Geruch der Erkenntnis Christi auch unter den Gläubigen offenbar würde!

Die Gaben des Herrn für Seinen Leib

Der soeben besprochene, allgemeine Dienst der einzelnen Glieder würde aber nicht genügen. «Zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes und zur Auferbauung des Leibes Christi» gibt der verherrlichte Herr außerdem Seiner ganzen Versammlung – nicht etwa nur einer bestimmten Kirche oder Gruppe von Gläubigen – besondere Gaben. Sie allein ermöglichen den eigentlichen Dienst des Wortes. Wer vom Herrn und Haupt des Leibes eine solche Gabe empfangen hat, ist ermächtigt und zugleich vor Ihm verantwortlich, treu damit zu dienen.

Diese Gaben sind nicht zu verwechseln mit natürlichen Fähigkeiten, die ein Mensch schon vor seiner Bekehrung besitzen mag. Im Gleichnis von Matthäus 25,14-30 empfing der Knecht die Talente «nach seiner eigenen Fähigkeit». Wir können daraus schließen, dass der Herr bei der Verleihung von geistlichen Gaben, die vorhandenen natürlichen Fähigkeiten berücksichtigen wird. Aber eine natürliche Begabung allein macht noch keinen Menschen zu einem Diener des Wortes, der vom «Haupte des Leibes» anerkannt ist. Der Herr ist der eigentliche Geber der geistlichen Gaben, aber sie werden durch den Heiligen Geist ausgeteilt und können nur unter der Leitung dieses Geistes der Wahrheit und der Liebe nutzbringend ausgeübt werden. Die Gabe ist eine geistliche Kraft, die sich in der Darreichung des Wortes erweist, so dass dieses in den Seelen Segen bewirken kann.

Lasst uns diese Gaben, die durch den Dienst des Wortes der Auferbauung des Leibes dienen, kurz überblicken. Sie werden in Epheser 4,11 der Reihe nach aufgezählt: «Und er hat die einen gegeben als Apostel und andere als Propheten und andere als Evangelisten und andere als Hirten und Lehrer.»

Apostel und Propheten

Petrus, Johannes und Paulus waren sowohl Apostel als auch Propheten des Neuen Testamentes, und ihre apostolischen Schriften sind zugleich auch prophetische Schriften.

Das Apostelamt hatte vor allem mit der Regierung innerhalb der Versammlung zu tun und gab ihrem Dienste und ihrem Handeln Autorität. Als Propheten aber offenbarten sie die Gedanken und den Willen Gottes betreffend das große Geheimnis der Versammlung wie auch über die zukünftigen Dinge. Propheten waren zum Beispiel auch Markus und Lukas, die, vom Heiligen Geiste inspiriert, Gedanken Gottes mitteilten, ohne mit dem Apostelamt betraut zu sein. Nach Apostelgeschichte 1,21-26 musste der Apostel ein Zeuge des Dienstes und der Auferstehung des Herrn Jesus sein. Schon aus diesem Grunde kann es keine Nachfolger der Apostel geben, wie heute verschiedene Gruppen in der Christenheit behaupten. Auch sonst finden wir im Worte Gottes keinerlei Anhaltspunkte, dass der Herr eine Nachfolge in der Apostelschaft vorgesehen habe.

Die Apostel und Propheten hatten ihre Aufgabe damals zu erfüllen. Durch sie hat der Herr die Grundlage gelegt und den Bau der Versammlung begonnen. Durch sie hat Er die junge Versammlung genährt und gepflegt und ihr «die Lehre der Apostel» gegeben.

Durch die Apostel hat Er auch das Wort Gottes vollendet, und wir besitzen nun die vollständige «Lehre der Apostel» im Kanon der Heiligen Schrift. Wir unterstehen jetzt also der Autorität des abgeschlossenen Wortes Gottes, die an die Stelle der Autorität der Apostel getreten ist.

Evangelisten

Der Evangelist predigt das Evangelium von der Erlösung, von der Gnade eines vollkommenen Heiles in Christo. Dadurch befreit er die Seelen von der Macht Satans und führt sie zu Gott; denn der Heilige Geist begleitet das Wort mit Seiner Wirksamkeit, so dass es mit Kraft auf Herz und Gewissen der Hörer eindringt.

Die Tätigkeit des Evangelisten ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden. Sein Arbeitsfeld ist die Welt und liegt weniger innerhalb der Versammlung Gottes. Doch werden ja die Erretteten dem Leibe Christi hinzugefügt. Und wenn der Evangelist diese Tatsache außer Acht lässt und sich nicht darum kümmert, ob die Kindlein im Glauben auch wirklich auf den gemeinsamen Weg der Kinder Gottes treten, nach den Belehrungen des Wortes, so entspricht sein Dienst in einem wichtigen Punkt nicht den Gedanken Gottes.

Jeder Gläubige ist «ein Brief Christi», und soll als solcher «gekannt und gelesen werden von allen Menschen». Jeder wird ermahnt, «vor allen Dingen Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen zu tun für alle Menschen», auf dass sie «errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen». Jeder sollte von Liebe zu den Seelen erfüllt und bereit sein, die Menschen, denen er begegnet, auf Christum hinzuweisen. Das persönliche Zeugnis und die Bemühungen des Einzelnen – z. B. im Verteilen von Evangeliumsschriften – sind von größter Wichtigkeit zur Ausbreitung der Frohbotschaft von Jesus Christus auf dieser Erde. Die Ewigkeit wird es zeigen…

Wenn der Herr Seiner Versammlung Evangelisten gibt – Männer mit einer besonderen geistlichen Gabe zur wirksamen Verkündigung des Wortes Gottes in dieser Welt, so will Er also den Einzelnen dadurch keineswegs seiner persönlichen Verantwortung entbinden.

Hirten und Lehrer

Sind die Seelen durch das Werk des Heiligen Geistes zu der Versammlung Gottes geführt worden, treten sie in den Genuss anderer Dienste. Sie werden jetzt gepflegt, genährt und belehrt, damit sie nicht Unmündige bleiben, die hin und hergeworfen und umhergetrieben werden von jedem Winde der Lehre, die da kommt durch die Betrügerei der Menschen. Wie wir gesehen haben, sollen auch sie – «wir alle» – durch ständiges Wachstum «das Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus» erreichen.

Besonders die Dienste der Hirten und Lehrer sind uns darin eine große Hilfe.
Die Gabe des «Lehrers» werden wir bei einem Bruder wahrnehmen können, der in besonderer Weise in das Wort Gottes einzudringen vermag und die darin enthaltenen Lehren, wie auch die Zusammenhänge seiner einzelnen Teile deutlich erfasst. Er ist in der Kraft des Geistes auch imstande, diese Lehren und Gedanken Gottes andern in Klarheit mitzuteilen und das Licht der Erkenntnis des Wortes zu verbreiten. Nebenbei gesagt: Wir können noch heute aus den Lehrgaben heimgegangener Brüder großen Nutzen ziehen durch das Lesen der Bücher und Schriften, die sie uns hinterlassen haben.

Der «Hirte» hat mehr oder weniger ebenfalls die Gabe, zu lehren. Er besitzt darüber hinaus aber auch die Gnade, die Bedürfnisse und den Zustand der einzelnen Gläubigen, denen er dient, zu erkennen, und ihnen mit Takt und Weisheit zu begegnen. Er geht auch den Verirrten nach und sucht sie zu der Herde und auf den rechten Pfad zurückzubringen.

Evangelisten, Hirten und Lehrer sind also Diener, die der Herr zur Sammlung und Auferbauung der Gläubigen benützt, Kanäle, durch die der Segen in der Kraft des Heiligen Geistes vom Haupt zu den Gliedern fließt. Der Herr wird dafür sorgen, dass diese Gaben bis zu Seinem Kommen in Seiner Versammlung vorhanden sind, da sie ja bis zu jenem Augenblick «heranwachsen» soll.

Göttliche oder menschliche Ordnung

Es mag sein, dass die hier geäußerten Gedanken manchem Leser ganz ungewohnt sind. Seit Jahrhunderten besteht doch in der Christenheit eine ganz andere Ordnung des sogenannten «Gottesdienstes». Nach dieser menschlichen Ordnung ist es vielmehr so, dass ein junger Mann sich selber für den Beruf eines «Seelsorgers» entscheidet. Entsprechend seiner Zugehörigkeit zu einer besonderen Kirche oder Gemeinschaft besucht er theologische Fakultäten oder Prediger-Seminare. Nach bestandenen Examina wird er von seinen Vorgesetzten «ordiniert». In «seiner Kirche» oder «seiner Gemeinde» ist er der von Menschen gewählte und eingesetzte Pfarrer oder Pastor oder Prediger. Die Last des ganzen Dienstes des Wortes und der Seelsorge liegt nun auf ihm, auch wenn ihm vom Herrn vielleicht gar keine geistliche Gabe gegeben worden ist. Meistens darf auch ohne seine Zustimmung in «seiner Gemeinde» niemand am Dienst des Wortes teilnehmen, ein «Laie» schon gar nicht, auch wenn er vom Herrn selbst die Gabe eines Evangelisten, eines Hirten oder eines Lehrers empfangen hätte.

Ob die göttliche oder die menschliche Ordnung gelten soll, darf für einen Gläubigen keine Frage sein. Wie sollten wir an einem menschlichen System des Dienstes festhalten, durch das die Aufrechthaltung der göttlichen Ordnung, die wir in der Heiligen Schrift deutlich aufgezeichnet finden, umgestoßen und verunmöglicht wird!

Die Frage: Welche Gaben gibt der Herr Seiner Versammlung zu ihrer Auferbauung? – haben wir das letzte Mal besprochen. Nun sollten wir aber noch auf die weiteren Fragen, die sich für den Einzelnen im Zusammenhang mit der Ausübung einer empfangenen Gabe ergeben, näher eintreten. Zu ihrer Beantwortung darf uns nur das Wort Gottes als Grundlage dienen. Der Herr ist es, der die Gaben austeilt und nach Seinen Anweisungen soll der entsprechende Dienst getan werden.

Die Zubereitung des Dieners

Gott bereitet sich Seine Diener zum Empfang und zur Ausübung der Gabe zu. Diese Tatsache wird uns in der Schrift an einigen Beispielen deutlich gemacht. Gott hat einen Saulus von Tarsus «von seiner Mutter Leibe an abgesondert und durch seine Gnade» zum Apostel der Nationen «berufen». Saulus aber wusste lange Jahre nichts davon. Er lebte in einer ganz andern Sphäre. Auferzogen in Jerusalem zu den Füßen Gamaliels und unterwiesen nach der Strenge des väterlichen Gesetzes, wurde er ein Eiferer für das Gesetz und ein Verfolger der Versammlung. Er meinte, Gott zu dienen, wenn er «sowohl Männer als Weiber band und in die Gefängnisse überlieferte».

Besaß er jetzt schon die Gabe eines Apostels oder irgend eine andere Gabe des Herrn an Seine Versammlung? Keineswegs! Diese Gaben sind ja zur Auferbauung des Leibes Christi gegeben; er aber verfolgte und zerstörte die Versammlung Gottes. Es fehlte ihm dazu als

erste Voraussetzung: die Bekehrung.

Einzig auf dem Wege der Buße und Bekehrung und dem Glauben an Jesum Christum gelangt der Mensch zu der Versammlung der aus der Welt «Herausgerufenen». Ein solcher nur gehört zu dem Leibe des Christus und kann von Gott darin an den Platz eines besonderen Dienstes gesetzt werden. Wer nicht wiedergeboren und ein Eigentum Christi ist, besitzt weder Seinen Geist, noch irgendwelche Gaben dieses Geistes.

Doch werden in der Christenheit viele als Seelsorger, als Diener Gottes und Lehrer anerkannt, die nicht einmal diese erste Voraussetzung zum Besitz einer geistlichen Gabe erfüllen. Sind es, so fragen wir, nicht gerade diese, die «den Glauben» der Christen zerstören und die Autorität des Wortes untergraben? Christus hat sie nicht zu Seinen Dienern berufen. Wenn sie auch noch so glänzende natürliche Verstandes- und Rednergaben besitzen mögen und scheinbar einer guten Sache dienen, so haben sie doch durch ihre Wirksamkeit dem Zerfall der Christenheit den größten Vorschub geleistet.

Für Saulus aber gab es eine Straße nach Damaskus. Hier begegnete er dem auferstandenen Herrn, vor Dem er in den Staub fiel und sein bisheriges Leben verurteilte. Jetzt hatte es Gott gefallen, Seinen Sohn in ihm zu offenbaren und ihm auch die wunderbare Verbindung des Herrn mit Seiner Versammlung zu zeigen. Welch ein großer Wechsel! Nun sagte der Herr von ihm: Er ist mir ein auserwähltes Gefäß, meinen Namen zu tragen sowohl vor Nationen als Könige und Söhne Israels.

Zweite Voraussetzung: die Nachfolge Jesu.

Als Jesus zwölf Jünger zu Seinen Knechten berufen wollte, damit sie Ihm in Seinem großen Werke dienten, ging Er zum See von Galiläa hinab. Dort rief Er Simon, Andreas, Jakobus und Johannes herzu und sagte zu ihnen: «Kommet mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen.» Diese einfachen und ungebildeten Fischer sollten Ihm, gerade so wie sie waren, nachfolgen. Er würde aus ihnen Werkzeuge machen, die Er in Seinem wunderbaren Werk der Errettung von Menschen gebrauchen konnte. Ihre Zubereitung und Ausbildung zu diesem Werke sollte darin bestehen, dass sie Ihm jeden Tag nachfolgten und von Ihm lernten. Er selbst wollte sie alles Notwendige lehren.

In Markus 3,14 wird es etwas anders ausgedrückt: «Er bestellte zwölf, auf dass sie bei ihm seien, und auf dass er sie aussende zu predigen.» Der verborgene Umgang mit dem Herrn Jesus vermag den begabten und berufenen Diener Christi allein für Seinen Dienst fähig zu machen. Und von hier wird er in der Kraft des in ihm wohnenden Geistes hinausgehen, um unter den Menschen ein Zeuge Christi zu sein.

Dritte Voraussetzung: Das Studium des Wortes Gottes

Junge Christen gleichen oft feurigen Pferden, die es nicht ertragen, wenn sie zu lange im Stall stehen müssen. Sie möchten wirken und gleich etwas «Großes» tun.

Aber mit was wollt ihr dienen? – Gewiss, im Hause Gottes sind vielerlei Hilfeleistungen nötig, zu denen es vor allem ein Herz voller Liebe und eine fleißige Hand braucht. Seht euch nur nach solchen Aufgaben um; sie werden euch gewiss gezeigt werden. Geht es aber um Dienste, welche die Auferbauung des Leibes Christi zum Ziele haben, so kann nur der dazu gebraucht werden, der das Wort der Wahrheit kennt es zu erklären und anzuwenden weiß. Der Diener des Herrn darf zuerst sich selbst vom Worte nähren, «darin leben», «Fortschritte machen» und «weise werden zur Seligkeit». In dem Maße wie es ihm gedient hat, vermag er es an andere weiter zu geben.

Der erfahrene Apostel gab seinem jungen Mitarbeiter Timotheus durch den Geist Gottes den weisen Rat: «Halte an mit dem Vorlesen … Bedenke dieses sorgfältig; lebe darin, auf dass deine Fortschritte allen offenbar seien. Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre; beharre in diesen Dingen; denn wenn du dieses tust, so wirst du sowohl dich selbst erretten als auch die, welche dich hören» (1. Tim. 4,13-16). «Bedenke was ich sage; denn der Herr wird dir Verständnis geben in allen Dingen… Befleißige dich, dich selbst Gott bewährt darzustellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt… Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist, da du… von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die vermögend sind, dich weise zu machen zur Seligkeit… Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre… auf dass der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt» (2. Tim. 2,7.15; 3,15-17).

Vierte Voraussetzung: Lernen in der Schule Gottes

Dreht man den Schalter, so erstrahlt sofort helles Licht. Zwischen dem Empfang einer Geistesgabe und ihrer vollen Entfaltung aber verstreicht oft eine lange Zeit der Übungen in der Schule des Meisters, der den Schüler einem Ziele entgegenführt, das dieser noch gar nicht kennt. Er wählt die Fächer für Seinen Zögling. Da gibt es viele negative Lektionen: Der Eigenwille muss gebrochen, die hohe Meinung von der eigenen Kraft, Weisheit und Fähigkeit zerschlagen werden. Der Schüler soll im Innersten überzeugt werden, dass in ihm, das ist in seinem Fleische, «nichts Gutes» wohnt. Er muss lernen, gegenüber dem Fleische wachsam zu sein und sich an einen Wandel im Geiste zu gewöhnen. Das sind wohl Lektionen der allgemeinen Elementarklasse, in der alle Kinder Gottes sitzen; aber wenn einer diese Dinge nicht lernt, wie könnte der Herr aus ihm ein besonderes Werkzeug machen?

Fünfte Voraussetzung: Dienst im Kleinen

Die Gläubigen der Versammlung in Thessalonich hatten sich alle bekehrt, um dem lebendigen Gott zu dienen. Obwohl noch nicht lang auf diesem Wege, waren sie doch alle in irgend einer bescheidenen Weise «im Werke des Herrn» tätig. Dieses Werk lag ihnen am Herzen, und ihre Tätigkeit mochte vorerst nur in der Fürbitte für die Menschen ihrer heidnischen Umgebung, in der Fürbitte für den Dienst des Apostels und seiner Mitarbeiter, und im treuen Zeugnis gegenüber ihren Nächsten bestehen.

Wem es an solchen Beweisen der Hingebung an Gott und des Interesses für das ganze Werk des Herrn mangelt, wie sollte der zu größeren Aufgaben berufen sein? Wer sich zu Hause wenig um das Heil der Verlorenen kümmert, wird kein Missionar, auch wenn er mit einem Kopf voll Wissen und dem Stethoskop eines Arztes zu den Antipoden fährt. Der das Schiff verlässt, wäre der gleiche unerfahrene Evangelist ohne Ausweise, wie der, welcher sich in der Heimat einschiffte.

Auch geistliche Gaben entfalten sich nicht sprunghaft. Wer sich aber in kleinen Diensten bewährt, den kann der Herr zu andern Aufgaben berufen, wenn es Ihm gefällt. Stephanus und Philippus gehörten zuerst zu den Männern, die voll Heiligen Geistes und Weisheit das «Geschäft» der Bedienung der Tische besorgten. Bald aber wurde es Stephanus gegeben, Wunder und große Zeichen zu tun unter dem Volke. Philippus aber entfaltete sich zum «Evangelisten».

Die persönlichen Weisungen des Herrn

Als für Paulus der Weg der Nachfolge Jesu begann, stellte er die Frage: «Was soll ich tun, Herr?» – Der Herr aber sprach zu ihm: «Stehe auf und gehe nach Damaskus, und daselbst wird von allem gesagt werden, was dir zu tun verordnet ist.» – Nun hatte er eine erste persönliche Wegweisung des Herrn. In Damaskus aber empfing er, gemäß diesem ersten Wort seines Meisters, weiteres Licht über den Dienst, der ihm verordnet war. Später, in Antiochien, wurde er mit Barnabas «von dem Heiligen Geiste» zu der ersten Evangelisationsreise ausgesandt. Und auf seinen Reisen ließ ihn der Herr nicht ohne Wegleitung.

So gibt der Herr auch heute Seinen Dienern durch den Geist immer wieder klare Wegweisung. Der eine wird einen Weg verborgenen Dienstes geführt. Ein anderer aber gelangt zu einem Damaskus, wo ihm der Herr den Charakter seines besonderen Dienstes in der Versammlung Gottes zeigt. Es mag sein, dass er neben diesem Dienst lange Jahre seine gewohnte Erwerbstätigkeit fortsetzen kann, wie ein Apostel Paulus es lange Zeit, allerdings unter großer Aufopferung, ebenso getan hat (Apg. 18,3; 20,34-35; 1. Kor. 9,12.15.18; 1. Thess. 2,9). Wenn ihm der Herr aber so viel Arbeit anweist, dass er gezwungen ist, seine Erwerbstätigkeit aufzugeben, so soll er es im Gehorsam und im Vertrauen zum Herrn tun. Er wird ihn nicht versäumen noch verlassen. Gerade durch 1. Korinther 9 werden wir belehrt, in welcher Weise Er den Lebensbedürfnissen derer, die das «Evangelium verkündigen» und «das Geistliche säen», begegnen will.

Jeder Gläubige ist ein «Knecht Jesu Christi». In seinem ganzen Dienst, ob es größere oder kleinere Entscheidungen sind, die er zu treffen hat, sollte er nur handeln, wenn er die tiefe Überzeugung hat: Der Herr hat es mich geheißen.

Doch ist es gut, in der Ausübung unseres Dienstes auf die Einwürfe erfahrener und geistlich gesinnter Brüder zu hören und ihren Rat vor dem Herrn zu erwägen. – Ist es einem Diener wirklich um die Ehre des Herrn und um das Wohl Seiner Versammlung zu tun, wie könnte er da die Bedenken seiner Brüder ungeprüft in den Wind schlagen, in der Meinung, sie hätten ihm nicht dreinzureden?

Über dem allem aber wollen wir am biblischen Grundsatz festhalten: Wer vom Herrn eine Gabe zur Auferbauung Seiner Versammlung empfangen hat, ist verantwortlich, sie in der Abhängigkeit von Ihm auszuüben.

Lehren aus der Kirchengeschichte

Die Neigungen des Menschenherzens, die im Ablauf der Jahrhunderte von einem Gott wohlgefälligen Zustand der Versammlung zu den heutigen Missständen in der Christenheit geführt haben, sind auch in unsern Herzen vorhanden. Das nötigt uns, wachsam zu sein, wenn wir in keiner Weise von der Ordnung im Hause Gottes, wie sie uns in Seinem Worte gegeben ist, abweichen wollen.

So ist man in der Christenheit dazu gekommen, zwischen einem «weltlichen» und einem «geistlichen» Stand, zwischen «Laien» und dem «Klerus» zu unterscheiden, wo doch alle, die wiedergeboren sind und den Geist besitzen, «Geistliche» sein sollten und sowohl zum «heiligen» wie auch zum «königlichen Priestertum» gehören.

Diese doppelte Gefahr bedroht auch uns. Die einen neigen dazu, den einzelnen Brüdern, die dem Herrn mit Hingebung zu dienen begehren, die ganze Arbeit zu überlassen. Es kommt ihnen vor, als gehörten sie selbst zu einer andern Klasse, eben zu den «Laien», die es sich leisten können, in geistlichen Dingen passiv, dafür aber in irdischen und weltlichen Dingen um so aktiver zu sein. – Das Wort: «Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, welches euer vernünftiger Dienst ist», gilt aber allen.

Andere wieder, denen der Herr einen öffentlichen Dienst des Wortes aufgetragen hat, haben sich vor der Tendenz des natürlichen Herzens zu hüten, dabei etwas gelten zu wollen und sich gegenüber den übrigen Brüdern eine Stellung anzumaßen, die ihnen durchaus nicht zukommt. Petrus schrieb den Ältesten: «Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, indem ihr die Aufsicht nicht aus Zwang führet, sondern freiwillig, auch nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig, nicht als die da herrschen über ihre Besitztümer, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid.» Er hatte die Unterweisung seines Herrn verstanden: «Lasst euch nicht Rabbi nennen; denn einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder. Lasst euch auch nicht Meister nennen; denn einer ist euer Meister, der Christus. Der Größte aber unter euch soll euer Diener sein.»

Bis jetzt beschäftigten wir uns mit Wahrheiten, die sich auf die Versammlung Gottes auf der Erde, als Ganzes genommen, beziehen. Wir erinnerten uns daran, wie sie entstanden ist und wer dazu gehört. Anhand verschiedener Bilder betrachteten wir die vielseitigen Aspekte der Versammlung und sahen auch, wie Gott durch geistliche Gaben für ihre Auferbauung sorgt. – Nun aber kommen wir zu einem anderen Kapitel mit vielen Untertiteln: Die Versammlung Gottes an einem bestimmten Ort, oder kurz gesagt:

Die örtliche Versammlung

Auch hier folgen wir den einfachen Belehrungen des Wortes Gottes. Es spricht nicht nur von der Versammlung im allgemeinen Sinn, sondern auch von der «Versammlung, die in Jerusalem war», von der «dortigen Versammlung» in Antiochien, von «der Versammlung Gottes, die in Korinth ist», und so weiter.

So, wie alle wiedergeborenen und aus der Welt herausgerufenen Gläubigen zusammen die «Ekklesia» auf der Erde bilden, so umfasst auch eine örtliche Versammlung alle Geheiligten in Christo Jesu, alle berufenen Heiligen, die an diesem bestimmten Orte wohnen. Das geht aus 1. Korinther 1,2 unmissverständlich hervor. In den Tagen der Apostel war diese Tatsache sichtbar. Damals versammelten sich alle Gläubigen eines Dorfes oder einer Stadt einmütig an einem Orte und waren dadurch vor der Welt ein deutlicher Ausdruck des ganzen Leibes Christi. So schrieb Paulus an die Versammlung von Korinth: «Ihr aber seid der Leib Christi, und Glieder insonderheit.»

Wenn auch – wie wir später noch sehen werden – jede örtliche Versammlung für ihren geistlichen Zustand vor dem Herrn eine eigene Verantwortung trägt, so ist sie doch kein unabhängiges Gebilde. Sie ist durch das Band des Geistes mit den übrigen Versammlungen aufs innigste verbunden und soll in allem eine genaue Darstellung der ganzen Versammlung Gottes auf der Erde sein.

Der schriftgemäße Boden

Heute, wo die Christen eines Ortes sonntags auf so vielen Wegen verschiedene Kirchen und Gemeinschaften aufsuchen, ist die Verbundenheit der Glieder zu einem einzigen Organismus nicht mehr zu sehen.

Viele Kinder Gottes haben sich mit dieser traurigen Tatsache abgefunden. Einige aber fragen sich ernstlich: Ist es heute, wo die überwiegende Mehrheit der Christen nicht im Entferntesten daran denkt, zu dem zurückzukehren, was im Anfang war und was wir den schriftgemäßen Boden nennen können, einer Minderheit von Gläubigen überhaupt noch möglich, sich auf diesem Boden zu versammeln?

Gewiss, die sichtbare Einheit des Volkes Gottes ist durch unsere Untreue für immer in Brüche gegangen. Aber die göttliche Tatsache, dass alle Erlösten durch den Heiligen Geist zu einem Leibe getauft sind, bleibt auch heute noch und für ewig bestehen!

Jeder, der dies erkennt und nicht nur den persönlichen Glaubenspfad, sondern auch den gemeinsamen Weg mit den Kindern Gottes nach Seinen Anweisungen zu gehen wünscht, muss nicht auf seine Brüder warten, die in den menschlichen Systemen verharren. Denn durch seine Zugehörigkeit zu einem Sonderbekenntnis oder zu einer Spaltung würde er ja fortfahren, die biblische Wahrheit «da ist ein Leib» praktisch zu verleugnen. Er darf und soll sich im Glaubensgehorsam auf den Boden der von Gott bewirkten Einheit des Geistes stellen. Er muss diese Einheit also nicht erst machen oder erstreben, sondern braucht sie nur zu bewahren, indem er darin wandelt, gemäß der Ermahnung: «Euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens.»

Wenn sich nun an einem Orte einige Gläubige, und wären es nur zwei oder drei, nach dem Muster der örtlichen Versammlungen der Bibel nur noch auf dem Boden des «einen Leibes» versammeln wollen, so bilden sie keine neue «Gruppe». Denn sie behaupten nicht: Wir sind die Versammlung. Sie bekennen jetzt vielmehr. Jeder Gläubige in dieser Stadt ist ein Glied am Leibe Christi und gehört nach Gottes Gedanken zu der Versammlung Gottes am Orte. Wohl vermögen diese Zwei oder Drei durch das, was sie tun, die unwiederbringliche sichtbare Einheit nicht wieder herzustellen, aber sie sind dadurch ein Zeugnis für die bestehende göttliche Wahrheit von der Einheit des Geistes in dem Bande des Friedens, das die Glieder unter sich und mit dem Haupte unauflöslich verbindet.

Der göttliche Mittelpunkt

Gott hat Christum in den himmlischen Örtern zu Seiner Rechten gesetzt und Ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, welche Sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt. Es ist daher undenkbar, dass Gott hienieden, in Seinen Versammlungen in den verschiedenen Städten der Erde, einen andern Mittelpunkt als Christum anerkennen könnte! So hat auch unser Herr in Matthäus 18, als Er im voraus die großen Grundsätze der Zucht und des Zusammenkommens für Seine Versammlung festsetzte, gesagt: «Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.» Der Heilige Geist leitet die Gläubigen nur zu diesem Mittelpunkt hin. Verwirklichen sie diese Bedingung, so ist Jesus, unser Herr, nach Seiner Verheißung persönlich, wenn auch unsichtbar unter ihnen.

Wunderbare Wahrheit! Dass Ihm doch unter allen Kindern Gottes dieser Zentralplatz der Führerschaft und der Autorität ungeschmälert eingeräumt würde! Wie reich wäre da der Segen, der vom Haupte zu allen Seinen Gliedern fließen könnte! Der Name Jesu ist allgenügend für den Einzelnen und auch für die Bedürfnisse der Versammlung.

Wenn man aber in der Stadt umhergeht und das religiöse Leben betrachtet, erkennt man, dass in der Christenheit viele andere Dinge oder Personen in der «Mitte» sind: Man versammelt sich zu einer Organisation, zu einem Namen, zu einem Prediger, und so weiter. Dass Christus dadurch aus dem Mittelpunkt verdrängt wird, versuchen wir im folgenden Abschnitt zu zeigen.

Die göttliche Leitung

Sind an einem Orte einige Gläubige im Namen des Herrn versammelt und trägt ihr Zusammenkommen wirklich diesen Charakter der «Versammlung Gottes», so ist der Herr ganz offensichtlich zu dem Zweck in ihrer Mitte, sie in allem zu leiten. Aller Augen sollen auf Ihn gerichtet sein und auf Ihn warten. Alle sollen in Unterwürfigkeit und Abhängigkeit gegenüber ihrem Herrn und Leiter verharren. Dann wird, den Gedanken und dem Willen Gottes entsprechend, in der Ausübung der geistlichen Gaben, im Dienste und im Verhalten aller Glieder Ordnung herrschen.

Aber auch der Heilige Geist ist in ihrer Mitte. Seit dem Tage der Pfingsten wohnt Er ja sowohl im einzelnen Gläubigen als auch in der Versammlung Gottes. Schon der Herr hat Seinen Jüngern in Aussicht gestellt, dass der Vater den Heiligen Geist in Jesu Namen senden werde. Er werde als Sachwalter unter ihnen sein und über ihre Sache «walten». Und in 1. Korinther 12 und 14 wird uns dann gezeigt, wie Er diese Aufgabe erfüllt. Er teilt die verschiedenen Gnadengaben aus: «Alles dieses aber wirkt ein und derselbe Geist, einem jeden insbesondere austeilend, wie er will.» Er ist anwesend, um zu führen, zu leiten und zu lehren. Es steht Ihm das Recht zu, wen immer Er will als Seinen Mund zu gebrauchen zum Gebet, zum Lobpreis oder zum Dienst.

Wie aber kann dieser große Grundsatz der göttlichen Leitung unter den versammelten Gläubigen verwirklicht werden, wenn eine menschliche Leitung da ist, welche die freie Leitung durch den Geist Gottes verhindert?

Was würde der Chef eines großen Unternehmens sagen, wenn eines Tages ein anderer an seinem Führerpult säße und seinen Mitarbeiterstab dirigierte? Zur Rede gestellt, würde dieser Andere vielleicht antworten: Ich weiß, dass es Ihr Geschäft ist, aber ich möchte Ihnen damit nur dienen und will in enger Verbindung mit Ihnen bleiben. Der Verwaltungsapparat, den ich einsetze, wird gut funktionieren. – Wird der Chef zugeben, dass er in seinem eigenen Unternehmen, das er selber leiten will, in die Rolle eines Beraters versetzt wird?

Wieviel weniger darf menschliche Willkür in die Rechte des Herrn und des Heiligen Geistes eingreifen, wie dies zum Beispiel durch das in unsern Tagen gebräuchliche Einmannsystem geschieht! Ein Mensch allein übernimmt den Dienst und übt ihn dazu noch in Übereinstimmung mit der besonderen Lehre seiner Kirche oder Bekenntnisgruppe aus! Er betet, er dient, er nimmt alle Handlungen vor, als ob es außer ihm keinen andern Leiter der Versammlung und keine andern Glieder gebe, die der Heilige Geist brauchen wollte und könnte. Er ist eben als einer, der dem sogenannten «geistlichen Stand» angehört, von den Menschen aus allein berechtigt, es zu tun, weil er nach menschlichen Grundsätzen ausgebildet und durch menschliche Ordination zum Dienst eingesetzt worden ist. Bei dieser Einsetzung der Pfarrer usw., beharrt man auf dem Gedanken der Amtsnachfolge; sie hat durch solche zu geschehen, die einst in gleicher Weise durch Menschen eingesetzt worden sind. Die Kanzel wird den Laien, das heißt allen, die nicht nach diesen Vorschriften ausgebildet und eingesetzt wurden, verwehrt. Wer ein solches Amt bekleidet und ausübt, mag zu seiner Rechtfertigung unter anderem anführen, dass er sich im Dienst von oben leiten lasse. Dadurch wird aber das System, in dem er dient weder verbessert noch vor Gottes Wort gerechtfertigt.

Denn in der Apostelgeschichte, und in den Briefen finden wir keine Andeutung darauf, dass in den örtlichen Versammlungen ein Einzelner zur Ausübung eines solchen «Amtes» eingesetzt worden wäre. Paulus besaß wohl apostolische Autorität, die er bei Gelegenheit, zur Gründung von Versammlungen, auch auf seine Mitarbeiter Timotheus und Titus übertragen hat. Auch lesen wir von «Führern». Aber selbst diese Männer unterstellten sich in den Versammlungen der Leitung des Herrn und des Heiligen Geistes mit den andern Brüdern.

Der göttliche Weg des Dienstes

Wenn Christen zum Herrn, als zu ihrem Mittelpunkt und Leiter, versammelt sind und von Ihm abhängig bleiben, wird Er ihnen alles darreichen, was sie bedürfen, um als Zeugnis für Seinen Namen bestehen zu können. Als Haupt Seiner Versammlung hat Er den Menschen für das Werk des Dienstes Gaben gegeben und Er wird sie auch in den örtlichen Versammlungen zur Entfaltung bringen und beleben, seien es Gaben zur Auferbauung der Gläubigen oder zur Verkündigung des Evangeliums an Unbekehrte. Mag die Ausübung der Gaben auch in aller Schwachheit geschehen, so ist dieser Dienst doch vom Herrn. Fünf Worte «in Erweisung des Geistes» und in Übereinstimmung mit den Belehrungen der Heiligen Schrift sind besser als eine «vortreffliche Rede», die auf Menschen-Weisheit beruht.

Jeder Gläubige hat als Glied am Leibe Christi seinen Anteil an der Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Zeugnisses für den Herrn; und wer eine der so verschiedenartigen Gaben vom Herrn empfangen hat, soll seine besondere Aufgabe erfüllen, entsprechend der Ermahnung: «Jenachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dienet einander damit als gute Verwalter der mancherlei Gnade Gottes. Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht, auf dass in allem Gott verherrlicht werde durch Jesum Christum». Auf diese Weise werden die vorhandenen geistlichen Gaben und Fähigkeiten geweckt und entwickelt. Da hingegen, wo ein einzelner Mann als «Diener des Herrn» von Menschen eingesetzt worden ist, bestehen diese inneren Übungen nicht und viele Gaben, die der Herr Seiner Versammlung gegeben hat, liegen dort brach.

Bei der Besprechung der einzelnen Zusammenkünfte werden wir noch auf weitere Einzelheiten des Dienstes zu sprechen kommen.

Älteste und Diener in den örtlichen Versammlungen

1. Älteste – Auf der ersten Missionsreise des Apostels Paulus mit Barnabas waren in verschiedenen Städten Versammlungen entstanden, die sie auf der Rückreise noch einmal besuchten. «Als sie ihnen aber in jeder Stadt Älteste gewählt hatten», zogen sie weiter. Später hat der Apostel auch Titus geboten, auf Kreta in jeder Stadt Älteste anzustellen.

Nur Männer mit den in 1. Timotheus 3,1-7 und Titus 1,6-9 beschriebenen Eigenschaften, Fähigkeiten und Voraussetzungen eigneten sich für diese Aufgabe. Eine Gabe zum Predigen und öffentlichen Lehren war dazu nicht unbedingt erforderlich; war sie aber vorhanden, so half sie dazu, dass der Aufseherdienst mit größerem Segen ausgeübt werden konnte.
Welches war denn ihr Dienst? – Der Älteste war ein Aufseher. Er sollte die örtliche Versammlung Gottes «besorgen» und war «Gottes Verwalter». Der Apostel ermahnte die Ältesten von Ephesus: «Habet nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten… Denn – aus euch selbst werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden… Darum wachet.»

Als solche, die «dem zuverlässigen Worte nach der Lehre» anhingen, waren die Ältesten befähigt, darauf zu achten, dass das geistliche Leben der einzelnen Gläubigen und der ganzen Versammlung gesund blieb. Sie waren wachsam gegen fremde Lehren und vermochten Widersprechende zu überführen, Sie kannten die Nöte, Schwierigkeiten und Versuchungen der Gläubigen ihres Ortes und suchten ihnen mit Weisheit und Geduld, Bestimmtheit und Sanftmut zu dienen. Sie waren «Vorbilder der Herde», und ihr Leben der Gottseligkeit verlieh ihrem Rat und ihrem Handeln Gewicht.

Zweifellos besteht auch in den heutigen örtlichen Versammlungen ein Bedürfnis nach Brüdern, die diesen selbstlosen und schwierigen Dienst tun. Aber es gibt keine Apostel oder apostolische Bevollmächtigte mehr, die öffentlich Älteste bezeichnen können, und wir finden keinerlei Anweisung im Worte, dass jemand anders, auch nicht die Versammlung selbst, die Aufseher wählen soll. Wenn aber Brüder die im Worte geforderten Voraussetzungen besitzen und vom «Heiligen Geiste» geleitet werden, diesen Dienst zu erfüllen, so sollen die übrigen den Dienst anerkennen, obwohl sie den Bruder nicht «Ältesten» nennen können.

2. Diener – Während die «Ältesten» für das geistliche Wohl einer Versammlung besorgt waren, befassten sich die «Diener» oder «Diakone» mit den zeitlichen und materiellen Dingen der Versammlung. Unter anderen Diensten verwalteten und verteilten sie die materiellen Gaben, die eingelegt wurden. Dass auch dieser Dienst wichtig ist, geht daraus hervor, dass das erste «Murren» in der Versammlung zu Jerusalem im Zusammenhang mit der Verteilung der Gaben entstand. Deshalb soll er Männern «von gutem Zeugnis, voll Heiligen Geistes und Weisheit» anvertraut werden. Sie sollen überdies die in 1. Timotheus 3,8-13 beschriebenen Voraussetzungen erfüllen.

Göttliche Autorität

Wir haben festgestellt, dass der Herr und der Heilige Geist als Leiter und Autorität in der Mitte derer weilen, die zum Namen Jesu hin versammelt sind. Die Versammlung besitzt außerdem das geschriebene Wort Gottes als bindende Autorität. In allen Fragen der Lehre, des Dienstes und des gemeinschaftlichen Lebens darf sie sich nur auf ein «es steht geschrieben» stützen.

Aus Matthäus 18,17-20 ersehen wir ferner, dass der Herr der Versammlung – nicht etwa den Ältesten oder einzelnen Brüdern – Autorität gegeben hat zur Ausübung der Zucht. Was sie bindet oder löst wird auch im Himmel gebunden oder gelöst sein. Auf diesen Gegenstand werden wir im Zusammenhang mit den Fragen der Zucht näher eingehen.

In unserem Thema «Die örtliche Versammlung», das wir das letzte Mal begonnen haben, kommen wir nun zu der Frage: Welchen Zwecken sollen die Zusammenkünfte der Gläubigen dienen? Die Antwort finden wir am Anfang der Apostelgeschichte, wo das Gemeinschaftsleben der ersten Christen beschrieben wird. Wir lesen dort von der jungen, durch den Heiligen Geist gebildeten Versammlung Gottes in Jerusalem: «Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten.»

Da das Wort Gottes und insbesondere die «Lehre der Apostel», wie wir sie in den Schriften des Neuen Testamentes finden, die geistliche Nahrung und die Grundlage der praktischen Gemeinschaft der Gläubigen bildet, ist es nötig, dass das Wort immer und immer wieder verkündigt, erklärt und gemeinsam betrachtet wird. Dabei gelangen die geistlichen Gaben, die der Herr Seiner Versammlung zur Auferbauung gegeben hat, zur Ausübung. Sodann kommen den Zusammenkünften zum Brechen des Brotes und zu gemeinsamen Gebeten überragende Bedeutung zu, und der Herr selbst fordert die Seinen auf, darin zu verharren.

Das Wort Gottes enthält mit Ausnahme von 1. Kor. 14,26-40 keine ins Einzelne gehende Anweisungen über den Ablauf aller dieser Zusammenkünfte. Der Herr selbst und der Heilige Geist sind ja als Leiter in der Mitte derer, die zum Namen Jesu hin versammelt sind. Starre Formen ertöten das geistliche Leben, das sich unter ihnen entfalten soll.

Wenn wir uns nun den einzelnen Zusammenkünften zuwenden, so wollen wir aber mit Eifer nach den grundsätzlichen Belehrungen des Wortes Gottes forschen, die darauf Bezug haben.

Zusammenkunft zum Brechen des Brotes

1. Zweck – Welches ist der Sinn und Zweck dieses Zusammenkommens, das in den Zeiten der Apostel wohl eine der Hauptzusammenkünfte war?

Der 1. Brief an die Korinther gibt uns im Besonderen darüber Aufschluss. Denn vielen von diesen Gläubigen war die Bedeutung des Brotbrechens nicht mehr klar. Sie betrachteten es als ein «gemeinsames Essen», bei dem aber nicht einmal das einfache Gebot der Liebe beachtet wurde: Die einen wurden trunken und andere blieben dabei hungrig. Diesen Umstand benützte der Heilige Geist, um uns durch den Apostel verschiedene Belehrungen zu geben. Nein, sagt er, wenn ihr es so macht, «so ist das nicht des Herrn Mahl essen… Habt ihr nicht Häuser, um zu essen und zu trinken?» Dann nimmt er Bezug auf die Einsetzung des «Abendmahles» durch den Herrn selbst. Nicht nur die Zwölfe hatten es gesehen, auch Paulus wurde von Ihm selbst darüber unterrichtet, «dass der Herr Jesus in der Nacht, in welcher er überliefert wurde, Brot nahm, und als er gedankt hatte, es brach und sprach: Dies ist mein Leib, der für euch ist; dies tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahle und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blute; dies tut, so oft ihr trinket zu meinem Gedächtnis. Denn so oft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündiget ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.»

Aus diesen Worten geht hervor, dass das Brot und der Kelch mit Wein, die des Herrn Mahl ausmachen, Bilder oder Symbole sind von dem Leibe des Herrn, der am Kreuze für uns dahingegeben worden und von dem Blute des Herrn, das für uns geflossen ist. Sie sollen uns an die Person unseres Herrn und an Sein für uns vollbrachtes Werk erinnern. Lesen wir doch in Verbindung mit der Feier des Mahles des Herrn dreimal das Wort Jesu: «Dies tut zu meinem Gedächtnis». Die Gläubigen, die «das Brot essen und den Kelch trinken», verkündigen überdies in der Sprache dieser Zeichen immer wieder den Tod des Herrn als die alleinige Grundlage für die Errettung von Sündern.

Wenn Er von dem Brote sagte: «Dies ist mein Leib» und von dem Kelche: «dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blute», so dürfen wir dabei also unmöglich an eine geheimnisvolle Verwandlung dieser Speise, die der Bäcker herstellt, und dieses Trankes, der von den Reben kommt, in den Leib und in das Blut des Herrn denken. In großen Teilen der Christenheit wird solches gelehrt und man behauptet dabei, durch den Genuß dieser Dinge werde der Christ passender für den Himmel, indem er dadurch Sündenvergebung empfange. – Das sind Irrlehren, die von der Heiligen Schrift in keiner Weise gestützt werden.

«Dies tut zu meinem Gedächtnis!» ruft der Herr Seinen Jüngern, den Erlösten allen zu. Gehorchst du Seinem Gebot, gläubiger Freund?

2. Wie oft soll des Herrn Mahl gefeiert werden? – Wir finden hierüber im Worte keine direkten Anweisungen. Aus Apostelgeschichte 2,46 geht aber hervor, dass die Gläubigen in Jerusalem zuerst täglich das Brot brachen. In den Versammlungen, die später gebildet wurden, scheint es aber die Gewohnheit gewesen zu sein, an jedem ersten Tage der Woche zum Brechen des Brotes zusammenzukommen. Der Herr selbst erwartet, dass es oft geschehe, und die Christen jener Tage hatten in der Frische ihrer ersten Liebe die dauernde Gewohnheit, das Brot zu brechen, in liebender Erinnerung an ihren Herrn. Sie waren mit dem Heiligen Geiste erfüllt, so dass Christus immer vor ihren Herzen stand, Es drängte sie daher, dieses Fest entsprechend Seinem ausdrücklichen Wunsche nicht nur ein paar Mal pro Jahr oder einmal im Monat, sondern oft zu feiern. Sollten die Gläubigen unserer Tage hierin zurückstehen? Wir werden ja aufgefordert, den Tod des Herrn zu verkündigen bis Er kommt!

3. Wie man des Herrn Mahl feiern soll – Die Tatsache, dass der Herr es nicht stillschweigend hinnehmen kann, wenn Gläubige in unwürdiger Weise an Seinem Mahle teilnehmen, zeigt uns eindrücklich, welche Bedeutung Er selbst dem Zusammenkommen zum Brechen des Brotes beimisst. Wer unter den Seinigen das Brot und den Kelch gedankenlos und leichtfertig entgegennimmt, wie wenn er an einem gewöhnlichen Mahle säße, oder wer meint, durch das Essen und Trinken einen schlechten, ungerichteten Herzenszustand mit des Herrn Mahl in Verbindung bringen zu dürfen, den betrachtet Er als einen, der Seines Leibes und Blutes schuldig ist!

Diese Gedanken des Herrn sind für uns ausschlaggebend. Es ist des Herrn Mahl. Paulus hat die Anweisungen dazu vom Herrn empfangen, und wer sie  missachtet, hat es mit dem Herrn selbst zu tun.

Unser Herzenszustand der Wochentage begleitet uns in den Sonntag hinein. Waren wir durch die Gnade des Herrn bestrebt, würdig des Evangeliums des Christus, würdig unserer Berufung, würdig des Herrn und würdig des Gottes, der uns zu Seinem eigenen Reiche und zu Seiner eigenen Herrlichkeit beruft, zu wandeln, so werden wir auch am Brechen des Brotes in würdiger Weise teilnehmen. – Wenn uns aber jeden Tag Weltförmigkeit, ein Haschen nach der Lust des Fleisches, nach der Lust der Augen und ein Wandel im Hochmut des Lebens kennzeichnet, so werden wir auch am Tisch des Herrn im gleichen, unwürdigen Zustand zugegen sein. Unsere Gedanken kehren sich immer wieder den Dingen zu, die während der Woche unser Herz erfüllten. Der Herr selbst beurteilt uns. Verharren wir trotz Seiner Mahnungen in einem solchen unwürdigen Zustand, wird Er vielleicht wie bei den Korinthern mit Gericht einschreiten müssen. «Denn wer unwürdiglich isst und trinkt, isst und trinkt sich selbst Gericht, indem er den Leib nicht unterscheidet. Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil entschlafen.»

«Jeder prüfe sich selbst». Wir ersehen aus den obigen Worten, wie wichtig es ist, dass wir täglich in steter Wachsamkeit und im Selbstgericht vorangehen. Dass doch solche Übungen zu unserer Lebensgewohnheit würden! Zu einem glücklichen Christenleben sind sie unumgänglich notwendig.

«Also esse er». Liegt hierin nicht eine große Ermunterung? Wenn unser Gewissen belastet ist, so will der Herr nicht, dass wir uns vom Brotbrechen zurückhalten, sondern dass wir unsere Sünden Gott und, wenn nötig, auch den Menschen bekennen. Er ist treu und gerecht, dass Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit. Dann dürfen wir herzunahen und das Gedächtnis unseres Herrn in Aufrichtigkeit und in einer Ihm würdigen Weise feiern.

Ich bin unwürdig! – Angesichts der Heiligkeit des Mahles des Herrn könnte jemand auf den unrichtigen Gedanken kommen, er werde sich nie würdig fühlen, daran teilzunehmen. In 1. Korinther 11 wird aber nicht gesagt, viele der Korinther seien als Personen unwürdig gewesen. Das wird nur von ihrem Zustand und von der Art und Weise gesagt, in der sie gegessen und getrunken haben. Wer von uns wäre von sich aus würdig zur Teilnahme am Mahle des Herrn, wenn uns nicht Christus in unserem verlorenen Zustande begegnet wäre, uns durch Sein Blut gewaschen und uns passend gemacht hätte für Seine Gegenwart?

4. Der Tisch des Herrn – Bis dahin haben wir uns auf Grund von 1. Korinther, Kapitel 11 hauptsächlich mit des Herrn Mahl beschäftigt. Nun aber wenden wir uns dem 10. Kapitel zu, das des Herrn Tisch und die damit verbundenen Wahrheiten vor uns hinstellt.

Worin besteht der Unterschied zwischen diesen beiden Dingen? Wir wollen es anhand eines Bildes klarzumachen suchen: Ein Mann hat zum Abendessen Freunde eingeladen. Vor ihnen steht nun das Mahl des Hausherrn. Jeder der Geladenen genießt davon und wird sich dabei vielleicht über den Gastgeber Gedanken machen, über seine Einfachheit oder seinen Reichtum, seine Gewohnheiten, seine Aufmerksamkeit usw. Sein Mahl verrät das alles. – Die Freunde sitzen dabei aber auch am Tisch des Hausherrn. Jeder, der von seinem Mahl genießt, gehört jetzt zu seiner Tischgemeinschaft. Ist er ein rechtschaffener und geachteter Mann, wird er daher nicht Leute mit umstürzlerischen Ideen oder mit unmoralischem Lebenswandel an seinen Tisch geladen haben, sonst würde ja sein guter Name mit diesen Dingen in Verbindung gebracht und dadurch verunehrt. – Diese Tischgemeinschaft ist zudem aber auch der Ausdruck der Verbundenheit der Geladenen. Jeder steht in Beziehung zum Hausherrn und seinen Interessen und genießt von den Speisen, die auf seinem Tische sind.

Jetzt verstehen wir vielleicht etwas besser, was 1. Korinther 10,14-22 uns sagen will, obwohl die Bedeutung dieser Stelle weit über unser schwaches Bild hinausgeht: Das Mahl und der Tisch des Herrn sind zwei ganz verschiedene Seiten ein und derselben Sache. Das Mahl des Herrn dient, wie wir gesehen haben, sowohl zum Gedächtnis als auch zur Verkündigung der Liebe und des Werkes des Herrn in Seinem Tode. Der Tisch des Herrn hingegen spricht von Gemeinschaft.

Die Symbole zum Gedächtnis in 1. Korinther 11 werden in 1. Korinther 10 als Symbole der Gemeinschaft betrachtet.

Wenn die Gläubigen an des Herrn Tisch den Kelch segnen und daraus trinken, so bekunden sie damit die Gemeinschaft mit dem Blute des Christus. Die Sühnung durch dieses Blut bildet die Grundlage ihrer Gemeinschaft mit Gott und untereinander. – Wenn sie an des Herrn Tisch das Brot brechen, so ist es nicht nur zur Erinnerung an den für sie gegebenen Leib des Herrn. Sie geben damit auch ihrer Gemeinschaft mit dem unsichtbaren Leibe des Christus Ausdruck, der aus allen wiedergeborenen Christen auf der Erde gebildet ist und Christum in der Herrlichkeit zum Haupte hat. «Denn ein Brot, ein Leib sind wir die Vielen, denn wir alle sind des einen Brotes teilhaftig.»

Somit ist des Herrn Tisch die öffentliche Darstellung der Einheit des Leibes Christi, der Ausdruck der Gemeinschaft, der völligen Vereinigung mit Ihm und Seinem Leibe, an welchem alle Erlösten teilhaben, wie die Glieder am menschlichen Körper. Bei des Herrn Tisch geht es also nicht um das Möbelstück, auf das der Kelch und das Brot hingestellt sind, sondern um den göttlichen Grundsatz, um den schriftgemäßen Boden, auf dem das Brot gebrochen werden soll.

Da mögen bei einigen Lesern Fragen auftauchen, die wir möglichst kurz und einfach zu beantworten suchen.

Kann der Christ das «Abendmahl» für «sich selbst» feiern? – Viele aufrichtige Gläubige in der Christenheit bejahen diese Frage. Sie «prüfen sich selbst» und gehen zum Abendmahl, wo sie in tiefer Ehrfurcht, für sich persönlich der Liebe des Herrn gedenken, die Ihn in die Leiden und in den Tod führte, um die Sünden des Einzelnen zu sühnen und ihn zu Gott zu bringen. Sie meinen, es sei nicht ihre Sache, sich zu vergewissern, dass an dem Orte, wo sie das Abendmahl nehmen, Zucht geübt wird und die Ungläubigen nicht zugelassen sind. Aber, ob sie es wissen oder nicht, das Mahl, das sie genießen, steht immer in Beziehung zu einem Tisch, zu einem Grundsatz der Gemeinschaft. Und sie sind daher vor dem Herrn verantwortlich zu prüfen, ob der Tisch, mit dem sie in Verbindung stehen, wirklich den Charakter des Tisches des Herrn trägt.

Wo ist heute des Herrn Tisch? – Die kurze grundsätzliche Antwort, die auf Grund des Wortes Gottes gegeben werden kann, lautet: Da, wo der Herr Jesus das alleinige Zentrum des Zusammenkommens ist. Wo mit Seinem heiligen Namen nicht Ungerechtigkeit und andere schriftwidrige Dinge in Verbindung gebracht werden. Wo zu diesem Zweck Zucht geübt wird. Wo die Autorität des Herrn anerkannt ist und nicht durch unabhängiges Handeln beiseite gesetzt wird. Wo man keine Kinder Gottes durch Mauern der Organisation oder des Sonderbekenntnisses von der Gemeinschaft ausschließt, sondern wo man alles zu meiden sucht, was der Wahrheit, dass alle Erlösten auf der Erde zu dem einen Leibe des Christus gehören, entgegensteht.

Wer darf an des Herrn Tisch am Brechen des Brotes teilnehmen? Jeder, der nach 1. Kor. 10,17 mitsprechen kann: «Ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen, denn wir sind alle des einen Brotes teilhaftig», also jeder aus Gott Geborene, der in Wandel und Lehre gesund ist und sich von allem absondert, was mit dem Grundsatz des Tisches des Herrn nicht übereinstimmt.

Da aber die örtliche Versammlung vom Herrn verantwortlich gemacht wird, dass sie nicht mit «Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit» Festfeier hält, sondern mit «ungesäuertem Brote der Lauterkeit und Wahrheit», so liegt es auf der Hand, dass die Person, die an des Herrn Tisch der Gemeinschaft Ausdruck geben möchte, von der örtlichen Versammlung geprüft werden muss, ob sie den durch das Wort gegebenen Voraussetzungen entspricht.

Bei der Zusammenkunft zum Brechen des Brotes stehen – wie wir das letzte Mal gesehen haben – vor den versammelten Gläubigen Symbole, die sie in eindringlicher Weise an die herrlichen Tatsachen der Liebe Gottes zu uns Menschen erinnern: an Seine unaussprechliche Gabe in Seinem Sohne, an das stellvertretende Opfer Jesu Christi, an die Dahingabe Seines Lebens, an Seinen Tod und Seine Auferstehung. Wie könnten diese Dinge die Herzen derer beschäftigen, die die Gegenstände dieser unvergleichlichen Liebe sind, ohne dass jubelnder Lobpreis, herzlicher Dank und ehrfurchtsvolle Anbetung daraus hervorströmten? So ist also die Zusammenkunft zum Brechen des Brotes gleichzeitig eine…

Stunde der gemeinsamen Anbetung

Als der Herr das «Abendmahl» einsetzte, «nahm Er Brot, dankte, brach und gab es ihnen». Auch Paulus spricht vom «Kelch der Segnung, den wir segnen», oder für den wir danken. Gewiss, die Gläubigen werden aufgefordert, «Gott stets ein Opfer des Lobes» darzubringen. Aber an des Herrn Tisch bietet sich ihnen die einzigartige Gelegenheit, dies gemeinsam zu tun. Welch ein Vorgeschmack des Himmels, wo die gemeinsame Anbetung die glückselige Hauptbeschäftigung aller Erlösten sein wird, ihr ewiger Gottesdienst!

Der Begriff «Gottesdienst»

Viele, die am Sonntag zur Kirche gehen, sagen: «Ich gehe zum Gottesdienst.» Sie meinen damit die von Gebeten und Liedern umrahmte Sonntagspredigt. Der ernst gesinnte Prediger wird beim Verkündigen des Wortes Gottes an Gläubige und Unbekehrte sich wohl bemühen, Gott aufs Beste zu dienen, aber sein Dienst ist menschenwärts gerichtet, und die Leute in den Bänken sind gekommen, um zu hören und zu holen.

Das ist an seinem Platz gewiss gut, und auch jeder Dienst, der in Abhängigkeit vom Herrn an den Seinen und an den Menschen überhaupt getan wird, ist Ihm wohlgefällig, sagt Er doch: «Wahrlich, ich sage euch, insofern ihr es einem der geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr es mir getan.» In der Stunde der gemeinsamen Anbetung aber dürfen wir vor Gott hintreten und Ihm etwas bringen. Das ist der vornehmste Gottesdienst, den Er von den Seinen erwartet, und dieser Dienst darf in keiner Weise geschmälert werden. Der Vater sucht solche, die Ihn, Seine Person, anbeten. Da geht es einmal nicht um unsere Bedürfnisse, Nöte und Erfahrungen. Diese Dinge dürfen sich nicht in die Anbetung, in die Loblieder und Danksagungen mischen. Nur die Person des Vaters und des Sohnes soll vor den Herzen der Anbeter stehen. Am Tische des Herrn erinnern wir uns daran, wie Gott sich in der Person des Sohnes und in Seinem Erlösungswerk so herrlich und wunderbar geoffenbart hat; und wahre Anbetung ist die Antwort an das Herz Gottes auf alle diese Dinge und Segnungen.

Wir «müssen in Geist und Wahrheit anbeten»

Nicht jeder Mensch ist ein Anbeter. Der Unbekehrte befindet sich noch in der Stellung eines Sünders. Er muss zuvor in das Licht Gottes kommen und Gott Seiner Offenbarung in Christo Jesu gemäß als den Heiligen erkennen. Erst wenn er sich in diesem Lichte verurteilt und durch den Glauben an Jesum gerechtfertigt worden ist, kann er die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. In diesem Geiste der Sohnschaft ruft er nun: Abba, Vater! und vermag mit denen, die einen gleich kostbaren Glauben mit ihm empfangen haben, mit Freimütigkeit in das Heiligtum, den eigentlichen Ort der Anbetung, einzutreten. Der Geist gibt dem Gläubigen die Gewissheit seiner Gotteskindschaft und leitet ihn in die ganze Wahrheit ein, wie sie uns in der Heiligen Schrift geoffenbart ist. Der Geist ist der Urheber der Gedanken und Zuneigungen, der Regungen der Liebe, des Lobes und der Anbetung in den Herzen der Gläubigen. Er lenkt sie immer wieder auf die herrlichen und wahren Tatsachen der Liebe des Vaters und des Sohnes hin. So ist also der Heilige Geist die Kraft der christlichen Anbetung und ohne Ihn vermag niemand, Gott eine Ihm wohlgefällige Anbetung darzubringen.

«Wir beten an und wissen was»

So konnten die Juden sagen, die im Gegensatz zu den Samaritern, wenigstens äußerlich dem wahren Gott dienten. Wieviel mehr noch trifft dies auf die Kinder Gottes zu, die nun auf dem Boden des Heiles Gottes stehen, «das aus den Juden» gekommen ist! Wahre christliche Anbetung setzt Verständnis der Dinge Gottes und Seines Heiles voraus, wie sie in Christo Jesu geoffenbart sind.

Im Alten Bunde bestand der Gottesdienst des Volkes hauptsächlich in der Befolgung der zeremoniellen Vorschriften des Gesetzes. Die Israeliten vermochten von der vorbildlichen Bedeutung der Dinge, die sie bedienten, nur wenig zu erfassen. Wir aber kennen nun Jesum, Sein vollbrachtes Werk, die durch Ihn ausgeführten Ratschlüsse Gottes und unsere Beziehungen zum Vater. Für uns sind alle jene Dinge Bilder tiefer Wahrheiten und eine reiche Fundgrube göttlicher Belehrung über das, was Gegenstand unserer Anbetung sein soll.

Denken wir nur an die Opfer in den ersten Kapiteln des 3. Buches Mose, die uns in bildlicher Weise die mannigfaltigen Seiten des Opfers Jesu Christi beschreiben! Sie zeigen uns, dass der christliche Anbeter in seinen Liedern und in der Danksagung vor allem Christum, in Seinen persönlichen Vortrefflichkeiten und in Seinem Werke, vor Gott hinbringen soll. Das ist für Ihn ein Opfer lieblichen Geruches. – Welch ein Vorrecht, in dieser Weise mit Gott selber Gemeinschaft zu haben über Seinen Sohn, im Bewusstsein der innigen Beziehungen zum Vater und zum Sohne, in denen wir stehen!

«Ihr seid ein heiliges Priestertum»

Noch ein Unterschied zwischen dem Judentum und dem Christentum sei hier erwähnt: Während im Alten Bunde nur die Männer aus dem Priestergeschlecht des Stammes Levi den Priesterdienst ausüben durften, gehört nun jeder, der ein lebendiger Stein am Hause Gottes ist, zum «heiligen Priestertum, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesum Christum.» Daraus folgt, dass die Gläubigen im Bewusstsein versammelt sein sollen, dass sie alle Priester sind, um Gott in der Abhängigkeit vom Heiligen Geiste Anbetung darzubringen. Er will jenachdem vielleicht drei oder sechs oder zehn Brüder benützen, um das in dieser Stunde Gott wohlgefällige Lob der versammelten Gläubigen zum Ausdruck zu bringen.

Im Zusammenhang mit den Opfern des Lobes wird in Hebräer 13,15.16 noch ein anderes Opfer in Verbindung gebracht:

«Des Wohltuns aber und des Mitteilens vergesset nicht, denn an solchen (geistlichen und materiellen) Opfern hat Gott Wohlgefallen.» Somit ist also die Stunde der Anbetung der geeignete Zeitpunkt, wo der Gläubige dieser Ermahnung nachkommen und durch materielle Gaben, sowohl «an den Bedürfnissen der Heiligen» («Wohltun»), als auch an den Bedürfnissen des Werkes des Herrn und Seiner Diener («Mitteilen») teilnehmen kann. Dieser Gedanke wird in der Anweisung des Apostels an die Korinther bestätigt: «An jedem ersten Wochentage lege ein jeder von euch bei sich zurück und sammle auf, jenachdem er Gedeihen hat.»

So lasst uns während der Woche uns «all des Guten freuen», das Gott vor unsern Herzen ausgebreitet hat, damit wir am Sonntag mit gefüllten Körben vor Ihn hintreten können und Er hoch erhoben werde!

Die Zusammenkunft zum Gebet

Keinem Kinde Gottes braucht man zu beweisen, dass es ohne das persönliche Gebet nicht auskommen kann. Wie der Neugeborene im Augenblick der Geburt zu schreien beginnt, so fängt der Gläubige am Tage seiner Wiedergeburt zu beten an. Dies ist eine der ersten Kundgebungen des neuen Lebens, das er nun besitzt. «Siehe, er betet!» sagte der Herr zu Ananias, um ihn zu überzeugen, dass Sein Werk der Gnade in Saulus von Tarsus eine Umwandlung her vorgebracht habe.

Das Gebetsleben des Christen darf keine Unterbrechung erfahren. Es ist ja der Ausdruck seiner Abhängigkeit von Gott und Seines Vertrauens zu Ihm. Wenn er sich zum Gebet zwingen muss, wenn sein Reden mit Gott selten, formell, trocken und inhaltlos wird, so sind das Krankheitssymptome seines inneren Lebens, denen er unverzüglich auf den Grund gehen sollte.

Bei unserem Herrn Jesus gab es nie solche Unterbrüche. Er war während Seines Lebens als Mensch auf der Erde «stets im Gebet». Wie hätte es auch anders sein können! Nie verließ Er den Boden der Abhängigkeit und des Gehorsams. Nie wankte Sein Vertrauen auf Gott, das Ihn «von Mutter Schoße an» charakterisierte. Sein ganzes Herz verblieb in vollkommener Gemeinschaft mit Gott und Seinen Gedanken, Interessen und Ratschlüssen. Weder die Welt, noch die Sünde vermochten von außen her in das makellose Heiligtum Seines Herzens einzudringen. – Ein solcher Herzenszustand machte Ihm das Beten zu einem Bedürfnis, zum Born des Friedens und der Freude, zum Vorgeschmack Seiner jetzigen Tätigkeit als Hoherpriester im Himmel. – Dass wir doch in diesem allem von Ihm lernten und zu treuen Betern würden, die die Interessen Gottes und das Werk des Herrn auf dem Herzen tragen! Wie lebendig würden dann unsere Gebets-Zusammenkünfte und wie groß wäre der Segen, der daraus hervorginge!

Eine kostbare Verheißung des Herrn für das gemeinsame Gebet

Im Zusammenhang mit Seinen Belehrungen über die «Versammlung», die nach Seiner Auferstehung gebildet werden sollte, sagte der Herr Jesus zu Seinen Jüngern: «Wenn zwei von euch auf der Erde überein kommen werden über irgend eine Sache, so wird sie ihnen werden von meinem Vater, der in den Himmeln ist.» Wie gibt doch diese Verheißung dem Gebet der örtlichen Versammlung und dem gemeinsamen Gebet überhaupt eine so große Bedeutung! Schon «das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel.» Aber der Herr selbst belehrt uns hier, dass das gemeinsame Gebet eine noch größere Wirkung hat. Er begründet diese Tatsache mit dem Wort: «Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.» Wie in den übrigen Zusammenkünften, so dürfen sich die Gläubigen auch während der Gebetsversammlung auf diese wunderbare Zusage stützen. Wenn der Herr selbst die Leitung dieser Versammlung übernimmt und der Heilige Geist in den Herzen aller Anwesenden ungehindert wirken kann, wie gottgemäß werden dann ihre Bitten sein und wie viele Gebetserhörungen wird Er ihnen schenken! Sollte es da möglich sein, dass ein Christ aus nichtigen Gründen dieser Zusammenkunft fernbleiben könnte? Wäre das nicht ein Beweis seines schlechten inneren Zustandes?

Es mag nützlich sein, hier ganz kurz die positiven und negativen Punkte aufzuzählen, die bei den Gebets-Versammlungen beachtet oder gemieden werden sollen:

Einmütigkeit: Wie wir sahen, macht der Herr Seine Verheißung davon abhängig, dass die, welche zusammen beten, «übereingekommen», also einmütig sind in ihren Bitten. Irgendwelche Spannungen, oder Uneinigkeiten und Meinungsverschiedenheiten unter den Geschwistern würden nicht nur den Heiligen Geist betrüben, sondern auch das Mitbeten und die Erhörung in Frage stellen. Die Gläubigen in Jerusalem «verharrten einmütig im Gebet» und «erhoben einmütig ihre Stimme zu Gott»; denn sie waren ja auch sonst «ein Herz und eine Seele» (Apostelg. 1,14; 4,24; 4,32).

Bestimmte Bitten: Auf den Wunsch Seines Jüngers: «Herr, lehre uns beten!» gab Er ihnen unter anderem das Beispiel von dem «unverschämten» Nachbarn. Dieser kam mit der deutlichen Bitte: «Freund, leihe mir drei Brote!» Nun wussten beide, um was es ging. Und auf seine bestimmte Bitte folgte auch eine genaue Antwort. – Wenn wir uns von den Knien erheben, sollten wir wissen, welche Bitten wir Gott vorgelegt haben und worauf wir Antwort erwarten dürfen.

Im Glauben bitten: Was Jakobus dem Einzelnen sagt, gilt auch den zum Gebet versammelten Gläubigen: «Er bitte aber im Glauben, ohne irgend zu zweifeln; denn der Zweifelnde … denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde.»

Mit Ausharren bitten: Jesus erzählte Seinen Jüngern ein Gleichnis dafür, dass sie allezeit beten und nicht ermatten sollten. Wir sollen es machen wie jene Witwe, die beharrlich mit derselben bestimmten Bitte zum ungerechten Richter kam, bis sie Erhörung fand.

Kurze Gebete: In der Zusammenkunft zum Gebet sollte der Einzelne nur kurze Bitten aussprechen, damit möglichst viele ihre Anliegen vorbringen können.

Alle sollten sich dabei bewusst bleiben, dass sie sich vor Gott befinden und ihrer Worte seien daher «wenige». Wortbetrachtungen auf den Knien sind fehl am Platze, so gut wie die in die Gebete eingewobenen Ermahnungen, die man eigentlich an die Adresse der übrigen Beter richten will.

Die Zusammenkunft als Versammlung zur Auferbauung und Verkündigung des Wortes Gottes

In früheren Kapiteln sahen wir, dass die Auferbauung des Leibes Christi durch die Aufnahme geistlicher Nahrung, wie sie uns im Worte Gottes gegeben ist, geschieht. Wir erinnerten uns daran, dass der Herr Seiner Versammlung zum Dienst des Wortes Gottes Gaben gegeben hat, die Er sich selbst zu ihrer besonderen Aufgabe heranbildet. Der Heiligen Schrift konnten wir entnehmen, dass der Herr die Kinder Gottes an den verschiedenen Orten zu Seinem Namen hin versammeln und die örtlichen Zusammenkünfte durch den Heiligen Geist selber leiten will. Wir wollen versuchen zu skizzieren, wie eine Zusammenkunft zur Auferbauung, die nicht von einem Menschen geleitet wird, praktisch durchgeführt werden soll.

Die Gläubigen finden sich im Bewusstsein zusammen: der Herr ist da! In Bezug auf den Dienst wurde nichts vereinbart, denn sonst wäre es kein Zusammenkommen «als Versammlung». Keiner erscheint mit einem präparierten Vortrag. Auch das Thema steht nicht fest. Aber die Herzen der Brüder sind gleichwohl nicht leer. – Jeder, der in Treue vorangeht, wird ja für sich persönlich das Wort verwirklicht haben: «Lasset das Wort des Christus reichlich in euch wohnen.» Er wird die Bibel fleißig gelesen und studiert haben, so oft er dafür Zeit erübrigen konnte. So hat sich in seinem Herzen ein Schatz an Erkenntnis der Dinge Gottes, an «Neuem und Altem» angesammelt. – Wenn sie jetzt beisammen sind, so hat daher ein jeder, der so gewandelt hat, «einen Psalm, eine Lehre». Jeder wartet auf die Leitung des Geistes und handelt, wenn er den Eindruck hat: Er will es! Dabei weist ihn vielleicht das Lied am Anfang oder das Eingangsgebet auf einen bestimmten Schriftabschnitt hin. Vielleicht hat ihm aber der Herr schon vor längerer Zeit etwas Besonderes aufs Herz gelegt und gibt ihm jetzt Freimütigkeit zum Dienst des Wortes.

Den Korinthern, die reich gesegnet waren an Gaben, schrieb der Apostel: «Propheten aber lasst zwei oder drei reden.» Auch heute mag es vorkommen, dass der erste Bruder nur ein kurzes Wort auszurichten hat, und dass ein anderer in der Abhängigkeit vom Herrn noch einige Gedanken beifügen muss. Alle aber sind darauf bedacht, dass «alles geschehe zur Erbauung, … anständig und in Ordnung.»

Der natürliche Mensch mag einen ausgefeilten und glänzend aufgebauten Vortrag dieser schlichten Weise der Wortverkündigung vorziehen. Der geistlich gesinnte Gläubige aber freut sich, den Weisungen der Heiligen Schrift entsprechend, mit andern Christen zum Herrn hin versammelt sein zu dürfen und alle Darreichungen des Wortes im Glauben von Ihm zu erwarten, durch die Kanäle und Gaben, die Er der Versammlung gegeben hat. «Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen.»

Zusammenkünfte zur gemeinsamen Wortbetrachtung

Zusammenkünfte, bei denen gewisse Teile der Bibel fortlaufend und gemeinsam betrachtet werden, sind zur Unterweisung in der Lehre des Wortes Gottes sehr nützlich. Besonders auch deshalb, weil dabei alle Abschnitte eines Kapitels oder eines Buches betrachtet und wichtige Gegenstände wie «Ehe», «Zucht» usw. berührt werden, die sonst vielleicht nie öffentlich beleuchtet und erklärt würden.

Gemeinsame Wortbetrachtungen regen auch das persönliche Schriftstudium an. An Orten, wo nur wenige Gläubige und vielleicht keine besonderen Gaben sind, ist dadurch allen Brüdern die Möglichkeit gegeben, in aller Einfachheit etwas zur Erbauung aller beizutragen.

Immerhin sei darauf aufmerksam gemacht, dass man an solch gemeinsamem Schriftstudium nicht starr festhalten sollte. Es kann die Zusammenkünfte «als Versammlung», wo der Herr durch einen von Ihm bestimmten Bruder ein auf den Zustand der Versammlung abgestimmtes Wort ausrichten lassen will, nicht ersetzen. Die Ausübung der Gaben, die Er Seiner ganzen Versammlung gegeben hat, sollte durch nichts behindert werden.

Nun haben wir aber noch nicht alle Arten von Zusammenkünften einer örtlichen Versammlung besprochen, wirst du sagen. Da sind doch noch die

Evangelisations-Versammlungen

Wenn wir hier an letzter Stelle darauf zu sprechen kommen, so deshalb, weil solche Versammlungen einen anderen Charakter tragen als die Zusammenkünfte, die wir bisher beleuchtet haben.

Beim Zusammenkommen zum Brechen des Brotes und zur Anbetung, bei der Gebetsversammlung und der Zusammenkunft zur Verkündigung des Wortes Gottes handelt es sich um ein Zusammenkommen «als Versammlung». Da hat – wie wir gesehen haben – nicht der Mensch die Leitung. Denn, wenn die Gläubigen zum Namen des Herrn Jesus hin versammelt sind, so ist Er selbst in ihrer Mitte, um durch den Heiligen Geist den ganzen Ablauf der Zusammenkunft zu leiten.

Dieselben Gläubigen sind aber auch für die Ausführung des großen Missionsbefehls, den der Herr Seinen Jüngern erteilt hat, verantwortlich: «Gehet hin in die ganze Welt und prediget das Evangelium der ganzen Schöpfung!» Als Einzelne – nicht «als Versammlung» – sollen sie hingehen, um den Kindern der Welt die gute Botschaft des Heils in Christo zu verkündigen. Bei der Ausübung dieses Dienstes werden Brüder, denen der Herr eine Evangelistengabe gegeben hat, allein oder mit gläubigen Helfern Evangelisations-Versammlungen abhalten. Diese Diener dürfen bei solchen Zusammenkünften alles vom Herrn erwarten. Seine Leitung und Seinen Segen, die Wirksamkeit des Heiligen Geistes in der Darreichung des Wortes und in seiner Anwendung auf Herz und Gewissen der Hörer, wie auch in der Errettung von Sündern. Sonst wäre ja der ganze Dienst nutzlos. Aber die Evangelisations-Versammlung trägt gleichwohl nicht die Merkmale eines Zusammenkommens «als Versammlung». Erstens handeln die Diener in persönlicher Verantwortung dem Herrn gegenüber. Möglicherweise zeigt Er ihnen z.B. schon vor diesen Versammlungen, welche Schriftabschnitte oder Themata sie wählen, ob und welche Lieder gesungen werden sollen, usw. Zweitens ist an dem Ort, wo der Evangelist zur Verkündigung der guten Botschaft hingeführt wird, vielleicht noch gar keine örtliche Versammlung im Sinne des Wortes Gottes, so dass auch deshalb der Grundsatz von Matthäus 18,20 hier nicht angewendet werden kann.

Als Illustration zu diesen Feststellungen seien Beispiele aus der Apostelgeschichte erwähnt: Petrus und Johannes gingen mit dem geheilten Lahmen in den Tempel. Ganz offensichtlich waren sie in allem vom Herrn geleitet. Durch das Wunder angelockt, lief das Volk voll Erstaunen zusammen in der Säulenhalle. Da benützte Petrus diese vom Herrn gegebene Gelegenheit, um den Juden in der Kraft des Heiligen Geistes und in aller Deutlichkeit Buße und Vergebung der Sünden durch Jesum Christum zu verkündigen, mit dem Resultat, dass viele Hunderte von Männern gläubig wurden. – Das war eine der ersten «Evangelisations-Versammlungen». Sie wurde nicht im Schoße der Versammlung zu Jerusalem abgehalten, deren Zusammenkünfte zum Brechen des Brotes und zum Gebet in den Häusern stattfanden, sondern draußen im Tempel, das heißt da, wo die Menschen zu finden waren. Und es wird nicht gesagt, ob unter den Zuhörern überhaupt noch andere Gläubige anwesend waren.

Als später Paulus und seine Begleiter verschiedene Missionsreisen unternahmen und dabei viele Städte Kleinasiens und Griechenlands besuchten, da fanden sie selbstverständlich nirgends Versammlungen von Gläubigen, in deren Mitte sie die gute Botschaft des Heils in Christo verkündigen konnten. Denn das Evangelium war ja unter den Nationen noch unbekannt. Sie predigten das Wort in den Synagogen, auf Straßen und Plätzen, und diese Menschenansammlungen waren gewiss kein zusammenkommen «als Versammlung».

Weshalb ist es denn so wichtig, den Unterschied zwischen den Zusammenkünften der Versammlung und den Evangelisations-Versammlungen hervorzuheben? Weil einerseits die Gläubigen versucht sein könnten, die Freiheit, die der Herr den Evangelisten zum Nutzen des Werkes eingeräumt hat, zu beschränken. Diese Neigung mag aus der heutigen Gewohnheit, die Evangelisation in den üblichen Lokalen abzuhalten, herrühren. Anderseits besteht aber auch die Gefahr, den Charakter der von einem Menschen geführten Evangelisationen auch den Zusammenkünften der Gläubigen aufzudrücken. Vor beidem müssen wir uns hüten.

Die örtlichen Versammlungen als Evangelisationszentren

Darf aus der Tatsache, dass nicht die Versammlung als solche es ist, die evangelisieren soll, der Schluss gezogen werden, dass das so überaus wichtige Werk der Evangelisation nur den Brüdern überlassen bleiben muss, die vom Herrn in besonderer Weise zu diesem Dienst berufen worden sind? Weit gefehlt! Das Wort belehrt uns durch schöne Beispiele, dass jede Versammlung eine Art Evangelisationszentrum sein sollte, von wo aus dieses Werk jede mögliche Unterstützung empfängt, durch mittragendes Gebet, materielle Unterstützung und praktische Hilfe. Überdies wird jeder Einzelne, der von der Liebe des Christus erfüllt ist, sich bemühen, die Menschen seiner Umgebung mit dem Evangelium in Verbindung zu bringen. Dass jede örtliche Versammlung auch in ihrem Lokal den Evangelisten, die an der Wahrheit festhalten, mit Freuden die Möglichkeit zur Verkündigung der guten Botschaft gibt, ist eine Selbstverständlichkeit. So hat jeder Gelegenheit, Freunde und Bekannte, um die er sich müht, einzuladen.

Auch bei den gewohnten Wortverkündigungen sollten sich die Brüder bewusst sein, dass sich unter den Zuhörern Unbekehrte und Kinder befinden mögen, die auf das Heil in Christo hingewiesen werden sollen.

Welche Versammlungen sind es denn, die das Wort Gottes als leuchtende Beispiele für den Eifer im Evangelium vor uns hinstellt?

1. Antiochien – Von dieser Versammlung haben Barnabas und Paulus die erste Missionsreise zu den Apg. 1 Nationen unternommen. Es begann damit, dass die dortigen Brüder «dienten und fasteten». Ihnen allen lag es am Herzen, dem Herrn ganz zur Verfügung zu stehen und hinsichtlich ihres Dienstes auf Seine Weisungen zu warten. Und als der Heilige Geist sprach: «Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werke aus, zu welchem ich sie berufen habe», da fasteten und beteten sie wiederum. Alle waren sich der Schwierigkeiten dieses Dienstes bewusst, der für die Beiden so unzählige Mühen und Gefahren mit sich bringen würde und befahlen sie der Gnade Gottes an zu dem Werke. Dann «legten sie ihnen die Hände auf» und sagten in dieser symbolischen Sprache gleichsam: Wir machen uns völlig eins mit euch in euerem Dienst und werden euch während der langen Monate euerer gefährlichen Reise mit ernster und ausdauernder Fürbitte begleiten, damit der Herr euch leite und bewahre, euch eine Tür des Wortes auftue und aus euerer Arbeit reiche Frucht hervorgehen lasse.

Wie einst die Fürbitte Moses auf dem Gipfel des Hügels den Ausgang des Kampfes Israels mit Amalek bestimmte, so wird auch ohne Zweifel die anhaltende Fürbitte der Versammlung für den Erfolg des Dienstes der beiden Diener, die in das Reich finsteren Heidentums vordrangen, ein mächtiger Faktor gewesen sein!

Als dann Paulus und Barnabas von dem Werke, das sie erfüllt hatten, zurückkehrten, brachten sie die Versammlung zusammen und erzählten alles, was Gott mit ihnen getan, und dass er den Nationen eine Tür des Glaubens aufgetan habe. (Siehe auch Kap. 18,22.23). Welche Teilnahme am Evangelium von Seiten der ganzen Versammlung, von Anfang bis zum Ende!

2. Philippi – Auch den Heiligen in Philippi lag die Sache des Evangeliums am Herzen. Paulus konnte wegen «ihrer Teilnahme an dem Evangelium vom ersten Tage an bis jetzt» mit Freuden für sie alle danken und beten. Wie sich diese Teilnahme schon am ersten Tage auswirkte, sehen wir in Apostelgeschichte 16:
Kaum hatte Lydia, die Purpurkrämerin, das von Paulus geredete Wort in ihr Herz aufgenommen, kaum war sie errettet, nahm sie schon Paulus und seine Begleiter, die Boten des Evangeliums, in ihr Haus auf. Das war ein wichtiger und damals auch gefährlicher Dienst, den sie auf sich nahm. Er verursachte der Schwester manche Mühe, aber um des Herrn willen nahm sie alles gerne auf sich. «Sie nötigte uns.»

Beim Kerkermeister sehen wir etwas Ähnliches. «In jener Stunde der Nacht», in der die Gnade Gottes diesen brutalen Menschen mittelst des Glaubens umgewandelt hatte, nahm er Paulus und Silas zu sich und wusch ihnen die Striemen ab, die ihnen der treue Dienst des Evangeliums eingebracht hatte. Dann setzte er ihnen einen Tisch vor und frohlockte, an Gott gläubig geworden mit seinem ganzen Hause. Auch als Paulus weiterzog, behielten sie ihn «im Herzen». Später, als er in Bande gelegt wurde, erflehten sie Gnade für ihn und machten seine «Verantwortung und Bestätigung des Evangeliums» zu ihrer eigenen Angelegenheit.

Ihr Interesse für das Werk des Evangeliums zeigte sich auch in den materiellen Opfern, die sie darbrachten: Als Paulus in Thessalonich war, hatten sie ihm «ein- und zweimal» für seine Notdurft gesandt. Sie gehörten zu den Versammlungen Macedoniens, deren tiefe Armut in den Reichtum ihrer Freigebigkeit übergeströmt ist.

Man darf annehmen, dass Paulus‘ erster Besuch in Philippi im Jahre 53 n. Chr. stattfand. Diesen Brief aber schrieb er ihnen aus seiner ersten Gefangenschaft, also vermutlich im Jahre 64 n. Chr. Während all diesen Jahren, «von dem ersten Tage an bis jetzt», hatte ihre Teilnahme an dem Evangelium angehalten, trotz der Leiden, die sie dabei zu erdulden hatten!

3. Thessalonich – In Gottes Wort wird der Versammlung der Thessalonicher das schöne Zeugnis gegeben: «Von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen, nicht allein in Macedonien und Achaja, sondern an jedem Orte ist euer Glaube an Gott ausgebreitet worden.»

Diese Versammlung war wie ein Brückenkopf des Lichtes im weiten Reiche der Finsternis. Ihr Leben spielte sich nicht nur innerhalb der vier Wände eines Versammlungsraumes ab. Ihre Werke des Glaubens waren nach außen hin sichtbar. Ihre Bemühungen der Liebe galten nicht nur den Gläubigen, die Liebe des Christus drängte sie, das Wort vom Herrn und Seinem Erlösungswerk in ganz Macedonien und Achaja bekanntzumachen. Auch sprach es sich dort überall herum, wie sie sich von den Götzenbildern zu Gott bekehrt hatten, dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und Seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten.

Wie sollte das Beispiel dieser Versammlungen doch auch in unsern Tagen die Gläubigen jeden Ortes anspornen, an dem Werke des Evangeliums warmen Anteil zu nehmen und sich einszumachen mit allen, die der Herr benützt, um Sein Wort hinauszutragen zu denen, die noch «in Finsternis und Elend sitzen»!

Heutige Methoden der Evangeliumsverkündigung

Im Hinblick auf die große Gleichgültigkeit gegenüber der alten, aber herrlichen Botschaft des Heils in Christo, die sich in den christlichen Ländern immer mehr ausbreitet, sind seitens vieler, die ihr zum Durchbruch verhelfen möchten, neue Wege der Verkündigung betreten worden.

Sie versuchen, die Botschaft selber «mundgerecht» zu machen, indem sie gewisse unangenehme Elemente des Evangeliums – das völlige Verderben des Sünders, die Unmöglichkeit der Selbsterlösung, die Notwendigkeit gründlicher Buße und Sinnesänderung, der Hinweis auf das kommende Gericht, das Blut Jesu als einzige Grundlage des Heils usw., verschweigen oder wenigstens nur am Rande erwähnen. Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, dass eine Verwässerung des Evangeliums einer Entkräftung, ja, sogar einer Veränderung der göttlichen Botschaft gleichkommt, die in dieser Form ihre Wirkung verfehlen und sogar auf Irrwege führen muss.

Oder man sucht einer schriftgemäßen Verkündigung Dinge hinzuzufügen, die dem natürlichen Menschen angenehm erscheinen, um auf diese Weise möglichst viele dieser Gleichgültigen anzulocken und für die Aufnahme des unbequemen Evangeliums empfänglich zu machen. Ohne hier auf nähere Einzelheiten eingehen zu wollen, sei dabei aber an den göttlichen Grundsatz erinnert, dass «geistliche Dinge» durch «geistliche Mittel» mitgeteilt werden sollen. «Der natürliche Mensch nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.» Natürliche Mittel vermögen den Menschen wohl «in Stimmung» zu versetzen und ihn sogar «religiös» zu machen. Die Errettung und die Wiedergeburt eines Menschen jedoch sind die Ergebnisse der Wirksamkeit des Heiligen Geistes durch das Wort Gottes, auf Grund des Werkes Christi.

Anstatt uns von solchen Methoden und den dabei erzielten hohen Erfolgsziffern imponieren zu lassen, sollten wir uns vielmehr auf das besinnen, was nach Gottes Gedanken der Verkündigung Kraft verleiht: Die ungebrochene Kraft des göttlichen Wortes der Wahrheit, die Kraft des Heiligen Geistes, der zum Dienst des Wortes Gaben verleiht, und die Kraft der persönlichen und gemeinsamen Fürbitte. «Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr der Heerscharen.»

Freie Evangelisten

Eine weitere Erscheinung unserer heutigen Tage sind die sogenannten «freien» Evangelisten. Sie behaupten, sie seien «nirgends angeschlossen» und fühlen sich in bezug auf ihren Dienst ganz unabhängig. Sie sehen darin größere Freiheit und Beweglichkeit für ihre evangelistische Tätigkeit und haben diese zu einem Evangelisationswerk ausgebaut, in welchem sie selbst die Führung haben. Nicht nur schließen sich die Neubekehrten diesem Werk an; auch andere Gläubige glauben hier größere Freiheit zu finden als in der zu Unrecht als «eng» empfundenen Ordnung des Hauses Gottes, zu der uns Sein Wort anleitet.

Da müssen wir uns aber doch fragen: Kann es Gott wohlgefällig sein, wenn solche Glieder des Leibes Christi, die als lebendige Steine dem Hause Gottes hinzugefügt worden sind, sich der Ordnung dieses Hauses wie einer Zwangsjacke entledigen, um dadurch der Sache des Evangeliums scheinbar besser dienen zu können? Die menschliche Vernunft mag mit «ja» antworten. Der Glaube aber sagt «nie und nimmer» Er weiß, dass auch in der Evangeliumsverkündigung der Segen Gottes vor allem auf dem Pfade des Gehorsams und der Abhängigkeit von Ihm gefunden wird, mag das Werk, das auf diesem Wege zu tun möglich ist, nach außen hin noch so gering und unbedeutend erscheinen.

Den ganzen Ratschluss Gottes verkündigen

Der Apostel Paulus, der große Evangelist, durch dessen Dienst ungezählte Menschen in den Städten der damaligen Welt zum Glauben gekommen sind, verkündigte ihnen nicht nur einige wenige Wahrheiten, die den Anfang des Heilsweges betreffen. Er fühlte sich darüber hinaus tief verantwortlich, sie alles «was nützlich ist» zu lehren, und er hat nicht zurückgehalten, ihnen den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündigen. Seine Briefe an die verschiedenen Versammlungen sind ein weiteres Zeugnis dafür. – Wenn auch die heutigen Evangelisten nicht die Lehrgabe eines Paulus besitzen, so sollten sie doch den Willen Gottes vor Augen haben und die Hand dazu bieten, dass die Neubekehrten in die ganze Wahrheit eingeführt werden. Dazu gehört nicht nur die persönliche Heilsgewissheit, die Lehre über die Befreiung, über das Kommen des Herrn usw., sondern auch die großen Wahrheiten der Versammlung Gottes, zu der sie nun gehören. Ein jeder muss wissen, wie man sich im Hause Gottes verhalten soll.

Im Gesetz Mose wurden jene Tiere in den Meeren und in den Flüssen für rein erklärt, die «Floßfedern und Schuppen» hatten. Mit Hilfe der Floßfedern vermögen die Fische im Wasser die passende Haltung einzunehmen und gegen die Strömung zu schwimmen. Die Schuppen hingegen sind für sie ein panzerartiger Schutz vor den Gefahren des sie umgebenden Elementes.

Die Welt mit ihren Ideen und Grundsätzen, ihren Zielen und ihren Freuden, ist für alle, die dem Herrn Jesus nachfolgen, ein fremdes und gefährliches Element geworden. Der Herr selbst bestätigt es: «Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich nicht von der Welt bin.» Wer nicht mit Glaubensenergie dem von der Welt verworfenen Herrn nachfolgt und nicht von ganzem Herzen prüft, «was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist», wird von der starken Strömung in der Welt mitfortgerissen und gerät immer mehr unter ihren verderblichen Einfluss. Die Welt darf in unserem Abwehrpanzer kein Loch finden, wo ihr schädliches Element eindringen kann.

Viele Spannungen zwischen Kindern und Eltern, zwischen jungen Geschwistern und älteren Brüdern rühren daher, weil die Jungen die Belehrungen des untrüglichen Wortes zu wenig beachten und ihren eigenen, neuzeitlichen Ideen, die angeblich nur Nebensächlichkeiten» betreffen, folgen wollen. Wenn jeder, der ein «Eigentum des Herrn» ist, darauf bedacht wäre, «die im Fleische noch übrige Zeit nicht mehr den Lüsten der Menschen, sondern dem Willen Gottes zu leben», so würde sich jung und alt voll verstehen. Viele Auffassungen der Alten, die engherzig und kleinlich schienen, würden sich dann als Anweisungen des Wortes erweisen, die dem Herzen Gottes selbst entspringen.

Ein besonders deutliches Beispiel einer solchen Strömung ist die in der Welt seit Jahrzehnten sich immer mehr ausbreitende Frauenbewegung, die darum kämpft, dass der Frau in der menschlichen Gesellschaft die gleiche Stellung eingeräumt werde wie dem Mann. Diese Bewegung ist nicht etwa von den Heidenvölkern ausgegangen, wo die Frau als Sklavin des Mannes betrachtet und behandelt wurde, sondern hat sich besonders in unseren christlichen Ländern ausgebreitet, in denen das Christentum die Frau schon längst aus jener Sklaverei befreit hat. Der heutige Ruf nach Gleichberechtigung geht aber nicht vom Worte Gottes aus, wie wir sogleich sehen werden. Er entspringt einem menschlichen Gerechtigkeitsgefühl. Diese Bewegung ist eine weltliche Strömung, die für uns Kinder Gottes um so gefährlicher ist, je edler uns ihre Ziele erscheinen. Es mag daher nützlich sein, im Zusammenhang mit unserem Hauptthema die Frage aufzuwerfen:

Welchen Platz hat die Frau in der Versammlung Gottes?

Um zur richtigen Antwort zu gelangen, müssen wir uns zuvor klar werden, welchen Platz Gott dem Weibe in der Schöpfung gegeben hat, und welche Folgen ihr aus dem Sündenfall erwachsen sind.

Ihr Platz in der Schöpfung

Adam wurde zuerst erschaffen. Gott bildete ihn aus dem Staub des Erdbodens und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens. Er setzte ihn in den Garten Eden mit dem Auftrag, ihn zu bebauen und zu bewahren. Er gebot ihm aber auch, nicht von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen.

Nachdem der Mann eine zeitlang gelebt hatte und seiner Aufgabe nachgegangen war, sprach Gott: «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, seines Gleichen (oder ihm entsprechend).»

«Um des Mannes willen» also schuf Gott ein Wesen, das ihm in seiner von Gott gegebenen Aufgabe «eine Hilfe» sei, ihm entsprechen und ihn ergänzen sollte. Diese Eigenart der Frau kennzeichnete nicht nur Eva, das Weib Adams, sondern bleibt der Wesenszug aller Vertreterinnen ihres Geschlechts, solange diese Erde und ihre Naturgesetze bestehen. Darum hat auch der Apostel Paulus 4000 Jahre später durch den Heiligen Geist diese Tatsache als grundlegend für ihre Stellung dem Manne gegenüber bestätigt. Die Frau ist von kleinerer Statur und zarterem Bau und unterscheidet sich auch in ihrer Denk- und Empfindungsweise deutlich von dem Manne. Das allein schon dokumentiert, dass sie für einen andern Platz in dieser Welt geschaffen ist.

Eva wurde nicht unabhängig von Adam aus dem Erdboden gebildet, sondern «Gott baute aus der Rippe, die er von dem Menschen genommen hatte, ein Weib… Und der Mensch sprach: Diese ist einmal Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleische; diese soll Männin heißen, denn vom Manne ist diese genommen.» Dieser Schöpfungsakt bestätigt nicht nur die dem Manne untergeordnete Stellung der Frau. Er ist auch ein Bild für das wunderbare Verhältnis Christi zu Seiner Versammlung, das durch Seinen Tod zustande gekommen ist. Und dieses Verhältnis ist wiederum das gottgegebene Muster für die Beziehungen von Mann und Frau, die in die Ehe getreten sind. Die Beachtung der göttlichen Ordnung hindert den Mann nicht, sondern veranlasst ihn vielmehr, sein Weib «wie seinen eigenen Leib» zu lieben und es «wie sein eigenes Fleisch» zu nähren und zu pflegen.

Die Schöpfungsordnung hat der Frau die Möglichkeit gegeben, sich ihrem Wesen gemäß voll zu entfalten. Das Unglück kommt durch die Sünde, die uns veranlasst, die Gedanken Gottes zu missachten.

Die Folgen des Sündenfalles

Satan wusste wohl, dass Gott Sein Gebot betreffend den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen Adam gegeben hatte. Doch trat er, der sich im Lauf der Jahrtausende als ein so guter Kenner der menschlichen Schwächen ausgewiesen hat, als Versucher zu Eva, nicht zu Adam. Er begegnete ihr auf dem Boden der Gleichberechtigung, und prompt hat Eva ihren Platz der Abhängigkeit verlassen. Sie verhandelte mit dem Erzfeind in der für die Menschheit so verhängnisvollen Angelegenheit, als ob sie da zuständig gewesen wäre. Sie sagte zu ihm: «wir essen», usw. Die Katastrophe begann damit, dass sie in den Dingen, die die Beziehungen der Menschen mit Gott betrafen, die Führung übernahm.

Deshalb muss die Frau nicht nur an dem Fluche, den Gott gegenüber Adam über den Erdboden ausgesprochen hat, mittragen; darüber hinaus hat sie auch Folgen zu spüren, die nur ihr Geschlecht betreffen: «… Mit Schmerzen wirst du Kinder gebären; und nach deinem Manne wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen.» Gewiss, Adam hat mit sehenden Augen gesündigt, und seine Schuld war größer als die seines Weibes. Aber nicht er, sondern Eva ist betrogen worden, als sie in Unabhängigkeit handelte. Darum sprach Gott zu ihr: «Dein Mann wird über dich herrschen.» Mit andern Worten: Du sollst deinen Platz der Unterwürfigkeit nicht mehr verlassen.

Hat sich für uns Gläubige nicht alles geändert?

Viele Christen sind – wie die Gläubigen in Korinth – der Meinung: Weil alle Gläubigen in Christo vor Gott stehen, und in dieser Stellung vor Gott alle gleich sind, so sei jeder Unterschied hienieden schon unter uns aufgehoben und somit auch das Weib dem Manne völlig gleichgestellt. Der Apostel Paulus ist in seinen von Gott eingegebenen Schriften dieser irrigen Auffassung deutlich entgegengetreten. Solange wir in diesem Leibe sind, gilt auch für uns die von Gott eingesetzte Schöpfungsordnung. Und auch dem Fluch, der über die Schöpfung gekommen ist, können wir uns nicht entziehen. Erst, wenn die Brautgemeinde entrückt und das Tausendjährige Reich eingeführt ist, wird sich für diese Erde das Wort erfüllen: «Keinerlei Fluch wird mehr sein.»

Der gottgemäße Platz der Frau in der Versammlung Gottes auf der Erde ist in Übereinstimmung mit ihrem Platz in der Schöpfung und den Folgen des Sündenfalles.

Äußere Zeichen der göttlichen Rangordnung

Es besteht eine göttliche Rangordnung:

1. Des Weibes Haupt ist der Mann.
2. Das Haupt eines jeden Mannes ist Christus.
3. Das Haupt des zum Christus gesalbten Sohnes des Menschen ist Gott.

Die Menschen sollten diese Ordnung respektieren; aber bei den Weltkindern kommen alle Grundfesten der Wahrheit ins Wanken. Von den Gläubigen jedoch, die ihre Seelen durch den Gehorsam gegen die Wahrheit gereinigt haben, und inmitten dieses verdrehten und verkehrten Geschlechtes wie Lichter scheinen sollen, erwartet Gott umsomehr, dass sie diese Ordnung nicht nur in ihrem Herzen anerkennen, sondern auch durch sichtbare Zeichen äußerlich zur Schau tragen: «Jeder Mann, der betet oder weissagt, indem er etwas auf dem Haupte hat, entehrt sein Haupt». Der Bruder soll sich also bewusst sein, dass er nicht der gegenwärtigen freien Sitte wegen unbedeckten Hauptes vor Gott erscheinen kann, sondern aus einem ganz anderen Grunde: Wir haben uns daran erinnert, dass Mann und Weib in ihrem Verhältnis zueinander ein Bild von Christo und der Versammlung sind. Deshalb soll der Mann beim Beten oder Weissagen «sein Haupt nicht bedecken», weil er in diesem Bilde ja Christum darstellt, der als Haupt der Versammlung nicht unter einer Macht steht, sondern die Macht hat. Der Mann ist «Gottes Bild und Herrlichkeit» und würde Christus, sein Haupt, entehren, wenn er beim Beten oder Weissagen etwas auf dem Kopfe hätte. Christi Herrlichkeit soll gesehen und nicht bedeckt werden.

«Jedes Weib aber, das betet oder weissagt mit unbedecktem Haupte, entehrt ihr Haupt.» Sie würde dadurch leugnen, dass der Mann ihr Haupt und sie ihm unterworfen ist. Vielmehr soll sie dieses von Gott gewollte Verhältnis im Herzen anerkennen und durch das äußerliche Zeichen der Kopfbedeckung bekunden, dass sie – die Versammlung darstellend – dem Manne als ihrem Haupte unterworfen ist, also unter seiner Macht steht.

Ein zweites äusserliches Zeichen

In 1. Korinther 11 wird vorausgesetzt, dass die Frau langes Haar trage. Auch dieses Zeichen steht in enger Verbindung mit dem, was die Kopfbedeckung aussagen will, hat aber wieder eine andere geistliche Bedeutung.

Das lange Haar ist dem Weibe anstatt eines Schleiers gegeben. Hinter einem Schleier ist die Person, die ihn trägt, verborgen. Gleichzeitig ist dieser Schleier hier für die dahinter verborgene Person eine «Ehre», also eine Zierde, ein Schmuck. Was ist nun der wahre Schmuck des Weibes? In 1. Timotheus 2,9.10 heißt es hierüber: «Desgleichen auch, dass die Weiber in bescheidenem Äußeren, mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit sich schmücken…» Und in 1. Petr. 3,1-6: «Gleicherweise ihr Weiber, seid euren eigenen Männern unterwürfig, auf dass… sie… mögen gewonnen werden, indem sie euren in Furcht keuschen Wandel angeschaut haben; deren Schmuck sei nicht der auswendige… sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unverweslichen Schmuck des sanften und stillen Geistes… Denn also schmückten sich auch einst die heiligen Weiber… indem sie ihren eigenen Männern unterwürfig waren: wie Sarah dem Abraham gehorchte und ihn Herr nannte…»

Hier sehen wir einen Schmuck, hinter dem der innere Mensch des Herzens verborgen ist, wie der äußere Mensch hinter dem Schleier des langen Haares verborgen ist. Dieser in obigen Versen erwähnte moralische Schmuck wird durch den «verborgenen Menschen des Herzens» hervorgebracht und ist darum zugleich der Beweis seines Vorhandenseins und des darin wohnenden Lebens. Genau so ist es mit dem langen Haar in bezug auf den dahinter verborgenen Menschen. Das lange Haar ist also ein Bild von dem unverweslichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der sich gemäß den oben genannten Versen kundgibt. Wenn nun aber eine Frau oder Tochter nicht langes Haar trägt, so kommt das dem Bekenntnis gleich: «Mir fehlt der geistliche Schmuck!» Deshalb heißt es: «Denn wenn ein Weib nicht bedeckt ist» (also ihr Unterworfensein nicht anerkennt), «so werde ihr auch das Haar abgeschnitten». Wie sollte eine Schwester, die in der Stille vor dem Herrn über diese Dinge nachdenkt, sich nicht nach geistlichem Schmuck ausstrecken und sich nicht auch äußerlich dazu bekennen!

Um der Engel willen

«Aber warum beharrt denn Gott auf diesen äußerlichen Zeichen?» – so fragen wir, die wir solche Dinge so leicht als belanglose «Äußerlichkeiten» abtun. «Sieht Er denn nicht ins Herz?» Gottes Wort sagt: «um der Engel willen». Außer den Menschen sind die Engel in der Schöpfung die einzigen Wesen, die mit Einsicht und Verstand begabt sind. Wohl können sie den Ratschluss Gottes in bezug auf den Menschen, das wunderbare und herrliche Verhältnis der Erlösten zu Ihm, nicht verstehen, wie wir in 1. Petr. 1,12 lesen: «… In welche Dinge Engel hineinzuschauen begehren», weil es nicht ihnen, sondern «seinen Heiligen» geoffenbart ist. Aber sie kennen die Ordnung Gottes in Seiner Schöpfung. «Darum soll das Weib eine Macht auf dem Haupte haben, um der Engel willen.»

Dem einfachen Glauben genügt diese kurze Begründung des Wortes Gottes. Wer aber Mühe hat, sich unter Seine Anordnung zu beugen, möge sich prüfen, ob es bei ihm nicht etwa an der entsprechenden Gesinnung des Herzens fehle, die in diesen äußerlichen Zeichen zum Ausdruck kommen soll.

Die Frau soll nicht lehren

Wer dem bisher Gesagten aufmerksam gefolgt ist, wird verstehen, weshalb der Apostel durch den Heiligen Geist die Anweisung gab: «Ein Weib lerne in der Stille in aller Unterwürfigkeit. Ich erlaube aber einem Weibe nicht, zu lehren, noch über den Mann zu herrschen, sondern stille zu sein.» Und an anderer Stelle: «Eure Weiber sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern unterwürfig zu sein.» In seiner Begründung geht er auch wieder auf die Schöpfungsordnung und auf die Führerrolle Evas im Sündenfall zurück.

Keine Schwester, die sich unter diese Anweisung stellt, wird also in einem Kreise, in welchem Männer anwesend sind, öffentlich lehren, denn damit würde sie ja die Führung übernehmen. Es mag Verhältnisse und Situationen geben, in welchen es bei einer Schwester, die dem Herrn mit Eifer und Hingebung zu dienen sucht, Herzensübungen hervorbringt, hinter dieser Schranke zu bleiben. Aber unser Dienst ist Ihm ja nur wohlgefällig, wenn wir uns dabei in allem Seinem Worte und Willen unterwerfen.

Eine Schwester, die sich an diese Ordnung hält, wird auch in den Zusammenkünften der Versammlung nicht öffentlich beten; denn sie würde sich damit zum Mund der anwesenden Brüder machen und in diesem Stück die Führung aller übernehmen.

Der eigentliche Wirkungskreis der gläubigen Frau

Niemand möge auf Grund all dieser Ausführungen auf den Gedanken kommen, eine Schwester habe für das Herz des Herrn einen geringeren Wert als ein Bruder! «Jesus aber liebte die Martha und ihre Schwester und den Lazarus.» Und niemand möge denken, das Leben und der Dienst einer Schwester sei für Ihn von geringerer Bedeutung, als das Leben eines Bruders, der Ihm mehr in der Öffentlichkeit dient! Er bewertet unseren Dienst nicht nach der Reichweite seines Klanges und nicht nach der Stärke des Widerhalls, den er unter den Menschen findet. Es ging hier nur um den Platz, den die gläubige Frau, die zur Versammlung Gottes gehört, einnehmen soll. Aber lasst uns noch ganz kurz ihren eigentlichen Wirkungskreis umschreiben, der nicht so sehr in der Öffentlichkeit, als vielmehr im Hause liegt. Viele Beispiele aus dem Worte Gottes bestätigen es.

In der Ehe, als Frau und Mutter – Die meisten Schwestern haben in der eigenen Familie ein Tätigkeitsfeld gefunden, das ihrer Natur und ihrem Wesen völlig entspricht. Hier bieten sich der gottesfürchtigen Frau Möglichkeiten, ihre reichen Fähigkeiten und Gaben, die in mancher Hinsicht anders geartet sind, als die des Mannes, voll zu entfalten. Wie gut, wenn sie über der Vielfalt ihrer häuslichen Pflichten, die großen Ziele ihrer hohen Aufgabe, die in Sprüche 31 in so schönen Worten umschrieben werden und die wir auch auf die christliche Familie anwenden dürfen, nicht vergisst!

Sie ist ihrem Manne nicht nur in äußeren Belangen, sondern auch in der Aufgabe, zu der ihn der Herr berufen hat, eine große Hilfe. Sein Herz «vertraut auf sie, und an Ausbeute wird es ihm nicht fehlen. Sie erweist ihm nur Gutes und nichts Böses alle Tage ihres Lebens». Wenn «ihr Mann bekannt ist in den Toren, indem er sitzt bei den Ältesten des Landes», so wird auch das ihrem Beistand zugeschrieben. Der Bruder soll ja nicht einen Ehrenplatz in dieser Welt suchen, sondern wird dem Herrn in Seinem Werke zu dienen trachten. Wie wird er aber darin ermuntert, wenn seine Frau ihn unterstützt, im Gebet begleitet und bereit ist, Opfer zu bringen, damit er den Dienst ungehindert tun kann! Wie wichtig ist auch die Erziehung der Kinder «in der Zucht und Ermahnung des Herrn» (Eph. 6,4), die ja zum großen Teil zur Aufgabe der Mutter gehört! Auch da «tut sie ihren Mund auf mit Weisheit», die sie aus dem Worte Gottes und im Umgang mit dem Herrn geschöpft hat, «und liebreiche Lehre ist auf ihrer Zunge». So haben Mose, Samuel, Timotheus und viele andere, die für das Volk Gottes ein Segen geworden sind, schon in zartester Jugend durch die Belehrung ihrer Mutter tiefe, bleibende Eindrücke empfangen.

«Sie breitet ihre Hand aus zu den Elenden und streckt ihre Hände den Dürftigen entgegen», sie übt Gastfreundschaft (Röm. 12,13), und wenn sie – die Frau in Sprüche 31 hat Mägde – ohne Vernachlässigung dieser wichtigsten Aufgaben noch Zeit findet, so «sinnt sie auf ein Feld und erwirbt es». Die Interessen des Herrn stehen bei ihr im Vordergrund und alle Früchte ihrer Arbeit sind für Ihn.

Der Dienst der unverheirateten Schwester – Das, was den Frauen und Müttern als höchstes Ziel vor Augen stehen soll, darf die Unverheirateten ungehindert kennzeichnen: «Die Unverheiratete ist für die Dinge des Herrn besorgt.» Wenn sie ihr Leben von dieser Seite aus betrachtet, wie reich kann es sich da gestalten!

Grundsätzlich gleicht der Wirkungskreis der Unverheirateten demjenigen ihrer verheirateten Schwestern. Sie wird vielleicht Sonntagsschularbeit oder irgend einen andern Dienst an Kindern tun. Sie wird Kranke und ihre Familien besuchen oder pflegen. Sie hat ein Herz für das ganze Werk des Herrn und wird Seine Diener mit ihrer Fürbitte begleiten. Wenn sie mit ganzem Interesse auf dieses große Feld «sinnt», so wird sie es «erwerben»: Der Herr wird ihr bestimmt, in nächster Nähe oder auch in der Ferne, Aufgaben zuweisen, die ihrem von Gott zugeteilten Platz in der Versammlung entsprechen, und die kein Bruder erfüllen kann. Dass es viele solcher hingebender und selbstloser Schwestern gäbe im Werke des Herrn!

Im Zusammenhang mit unserem Hauptthema: «Die Versammlung Gottes» müssen wir nun noch einen ernsten Gegenstand berühren, den wir lieber mit Stillschweigen übergehen möchten:

Die Zucht in den örtlichen Gemeinden

Doch ist es Unumgänglich, dass jeder Gläubige, auch der junge Christ, sich einmal ernstlich mit dieser Frage beschäftigt, Die nachfolgenden kurzen Ausführungen mögen ihm dabei behilflich sein.

Die Notwendigkeit der Zucht

Mit der Aufrechterhaltung oder Vernachlässigung der Zucht steht und fällt jede sichtbare Darstellung der Versammlung Gottes auf der Erde, Ohne Zucht wäre ein Zusammenkommen im Namen des Herrn unmöglich. Ohne Versammlungszucht bliebe der einzelne Gläubige sich selbst überlassen: Wenn er in Sünde fällt, könnte sie ungehindert auch seine Brüder und Schwestern beeinflussen und seine gestörte Gemeinschaft mit dem Herrn und den Seinen könnte nicht gottgemäß wiederhergestellt werden.

Dem Hause Gottes geziemt Heiligkeit

Wunderbare Gnade, dass Menschen mit sündiger Vergangenheit durch lebendigen Glauben an Jesum, auf Grund Seines Todes und Seiner Auferstehung in eine innige und unauflösliche Beziehung zu Gott treten durften! Wir können nun als Geheiligte und Geliebte mit dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus Gemeinschaft haben!

Aber gerade weil diese Beziehung zu Ihm eine lebendige Wahrheit ist, müssen die Erlösten, als Einzelne wie auch als Körperschaft, in ihrem praktischen Wandel dem Wesen Gottes entsprechen. «Wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel; denn es steht geschrieben: Seid heilig, denn ich bin heilig.»

Von jeher schon war es der Wunsch und Wille Gottes, unter den Menschen zu wohnen. Im Volke Israel war die Stiftshütte und später der Tempel die Wohnung Gottes. Schon damals hat der Psalmist ausgerufen: «Deinem Hause geziemt Heiligkeit, Gott, auf immerdar.» Gott hat mit Eifersucht darüber gewacht, dass die Heiligkeit Seines irdischen Hauses gewahrt blieb. Als daher das Volk dem Götzendienst verfiel und die Greuelbilder in Sein Haus hineinbrachte, da war Seines Bleibens nicht länger. Der Prophet Hesekiel musste mit Schmerz feststellen, wie sich die Herrlichkeit Gottes vom Tempel erhob und die Stadt verließ.

In der Jetztzeit ist die Versammlung die Behausung Gottes auf dieser Erde. Die Erlösten alle werden als lebendige Steine zu einem geistlichen Hause aufgebaut, in welchem Er selber wohnt. Das wird auch an anderer Stelle bestätigt: «Ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.» Welch gesegnete, aber auch welch feierlich ernste Tatsache! «Darum,» so fährt der Apostel fort, «gehet aus ihrer (der Ungläubigen) Mitte aus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige.»

Die Folgen des Bösen in der Versammlung

  1. Gelingt es dem Feinde, in eine örtliche Versammlung Böses hineinzubringen, ist der Name Gottes und der Name unseres Herrn Jesus damit in Verbindung gebracht und dadurch verunehrt. Die Geschwister werden vor allem über diese Folge des Bösen leidtragen. Das soll, bis das Böse gerichtet und beseitigt ist, ihre Hauptsorge sein.
  2. Der Heilige Geist, durch den die Gläubigen versiegelt worden sind, wird betrübt. Er ist in Seiner Wirksamkeit gehemmt. Es mangelt an Kraft und geistlichem Leben. Es zeigen sich in der Versammlung Dürre und Unfruchtbarkeit.
  3. Das Böse sucht sich auszubreiten und verdunkelt das Licht des Zeugnisses vor der Welt.

In welcher Form kann das Böse auftreten?

Es kann sich um moralisch Böses, wie Hurerei, Sucht, Götzendienst, Schmähung, Trunksucht, Raub usw., um Versündigung gegen einen Bruder, oder um böse Lehren handeln. Wenn der Christ nicht im Geiste wandelt, ist bei ihm das Fleisch tätig, das zu allen bösen Werken fähig ist. Wie wachsam sollten wir sein, damit nicht auch wir versucht werden!

Wer soll Zuchthandlungen ausüben?

Die führenden Brüder eines Ortes können nicht anstelle der ganzen Versammlung handeln. So verweist der Herr in Verbindung mit der Versündigung eines Bruders gegen einen andern auf die Versammlung und sagt: «Was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein… Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.» Was eine solche örtliche Versammlung in der Abhängigkeit vom Herrn beschließt, wird im Himmel anerkannt.

Auch die Anweisungen des Apostels hinsichtlich «des Bösen» in der Versammlung in Korinth, bestätigen diesen Grundsatz. Die ganze dortige Gemeinde war in dieser Zuchtfrage zuständig und sollte «im Namen unseres Herrn Jesus Christus» handeln.

Den erfahrenen Brüdern steht es wohl zu, jeden einzelnen Fall, der zu einer Zuchtmaßnahme führen kann, genau zu untersuchen. Aber sie werden in einer Brüderversammlung davon berichten, und diese wird darüber beraten. Ist dann nach ihrer Überzeugung auf Grund der Heiligen Schrift eine Zuchtmaßnahme unumgänglich notwendig, werden sie dies der ganzen Versammlung – allen Brüdern und Schwestern, die am Brotbrechen teilnehmen – bei einer Zusammenkunft mitteilen. Jeder hat auf diese Weise Gelegenheit, entweder durch Stillschweigen oder durch eine entsprechende Mitteilung an einen der Brüder, dazu Stellung zu nehmen.

Es ist klar, dass auch in Fragen der Zucht der Grundsatz, dass alle Gläubigen auf der Erde einen Leib bilden, beachtet werden muss. Jeder Gläubige und jede örtliche Versammlung in irgend einem Dorf oder einer Stadt der Erde, ist gehalten, den Beschluss einer Versammlung, den diese vor dem Herrn gefasst hat, anzuerkennen und die daraus resultierenden Folgen auf sich zu nehmen. Er hat für alle bindende Gültigkeit, ob nun eine Seele zum Tisch des Herrn zugelassen wird oder unter Zucht gestellt werden muss.

Dieselbe Tatsache der Mitverbundenheit zu einem Leibe wird gegebenenfalls aber auch jede örtliche Versammlung, die einen Zuchtfall behandeln muss, dazu führen, die Hilfe oder den Rat einsichtiger und treuer Brüder, vor allem solcher aus den Nachbarversammlungen, einzuholen oder anzunehmen. Aus dem gleichen Grunde wird sie aber auch etwaige Bedenken dieser Brüder, die ihr in Liebe vorgelegt werden, wenigstens anhören und vielleicht auch berücksichtigen. Dadurch wird die Tatsache, dass der Herr die Befugnis zur Ausübung der Zucht der örtlichen Versammlung auferlegt hat, keineswegs umgestoßen.

Was haben wir unter dem schriftgemäßen Ausdruck «Zucht» zunächst zu verstehen?

Wir stehen alle unter der Zucht des Geistes, der durch das Wort ständig auf unser Herz und Gewissen einwirkt: «Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Beurteiler der Gedanken und Gesinnungen des Herzens.»

Auch die Gemeinschaft mit den Geschwistern unterstützt diese Zucht. Wie oft schon hat mich ihr Wort und ihr Beispiel angespornt oder zurechtgewiesen. Wenn ich geistlich gesinnt bin, mag umgekehrt auch mein Einfluss auf sie diese Wirkung haben. «Lasst uns aufeinander acht haben», werden wir ermahnt. Nicht, um als Spitzel und dann als «Ankläger der Brüder» aufzutreten, sondern «zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken». Das Wort setzt immer voraus, dass die Gläubigen einander lieben und sich nicht gleichgültig und teilnahmslos gegenüberstehen. «Dies ist mein Gebot, dass ihr einander liebet, gleichwie ich euch geliebt habe», sagt der Herr zu Seinen Jüngern. Solche Liebe ist unter den Gläubigen eine anspornende, helfende, tragende und heilende Kraft. Aber es muss Liebe von der rechten Art sein: «Hieran wissen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten.» Würden wir dies treuer verwirklichen, müsste in manchen Fällen die eigentliche Versammlungszucht nicht einsetzen!

Wenn jemand abirrt…

Sind bei einem Bruder Anzeichen vorhanden, dass er im Begriffe steht, in irgend einer Weise vom geraden Wege abzuirren, muss uns das tief demütigen. Wir haben uns dann abzufragen: Habe ich es ihm gegenüber vielleicht an liebender Aufmerksamkeit fehlen lassen, die ihm hätte dazu dienen können, die ersten Gedanken schon als böse zu erkennen und zu verurteilen?

Jetzt erst recht hat er unsere helfende Bruderhand nötig. Wir sollen nun direkt zu ihm gehen und unsere Wahrnehmungen nicht anderswo ausbreiten. Es mögen die ersten Symptome sein; aber wenn das Böse nicht beachtet und gerichtet wird, gerät der Bruder immer mehr unter dessen Macht, und es wird seinen verheerenden Einfluss auch auf andere in der Versammlung ausüben.

Nun kommt es aber sehr darauf an, wie wir dem Bruder begegnen. Treten wir in selbstgerechter und selbstgefälliger Weise vor ihn hin, stoßen wir ihn nur noch weiter in der falschen Richtung. Haben wir aber unsere eigene Schwachheit vor Augen und kommen wir als Bittende zu ihm, im Geiste der Sanftmut und der Gnade, dann dürfen wir es vielleicht erleben, dass der Herr auf unser Flehen antwortet und ihn zur Einsicht und zur Umkehr führt. Er ist «zurechtgebracht» worden.

Wir nehmen an, dass es sich hier um eine Verfehlung handelt, die keine Zuchthandlung seitens der Versammlung nach sich ziehen muss. Er ist von einem Fehltritt übereilt worden. Aber es ist gut, wenn er nicht nur über diesen, sondern auch über den Mangel an Wachsamkeit und Abhängigkeit von Gott Buße tut, damit dieser Fehltritt sich nicht wiederhole.

«Wenn ein Bruder wider dich sündigt…»

In irgend einer fleischlichen Regung, aus Eifersucht und Neid oder Streitsucht, oder um irgend eines materiellen Vorteiles willen mag ein Bruder wider dich sündigen. Was ist da zu tun?

Die natürliche Antwort des Herzens wäre: Gleiches mit Gleichem zu vergelten, oder mit kalter Schulter sich von ihm abzuwenden und sich überall, vielleicht sogar bei Weltkindern über das erfahrene Unrecht durch Ausbreitung aller Einzelheiten Luft zu machen. Ein anderer, geistlich gesinnter Bruder könnte vielleicht auf den Gedanken kommen: Ich will die Sache vor den Herrn tragen und Ihn handeln lassen.

Aber der Herr zeigt dir einen andern Weg. Du, der du das Unrecht erlitten hast, verleumdet oder geschädigt worden bist, du sollst handeln:

  1. »Gehe hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein,» und zwar mit dem Bestreben, ihn mit Liebe zu gewinnen und nicht um Genugtuung zu erhalten! Wer in diesem Geiste Christi, der mit soviel Sanftmut und Liebe Seinen Widersachern begegnete, zum Bruder kommt, kann erreichen, dass dieser seine Sünde einsieht, sich vor ihm und dem Herrn darüber beugt und, wenn nötig, die Folgen des Unrechts wieder gutzumachen sucht. Dann ist diese Sünde, die sich aus kleinen Anfängen zu Bruderzwist oder gar zu Parteiungen innerhalb der Versammlung hätte ausweiten können, in schriftgemäßer Weise hinweggetan.
  2. «Wenn er aber nicht hört, so nimm» – auch wieder mit dem Ziel, den Bruder zu gewinnen – «noch einen oder zwei mit dir, damit aus zweier oder dreier Zeugen Mund jede Sache bestätigt werde.»
  3. «Wenn er aber nicht auf sie hören wird, so sage es der Versammlung», die nun auf Grund dieser Zeugnisse sich auch ihrerseits bemühen soll, den Bruder Zurechtzubringen. Wenn er aber immer noch nicht hört, so muss die Versammlung handeln.

Unser Verhalten gegenüber bösen Lehren

Manche sind geneigt, eine von der Schrift abweichende Lehre, auch wenn sie die Person des Herrn betrifft oder eine Heilstatsache umstößt, als weniger schlimm zu betrachten als die verschiedenen Formen des moralischen Bösen, die in 1. Korinther 5,11 aufgezählt werden: Hurerei, Habsucht, Götzendienst, Schmähung, Trunksucht, Raub usw. Aber böse Lehren sind in ihrer Auswirkung gefährlicher, weil sie um sich fressen wie ein Krebs. Das Wort Gottes zeigt, dass man gegen solche, die böse Lehren hereinbringen, entschieden vorgehen muss (vergl. Gal. 1,8.9; 1.Tim. 1,20.).

Sowohl das moralisch wie auch das lehrhaft Böse wird im Worte Gottes mit «Sauerteig», das heißt, mit dem Ferment verglichen, das die ganze Masse der Gläubigen durchsäuert. Lasst uns also nach beiden Seiten hin wachsam sein!

Menschen, die in der Welt draußen krasse religiöse Irrlehren verbreiten und kolportieren, sollen wir weder ins Haus aufnehmen noch grüßen. Denn wer sie grüßt, nimmt teil an ihren bösen Werken. Solche, die nicht «in der Lehre des Christus» bleiben, «haben Gott nicht». Aber auch Brüder, die jahrelang den Weg der Wahrheit gegangen sind und sich durch gute Schriftkenntnis ausgezeichnet haben, können von Irrlehren befangen werden. Das kommt oft daher, weil sie nicht gewacht und das gute Gewissen von sich gestoßen haben. Ihre Gemeinschaft mit dem Herrn ist durch ungerichtete Dinge unterbrochen. Erkenntnis allein schützt nicht davor; unser Herz muss in Gottesfurcht vom Herrn und Seinem Worte erfüllt sein (vergl. 1. Tim. 1,5.6; 1,19; 3,9; 4,1.2.)

Leider hilft hier ein Wort der Zurechtweisung meistens wenig. Jüngere Geschwister, die im Herrn noch zu wenig gegründet sind, und so leicht dem Neuen verfallen, sollten solche Auseinandersetzungen den älteren, bewährten Brüdern überlassen und ihnen vertrauen.

Zuchtmaßnahmen der Versammlung

Wieviel Grund zu tiefer Demütigung vor dem Herrn und zum bitterlichen Leidtragen besteht in einer Versammlung, wenn eines ihrer Glieder trotz der vielen, von ernstem Gebet getragenen Bemühungen der Brüder im Bösen verharrt! Wie wird der Name des Herrn dadurch verunehrt!

Die Versammlung muss die ihr im betreffenden Fall als geeignet erscheinenden Mittel ergreifen, um 1. die Ehre des Herrn wiederherzustellen, 2. zu beweisen, dass die Versammlung an der Sache rein ist, und 3. um den Fehlbaren zu einer gottgemäßen Wiederherstellung zu führen.

Von welchen Zuchtmaßnahmen spricht das Wort Gottes?

Verwarnung und Bezeichnung

Der Apostel schrieb an die Versammlung der Thessalonicher: «Weiset die Unordentlichen zurecht», oder: «Warnet die Unordentlichen». Wenn sich Geschwister der Ordnung, die im Hause Gottes herrschen soll, nicht unterziehen und trotz verschiedentlicher Ermahnung im Eigenwillen ihre eigenen Wege fortsetzen, ist es nach den obigen Worten die Aufgabe der Brüder, die am Orte einen Aufseherdienst ausüben, die Betreffenden zu warnen. Sie sollen sie auf die Zuchtmaßnahmen, die erforderlich werden, wenn sie sich nicht beugen wollen, aufmerksam machen. Bei denjenigen in Thessalonich, die der Apostel im Auge hatte, blieb diese Verwarnung anscheinend ohne Erfolg. Der Apostel gebot daher: «Wir gebieten euch aber Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückziehet von jedem Bruder, der unordentlich wandelt, und nicht nach der Überlieferung, die er von uns empfangen hat.» Dort waren es solche, die nichts arbeiteten und sich in fremde Dinge mischten. Sie mussten bezeichnet werden als solche, mit denen die Geschwister keinen Umgang mehr pflegen durften. Der Apostel begründet dies wie folgt: «Wenn aber jemand unserem Worte durch den Brief nicht gehorcht, den bezeichnet und habet keinen Umgang mit ihm, auf dass er beschämt werde; und achtet ihn nicht als einen Feind, sondern weiset ihn zurecht als einen Bruder.» Ein solcher darf also weiterhin am Brotbrechen teilnehmen. Es handelt sich hier nicht um einen Ausschluss.

Öffentliche Überführung

Paulus gab Timotheus die Anweisung: «Die da sündigen überführe vor allen, auf dass auch die übrigen Furcht haben.» Hierbei mochte es sich um solche handeln, die öffentlich gesündigt hatten und darum auch öffentlich zurechtgewiesen werden mussten. Ihr Tun gefährdete andere, mitfortgerissen zu werden. Darum sollte Timotheus diesen vor der ganzen Versammlung einen ernsten Verweis geben, damit sich die übrigen fürchteten, seinem Beispiel zu folgen.

Heute haben wir keinen Apostel und keine von ihm Bevollmächtigten mehr. Aber dies Wort ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit auch wir es in ähnlichen Fällen anwenden. Die Frage ist nur, ob ein Bruder da ist, der das allgemeine Vertrauen und folglich auch die erforderliche Kraft besitzt, um den Fehlbaren durch weise Berufung auf das Wort, im Namen der Versammlung vor allen zu überführen.

Den Bösen hinaustun

Nun kommen wir zu der letzten und schärfsten Form der Zucht, die erst gehandhabt werden soll, wenn alle Bemühungen der Liebe, alle Ermahnungen, wie auch die eventuell angewendeten vorbeugenden und zurechtbringenden Handlungen der Zucht ergebnislos geblieben sind: der Ausschluss von der Teilnahme am Tische des Herrn und von jeder Art brüderlicher Gemeinschaft. Die Anweisungen des Apostels in 1. Korinther 5 und 2. Korinther 7 sind hier wegleitend. Weigert sich die Person, um die es geht, die Sünde, die bei ihr offenbar geworden ist, zu verurteilen, von ihr zu lassen und in wahrer Reue darüber Buße zu tun, dann treten an ihr die Merkmale eines «Bösen» zu Tage. Sie lebt in einer der verschiedenen Formen der Sünde, die wir am Anfang genannt haben. Diese hässliche Pflanze hat sich bei ihr tief eingewurzelt und entfaltet sich.

Ist die schmerzliche Angelegenheit gründlich und unparteiisch überprüft worden und steht der obige Tatbestand einwandfrei fest, dann ist es Zeit zum Handeln. Die ganze Versammlung – nicht etwa nur einzelne Brüder – vollzieht jetzt den Ausschluss (beim «Bösen» in Korinth bedurfte es keiner langen Untersuchung mehr; sein Zustand erregte sogar bei der Welt Aufsehen. Auch wenn jetzt schon Anzeichen der Reue bei ihm zutage getreten wären, hätte er «hinausgetan» werden müssen, um das vor der Welt befleckte Zeugnis der Versammlung zu reinigen).

Der Sauerteig, der die ganze Masse durchsäuert hätte, ist nun hinausgefegt. Auch die Welt, die uns umgibt und von dieser Sache gewusst haben mag, nimmt davon Kenntnis. Aber es bleibt eine tiefe Trauer zurück: Der Herr wurde in unserer Mitte durch Sünde verunehrt. Und einer der Unsern musste hinausgetan werden.

Ist dieser jetzt verloren, da seine Beziehungen zu den Erlösten im Sinne des Wortes abgebrochen sind? Gott weiß, ob er ein Bruder ist, der ewiges Leben hat und nicht verloren gehen kann. Für uns aber wird es sich darin zeigen, dass die Zucht ihn zur Buße und zur Wiederherstellung leitet.

Der Schuldige ist nun draußen

Was das bedeutet, lernen wir am Beispiel in 1. Korinther 5 am besten. Jener Mann war nun «dem Satan überliefert zum Verderben des Fleisches, auf dass der Geist errettet werde am Tage des Herrn Jesus.» Er befand sich jetzt draußen in der Welt, wo Satan regiert, und hatte keine Möglichkeit mehr, in irgend einer Weise mit den Gläubigen Gemeinschaft zu pflegen. Sie hatten keinerlei Umgang mit ihm. Auch konnte er diese schwere Zucht nicht dadurch umgehen, dass er sich irgend einer Gruppe von Christen in Korinth anschloss, bei denen keine Zucht geübt wurde. Die Gläubigen waren damals noch nicht zertrennt und handelten einmütig in dieser Sache.

Die heutigen Zustände in der Christenheit bilden ein großes Hindernis für die Wiederherstellung derer, die ausgeschlossen werden müssen. Aber wir sind gleichwohl gebunden, uns den klaren Anweisungen des Wortes Gottes zu unterwerfen.

Seine Wiederherstellung

Die scheinbar äußerst lieblose Haltung der Korinther gegenüber dem, «der Bruder genannt war», entsprach nicht nur den gerechten Forderungen der Heiligkeit Gottes, sondern war zugleich auch die beste Art, ihm zu helfen: Er begann die Abscheulichkeit seiner Sünde einzusehen und wurde so traurig darüber, dass der Apostel den Korinthern schreiben musste, sie sollten ihm nun vergeben und ihn ermuntern, damit er nicht durch übermäßige Traurigkeit verschlungen werde. Die in ihm bewirkte Reue und Buße war echt und tief. Er klagte nicht andere an, sondern sich selbst.

Wenn bei einer Person, die «hinausgetan» werden musste, sich ein solch gründlicher Gesinnungswandel vollzogen hat, dann darf sie von der tiefen Verurteilung ihres früheren Weges den Brüdern Kenntnis geben. Diese können sich nun wieder mit ihr beschäftigen, um die Frage ihrer Wiederzulassung zum Tisch des Herrn und zur Gemeinschaft mit den Geschwistern zu prüfen.

Diese kurzen, einfachen Ausführungen erheben keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit. Viele Punkte konnten nicht berührt werden. Aber wenn wir dadurch zu größerer Wachsamkeit vor dem Bösen in unserem eigenen Leben wie auch zur Aufrechterhaltung der Heiligkeit des Hauses Gottes angespornt werden, dann erfüllen sie ihren Zweck doch.

 

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