Verstehst du auch, was du liest?

Verstehst du auch, was du liest?

Apostelg. 8,30

Die Bildersprache der Bibel

Die Sprache der Bibel ist keineswegs trocken. Gott kleidet Seine Gedanken und Lehren in eine unerschöpfliche Fülle verschiedenartigster Bilder. Er weiß, dass wir Ihn dann besser verstehen. Auch bleibt die Wahrheit in bildhafter Form in der Seele besser haften.

Besser verstehen? – Kommt es uns nicht manchmal vor, diese Bilder seien zusammengerollt und mit einem Schloss versehen, es sei nichts damit anzufangen? Aufgepasst! Oft liegen die Schlüssel gleich daneben und manchmal sind sie weiter hinten im Buch, in den Evangelien und Briefen verstreut, zu finden.

Das gibt allerhand Sucharbeit. Die Bibel ist für emsige Leute geschrieben, für solche, die ihren Schätzen eifrig nachspüren. Jenen, die in Eile immer nur an den gleichen Versen «nippen», bleibt sie allerdings so gut wie verschlossen.

Es gibt Christen, welche die Bilder wörtlich und ohne die dazu gehörende biblische Auslegung auf sich anwenden wollen. Weil es in der Schrift heißt: «Wenn ihr nicht umkehret und werdet wie die Kindlein, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen», meinten gewisse Leute zur Zeit der Reformation, sie müssten sich nun wieder wie kleine Kinder benehmen… Und weil der Herr (Johannes 13) die Jünger auffordert, einander die Füße zu waschen, wie Er es ihnen getan habe, waschen heute die Mitglieder einer gewissen Gruppe von Christen einander regelrecht die Füße, mit Wasser und Handtuch. Das sind bedauerliche Verirrungen.

Andere wieder glauben, die Schlüssel zum Öffnen der Bilder des Wortes Gottes im Stübchen des eigenen Verstandes anfertigen zu müssen. Das hat in der Christenheit schon unzählige Irrtümer heraufbeschworen. So hat man zum Beispiel auf das Gleichnis in Matthäus 13,33 den Schlüssel menschlicher Deutung angewendet und behauptet: Der Sauerteig, den ein Weib nahm und unter drei Maß Mehl verbarg, bis es ganz durchsäuert war, sei ein Bild von der christlichen Botschaft. Sie werde in der Welt immer mehr Fuß fassen und sich ausbreiten, bis alle Länder davon durchdrungen und das Reich der Himmel auf der ganzen Erde aufgerichtet sei. – Hätte man sich aber die Mühe genommen, der Bedeutung des «Sauerteiges» im Worte Gottes selber nachzuspüren, wäre man zu einem ganz andern Schluss gekommen. Die Stellen in Matth. 16,6 und 11; Mark. 8,15; Luk. 12,1; 1. Kor. 5,68; Gal. 5,79 zeigen deutlich, dass «Sauerteig» ein Bild vom sittlichen und lehrhaften Bösen ist, das sich in der Christenheit immer mehr ausbreitet, bis sie schließlich reif ist zum Endgericht. Statt uns zu veranlassen, von einer kommenden besseren Welt zu träumen, warnt uns also dieses Gleichnis vor dem immer mehr überhand nehmenden Bösen. Welch ein Unterschied! Das Wort Gottes erklärt sich selber. Die Spekulationen des Menschengeistes sind uns ein Hindernis. Wir müssen das immer wieder betonen.

Es liegt nicht in unserer Absicht, alle Bilder des Wortes Gottes aufzuzählen. Sie würden allein schon ein ganzes Buch füllen. So Gott will, werden wir mit dieser Seite im Laufe der Zeit wohl auf eine ganze Anzahl zu sprechen kommen. Wir begnügen uns jetzt damit, an einige Gruppen zu erinnern.

Da sind einmal die vielen Gleichnisse, die unser Herr dem Volke, den Pharisäern und Schriftgelehrten, sowie den Jüngern selbst erzählt hat. Wir finden sie besonders im Matthäus- und Lukas-Evangelium. Wir kennen sie schon vom Elternhaus und von der Sonntagsschule her. Sie sind von einer Schlichtheit, dass ein Kind sie verstehen kann, und haben eine so tiefe Bedeutung, dass auch ein gereifter Christ diese Bilder immer und immer wieder betrachtet und großen Segen dabei empfängt.

In 1. Korinther 10,1-11 werden wir aufgerufen, auch die ganze Geschichte des Volkes Israel, wie sie uns das Alte Testament beschreibt, als eine große Sammlung von Bildern zu betrachten: «Diese Dinge sind als Vorbilder für uns geschehen», sie «widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist» lesen wir im 6. und 11. Vers. So sind wir also von Gott selber angewiesen, an Hand anderer Teile des Wortes Gottes den tiefen Sinn all dieser Vorbilder zu ergründen, um als einzelne Christen oder auch als das himmlische Volk Gottes die mannigfaltigsten Unterweisungen dadurch zu empfangen.

In den Büchern Mose finden wir außer den geschichtlichen Ereignissen eine gewaltige Fülle von Anweisungen, Verordnungen und Gesetzen betreffend die darzubringenden Opfer, das Priestertum, die Beschaffenheit der Stiftshütte und ihrer Geräte usw. Sie alle wären für uns bedeutungslos, wenn sie nicht hindeuteten auf das «Bessere», auf Christum, auf Sein ein für allemal geschehenes Opfer und auf die daraus hervorgegangenen, für uns so gesegneten Resultate. Für uns, die wir auf diesem vollbrachten Werke ruhen, bilden diese «Schatten der zukünftigen Güter» (Hebr. 10,1) eine reiche Fundgrube wertvollsten Anschauungsmaterials. Es macht uns die lehrhaften Unterweisungen der Apostel, die in ihren Schriften die Herrlichkeit Christi und die wunderbaren Ergebnisse Seines Werkes beschreiben, erst recht klar und eindrücklich.

Schließlich weisen wir noch auf eine weitere Bildergruppe hin: Auf Personen des Alten Testamentes, wie Joseph, David (auch in den Psalmen), Salomo und andere, die deutliche Vorbilder auf Christum hin sind. Ein gläubiger Lehrer, der sich für das Sonntagschulwerk und für die Verbreitung des Evangeliums unter den Kindern voll einsetzte, hat gerade das bezweifelt. Er meinte, man dürfe in der so ausführlich erzählten Geschichte Josephs nichts anderes sehen, als die Lebensbeschreibung eines gottesfürchtigen Israeliten, der von Gott geprüft und seiner Treue wegen von Ihm gesegnet und zum Retter seines Volkes bestimmt worden sei. Dadurch sei er uns schon genügend Vorbild. Vergleichen wir aber die Erlebnisse und Erfahrungen Josephs mit den Einzelheiten des Weges unseres Herrn auf dieser Erde, so drängt sich uns die unbestreitbare Tatsache auf: Joseph ist eines der schönsten und vollständigsten Vorbilder auf Christum hin. Das lässt sich durch zahlreiche Bibelstellen belegen.

Im ganzen Worte und wohl auf jeder Seite begegnen wir dem Finger Gottes, der auf den «Sohn Seiner Liebe» hinweist. Gott will uns nicht so sehr auf Personen oder Dinge aufmerksam machen, als vielmehr auf Ihn, auf Seine Schönheiten und Herrlichkeiten. Wenn wir also in den ungezählten Bildern Seines Wortes vor allem die Person Jesu suchen, dann sind wir auf der rechten Fährte zum richtigen Verständnis. (Siehe Joh. 5,39; Röm. 15,34 usw.) Wir werden dabei auch den Zugang zu andern Wahrheiten finden, die uns Gott damit eindrücklich machen will.

Ich strebe nicht nach neuartigen Schriftauslegungen; der Rahm liegt immer an der Oberfläche – John Nelson Darby

 

Lehr uns Herr

Lehr uns, Herr, Dein Wort betrachten,
Mit Verlangen darauf achten.
Lehr uns, es im Geist verstehen.
Lass Dein Wort zu Herzen gehen,
Auf dass wir vertrauen, glauben,
Dir Dein Werk in uns erlauben,
Und Dich durch Gehorsam ehren,
Sonst auf keine Stimme hören.

Lass uns Deine Worte essen,
Deine Lehren nicht vergessen,
Deine Wahrheit treu verwalten,
Deine Rechte heilig halten,
Fest auf die Verheißung bauen,
Deinen Zeugnissen vertrauen,
Keinen Schritt vom Worte weichen,
Bis wir einst das Ziel erreichen.

Die Wahrheit ist in Christus selbst zu suchen

Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg, und die Wahrheit und das Leben. Joh. 14,6

Ein Kind versuchte, die vielen verschiedenen Teile eines Puzzlespiels zusammenzusetzen. Das Ganze sollte eine Landkarte der Schweiz ergeben. Aber die vielen Grenzlinien der verschiedenen Kantone machten ihm sehr große Mühe. Da entdeckte es, dass auf der andern Seite der Puzzleteile Stücke eines Bildes von «Wilhelm Tell» aufgeklebt waren. Sofort kam dem Jungen der Gedanke, es sei doch viel einfacher, die Stücke dieses Porträts zusammenzusetzen, statt die der vielen Kantone. Als er damit zu Ende gekommen war, fand er selbstverständlich auf der andern Seite die vollständige Schweizer Karte. Die Schwierigkeiten mit den Grenzen waren verschwunden.

Gleichen die Erfahrungen dieses Kindes nicht denjenigen vieler Christen? Es ist uns unmöglich, die verschiedenen Fragen-Teile der christlichen Lehre richtig zusammenzusetzen, solange wir sie in verkehrter Weise betrachten und sie von unserem Standpunkt aus zu lösen suchen. Wenn wir nur beschäftigt sind mit unsern Dogmen (Glaubensgrundsätzen), unsern Erklärungen, unsern Bekenntnissen, unsern Unterschieden und so fort, wird die Unordnung und die Verwirrung fortdauern. Bei all unserem Forschen und Suchen werden wir auf diese Weise zum Beispiel nie zu einer richtigen Erkenntnis des Leibes des Christus gelangen, der bestehenden Verwirrung im christlichen Bekenntnis wegen.

Aber, wenn wir uns von den menschlichen Lehrmeinungen abwenden und das Angesicht des Herrn und die Wahrheit Seines Wortes suchen, dann werden wir von selbst den einen Leib sehen, so, wie Gott selbst ihn sieht. Denn alle Kinder Gottes sind Glieder an dem Leibe des Christus, und Christus ist das Haupt des Leibes. Das Haupt und der Leib können nicht voneinander geschieden werden.

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