Auf dass Speise
in meinem Hause sei…
«Bringet den ganzen Zehnten in das Vorratshaus, auf dass Speise in meinem Hause sei» Mal. 3,10.
Die Israeliten sollten den durch das Gesetz verordneten Zehnten regelmäßig zum Hause Gottes bringen, um den Unterhalt der Diener Gottes, der Priester und Leviten, sicherzustellen. In Nehemia wird berichtet, dass die Leviten und Sänger «ein jeder auf sein Feld entflohen waren», weil ihnen die Teile nicht gegeben wurden. In Maleachi wirft Gott Seinem Volke vor, es habe Ihn in dem Zehnten und im Hebopfer beraubt, weil sie für sich behielten, was dem Hause Gottes hätte zukommen sollen.
In der Haushaltung der Gnade ist nicht mehr die Rede vom «Zehnten». Aber für den, «der im Worte unterwiesen wird» besteht weiterhin die Verantwortlichkeit, «von allerlei Gutem dem mitzuteilen, der ihn unterweist» (Gal. 6,6). Der Arbeiter ist seines Lohnes wert und «der Herr hat denen, die das Evangelium verkündigen, verordnet, vom Evangelium zu leben» (1. Kor. 9,14).
Wer es nicht von Jugend an am Herzen hat, an die Diener des Herrn und an die verschiedenen Bedürfnisse Seines Werkes zu denken, der wird es auch im Späteren Leben in diesem wichtigen Punkt fehlen lassen. Daher ist es wichtig, sobald man über ein gewisses Einkommen, über ein Taschengeld oder über einen ersten Lohn verfügt, vor dem Herrn ernstlich geübt zu sein hinsichtlich des Teiles, den man für Seinen Dienst und für die zahlreichen Bedürfnisse, die einem auf dem Wege begegnen, darbringen will.
Aber nicht das hatten wir eigentlich vor Augen, als wir die Bibelstelle an den Anfang dieser Zeilen setzten. In der Tat, die «Speise» im Hause Gottes beschränkt sich nicht nur auf die materiellen Bedürfnisse der Diener des Herrn, sondern umschließt vor allem das, was die Seelen zu ihrem Gedeihen nötig haben.
Der Leib Christi, das Volk Gottes des Neuen Testamentes, wächst nicht nur durch die Ausübung des Dienstes einiger Personen, die dazu berufen sind, sondern «nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles» (Eph. 4,16). Mit andern Worten: Jeder von uns, ob Bruder oder Schwester, Jüngling oder junge Tochter, jeder, der den Herrn liebt, ist berufen, zum Wohle des Volkes Gottes von dem, was er auf dem Felde des Wortes Gottes eingesammelt hat, herbeizubringen.
Auf diesem Gebiet kann man auf zwei Arten «Gott berauben»: Man unterlässt es, sein Feld zu bearbeiten, so dass es nichts hervorbringt und kein Ertrag da ist, den man weitergeben kann; oder aber man hält das, worüber sich unsere Seele gefreut hat, selbstsüchtig zurück und gibt den Andern keinen Teil davon.
«An dem Acker eines faulen Mannes kam ich vorüber… und siehe, er war ganz mit Disteln überwachsen, seine Fläche war mit Brennesseln bedeckt… Und ich schaute es, ich richtete mein Herz darauf; ich sah es, empfing Unterweisung: Ein wenig Schlaf, ein wenig Schlummer, ein wenig Händefalten, um auszuruhen, – und deine Armut kommt herangeschritten, und deine Not wie ein gewappneter Mann» (Sprüche 24,30-34). Ist das nicht, ohne Übertreibung, das Bild von mehr als einem jungen Gläubigen unter uns? Anstatt die Jahre, in welchen sich mit einigem guten Willen noch etwas Zeit erübrigen lässt, dafür zu benützen, das Wort zu studieren und sich darein zu vertiefen, vernachlässigt man es, liest man vielleicht gerade noch einige Verse, oder lässt sich am Kalenderzettel genügen… Ja, dann kommt geistliche Armut herangeschritten wie ein gewappneter Mann. Nein, man wollte nicht einschlafen und nicht die Hände falten, nur ein wenig Erholung, etwas Entspannung. Und man gibt sich dabei keine Rechenschaft darüber, dass der Feind ein solches Sichgehenlassen dazu benützt, um das Feld mit Unkraut zu bedecken, damit es sehr wenig und manchmal sogar überhaupt nichts eintragen kann.
Übertreiben wir? Woher kommt es dann, dass in verschiedenen Versammlungen keine fähigen Sonntagschullehrer zu finden sind und man sich so wenig der zahlreichen Kinder annimmt, die «draußen» sind, die man doch so leicht versammeln könnte, um ihnen einmal in der Woche vom Herrn Jesus zu erzählen? Und später, weshalb sind in den Versammlungen so viele geschlossene Lippen in den Gebetszusammenkünften, in der Stunde der Anbetung und in den gemeinsamen Wortbetrachtungen? – Das Feld war nicht bearbeitet worden.
Es gibt aber auch andere Fälle. Durch die Gnade Gottes befinden sich unter uns gewiss auch solche junge Gläubige, die es am Herzen haben, ihre Seelen von dem Worte zu nähren. Aber haben sie nicht zu sehr die Neigung, diesen Schatz für sich zu behalten? Auch da: sie «berauben Gott», sie bringen ihren Ertrag nicht zum Hause Gottes. Schüchternheit, Mangel an Energie, Mangel an Übung um «anzufangen» … der Feind weiß nur zu gut, welches Hindernis er dem einen und anderen in den Weg legen muss, jedem entsprechend seinem Temperament. Und wie manche Kranke würden sich über eine mündliche oder schriftliche Berichterstattung über eine Versammlung freuen! Welche Ermunterung würde es auch in die Familie, in die Verwandtschaft und unter die Freunde bringen, wenn, je nach der sich zeigenden Gelegenheit, auch ein junger Gläubiger im Gespräch das mitteilen wollte, was er im Worte gefunden hat! Und welche Erfrischung würde es in unsere Zusammenkünfte bringen, wenn es auch jüngere Brüder am Herzen hätten, zu beten und Fragen über das Wort zu stellen oder an der Anbetung teilzunehmen!
Sind unter unsern Lesern solche, die sich dies zu Herzen nehmen wollen? «Prüfet mich doch dadurch, spricht der Herr der Heerscharen, ob ich euch nicht die Fenster des Himmels auftun und euch Segen ausgießen werde bis zum Übermaß!» (Mal. 3,10). «Stehendes Wasser wird ungenießbar», das gilt auch auf geistlichem Gebiet. Der Zufluss muss frei sein, damit das lebendige Wasser des Wortes das Herz erfüllen kann; aber auch der Ausfluss muss offen bleiben, damit sich der Segen von oben wie durch einen Kanal ausbreiten kann.