Das Kommen des Herrn
Ein Überblick
Das Kommen des Herrn ist mehr als nur eine Lehre. Es ist für das Herz eine zu kostbare, praktische Tatsache und führt der Seele zu viel Frische zu, als dass man sie auf den trockeneren Boden einer einfachen Belehrung herabziehen dürfte. Das Kommen des Herrn ist die christliche Hoffnung. Der Gedanke daran belebt die Seele, die damit vertraut ist und übt auf den ganzen Wandel einen heiligenden Einfluss aus.
Die Beschreibung des Kommens des Herrn wird daher auf diesen Seiten nur wenig Raum beanspruchen, gerade soviel als nötig ist, um Missverständnissen vorzubeugen, die durch die Lektüre der nachfolgenden Artikelserie entstehen könnten. Ich beschränke mich dabei auf nur wenige Schriftstellen; jeder kann ihre Zahl leicht vervollständigen. Das erste Kommen umschloss das Leben Jesu hienieden. Was wir jetzt erwarten, ist Sein zweites Kommen (Apg. 1,11), von welchem im Neuen Testament an vielen Stellen die Rede ist. Dieses zweite Kommen umfasst zwei Begebenheiten, die durch einen in der Offenbarung, Kapitel 4-19, beschriebenen Zeitabschnitt getrennt sind.
Die erste Begebenheit ist das Kommen des Herrn Jesus für die Seinen. In jenem Augenblick werden alle Heiligen [Der biblische Ausdruck für Menschen, die durch den Glauben an Gott und Seine Verheißungen bzw. durch den Glauben an Jesum Christum geheiligt sind], die von Adam an entschlafen sind, auferweckt werden. Die lebenden Heiligen, die zur Versammlung (oder Gemeinde) gehören, werden verwandelt, um mit ihnen entrückt zu werden, dem Herrn entgegen in die Luft. Der Herr wird sie empfangen und in Seine himmlische Herrlichkeit einführen (1. Thess. 1,10; 4,15-18; 1. Kor. 15,51-54; Joh. 14,13; Hebr. 9,28).
Die zweite Begebenheit ist Sein Kommen mit den Seinen. Sie werden dann in Herrlichkeit mit Ihm geoffenbart werden vor einer Welt, die Ihn verworfen hat. Er wird auch in Seinem Reiche und während der Ewigkeit fortfahren, sie offenbar zu machen (Kol. 3,4; 2. Thess. 1,10; 1. Joh. 3,2; Offb. 21).
Die erste Begebenheit hat nur die Seinen als Zeugen und zum Gegenstand. Es ist ein Akt reiner und völliger Gnade (Joh. 14,13).
Die zweite Begebenheit, die in Verbindung steht mit der Ausführung des Gerichtes gegenüber der Welt, hat die Welt als Zeugen (Offb. 1,7). Es handelt sich dabei um das Gericht der Lebendigen, das dem Tausendjährigen Reiche vorausgeht. Sie hat eine kriegerische und eine gerichtliche Seite (Offb. 19,11-16; 2. Thess. 1,7-10; Offb. 20,4; Matth. 25,31-46). Die Heiligen sind immer dabei (1. Kor. 6,2). Das Gericht der Toten hat keine direkte [es gibt aber eine indirekte Beziehung, indem der «Tag des Herrn», der beim zweiten Kommen des Herrn beginnt, erst bei der Einführung des ewigen Zustandes abschließt] Beziehung mit diesem zweiten Akt; jenes kommt erst nach dem Tausendjährigen Reiche, und zwar nach der Endrevolte von «Gog und Magog» und dem Gericht über Satan (Offb. 20,7-15). Dann folgen der neue Himmel und die neue Erde, der ewige Zustand (Offb. 20,11; 21,1).
Die Bösen werden zum Gericht der Toten auferweckt werden (zweite Auferstehung). Die erste Auferstehung dagegen begann mit der Auferstehung Christi, dem «Erstling», wird fortgesetzt bei der Auferstehung und Verwandlung derer, die des Christus sind bei Seiner Ankunft, und wird abgeschlossen durch die Auferstehung der Heiligen, die durch «das Tier» getötet werden zwischen der Entrückung und dem Tausendjährigen Reiche (1.Kor. 15,20-23; Offb. 11,11-12; 20,4-6).
Während dieser zweiten Begebenheit wird auch die wichtige Frage der Verantwortlichkeit der Heiligen in bezug auf ihren Wandel aufgerollt. Dann werden sie die Belohnung für ihren Dienst empfangen. Dann wird aber auch der Verlust offenbar werden, der aus ihrer Untreue resultiert. In einem Wort: In Beziehung zum Kommen des Herrn mit den Seinen wird die «himmlische Beförderung» stattfinden (Matth. 25,14-30; 2.Kor. 5,9-10).
Die erste Begebenheit wird im Besonderen «die Ankunft» genannt (1. Thess. 4,15; Jak. 5.7.8) und «die glückselige Hoffnung» (Titus 2,13).
Die zweite Begebenheit dagegen nennt das Wort: Seine Erscheinung (2. Tim. 4,1.8), die Erscheinung Seiner Herrlichkeit (Tit. 2,13), die Erscheinung Seiner Ankunft (2. Thess. 2,8), die Offenbarung des Herrn Jesus (1. Kor. 1,7; 2. Thess. 1,7; Kol. 3,4), das Kommen des Sohnes des Menschen (Mark. 13,26), der Tag Christi (Phil. 1,10) und schließlich der Tag des Herrn (1. Thess. 5,2). Der Tag des Herrn, der beim Kommen des Sohnes des Menschen zum Gericht beginnt (Mark. 13,26) und wie ein Dieb erscheint (2. Petrus 3,10), endigt nach der tausendjährigen Herrschaft Christi, wenn Er das Reich dem Gott und Vater übergeben wird bei der Zerstörung des jetzigen Himmels und der jetzigen Erde (2. Petrus 3,10). Er wird dem Tage Gottes – mit den neuen Himmeln und der neuen Erde, in welchen Gerechtigkeit wohnt (2. Petrus 3,12-13), Platz machen.
Diese paar zweifellos sehr unvollständigen Hinweise genügen, um einen lehrhaften Überblick über unsern Gegenstand zu geben.
Die Voraussetzung für einen reichlichen Eingang in das Reich
(2. Petrus 1,3-18)
Durch den Glauben an Gott, durch Jesum Christum, sind uns «die größten und kostbaren Verheißungen» zuteil geworden. Diese Verheißungen sind: Das ewige Leben, der Heilige Geist, die Beziehungen von Kindern zum Vater, das Erbteil usw., also Dinge, die teilweise schon im Alten Testament angekündigt und verheißen wurden (2. Tim. 1,1; Titus 1,2; 1. Joh. 2,25; Apg. 1,4; 2,39; Eph. 1,13; 2. Kor. 7,1; Röm. 4,13-21; Gal. 3,15-29). Alle diese Verheißungen sind in Christo verwirklicht worden (2. Kor. 1,20-22).
Wir besitzen die göttliche Natur, und «seine göttliche Kraft hat uns alles in betreff des Lebens und der Gottseligkeit geschenkt». Der Apostel zählt diese Dinge in den Versen 57 unseres Kapitels einzeln auf. Gott, der sie uns gegeben hat, indem Er uns dem Verderben, das in der Welt ist durch die Lust, entfliehen ließ, hat uns berufen durch Herrlichkeit und Tugend. Diese beiden Dinge kennzeichnen Seine Berufung: die Herrlichkeit für den Himmel, die Tugend zum Vorwärtsschreiten auf dem Wege, der in die Herrlichkeit führt. Ich fasse hier nur, so kurz als möglich, die ersten Verse unseres Kapitels zusammen.
Die unermesslichen Gaben, die wir besitzen, machen uns verantwortlich, «diese Dinge» (Verse 57) lückenlos darzureichen, und darin besteht die Tätigkeit des christlichen Lebens. Wenn wir wünschen, Gott zu verherrlichen, so ums unser Wandel eine ununterbrochene Offenbarung «dieser Dinge» sein, die das Leben und die Gottseligkeit betreffen. Sie bilden eine Kette, in welcher kein Glied fehlen darf, ohne dass wir in Gefahr kommen, in unserem Lauf zusammenzubrechen, bevor das Ziel erreicht ist.
Ach! das ist nur zu oft in dem Leben der Männer Gottes der Fall gewesen. Mehrere unter ihnen, die sich vor dem Ende aufhalten ließen, hatten aufgehört, ein jedes «dieser Dinge» zum andern hinzuzufügen. Anstatt die ganze Laufbahn zu vollenden, sind sie nur einen Teil gelaufen. Ein Einziger, «der Anfänger und Vollender des Glaubens» hat sie in vollkommener Weise durchlaufen. Aber warum sollten wir Ihm nicht ohne Straucheln nachfolgen? Haben wir nicht «Seine göttliche Kraft» empfangen, um den Lauf zu vollenden? Lasst uns daher «diese Dinge» darreichen und dabei «allen Fleiß» anwenden:
Im Glauben gegenüber Gott,
die Tugend oder die geistliche Energie, der Welt gegenüber,
die Erkenntnis oder das Verständnis der göttlichen Gedanken bezüglich des Weges der Nachfolge,
die Enthaltsamkeit im Hinblick auf uns selber,
das Ausharren in den Schwierigkeiten,
die Gottseligkeit in unsern Beziehungen zu Gott und im Leben unserer Seele (sie setzt voraus, dass der Gläubige in der Gemeinschaft Gottes lebe und in allen Dingen Seine Verherrlichung suche),
die Bruderliebe in unsern Beziehungen zur Familie Gottes,
die Liebe in unsern innigen Beziehungen zu dem Vater und dem Sohne.
Ich habe schon daran erinnert, dass die Männer des Glaubens, und oft sogar die bedeutendsten unter ihnen, im Lauf zusammengebrochen sind, da sie «diese Dinge» nicht oder nicht immer dargereicht haben. So mangelte zum Beispiel dem gerechten Lot vom Anfang seiner Laufbahn an die Tugend; Noah und David ließen die Enthaltsamkeit außer acht; Mose und Elia ließen es am Ausharren fehlen, Salomo an Gottseligkeit. Man könnte die Beispiele vermehren.
Welches Resultat kam für diese Gläubigen aus ihrem Mangel an Fleiß im Darreichen dieser Dinge hervor? Lot wurde gerettet, doch so wie durchs Feuer; Noah verlor seinen Titel als Haupt der erneuerten Schöpfung; das Schwert fehlte nicht mehr im Hause Davids und seine letzten Worte waren: «Obwohl mein Haus nicht also ist bei Gott» (2. Sam. 23,5). Mose konnte nicht in das verheißene Land eintreten, und Salomo wurde die Ursache der Teilung seines Königreiches.
Gingen diese Männer Gottes verloren? Gewiss nicht, denn wir sehen Mose und Elia auf dem heiligen Berge, in derselben Herrlichkeit wie der Sohn des Menschen, aber alle haben gefehlt. Einige unter ihnen sind ohne Zweifel durch Wege der Zucht wieder hergestellt worden, aber andere haben durch ihre Untreue ihre Krone verloren.
Indem wir «diese Dinge» in Treue darreichen, befestigen wir «unsere Berufung und Erwählung», nicht im Herzen Gottes selbstverständlich, sondern vor allem in unserem eigenen Herzen, dann aber auch im Bewusstsein der andern, wie aus 1. Thess. 1,34 hervorgeht: «Unablässig eingedenk eures Werkes des Glaubens und der Bemühung der Liebe und des Ausharrens der Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus, vor unserem Gott und Vater, wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung.» Wer «diese Dinge» darreicht, wird in der gesegneten Gewissheit seiner Vorrechte vorangehen.
Diese Überlegungen führen mich zum besonderen Gegenstand, auf welchen ich heute den Nachdruck legen möchte. Die Christen, an welche sich den Apostel wendet, werden aufgefordert, im Hinblick auf den Eingang in das Reich zu leben. Gott hatte ihnen eine Hoffnung gegeben, die ihren Wandel mächtig beeinflussen und sie mit Fleiß erfüllen sollte. «Wenn ihr diese Dinge tut», sagte der Apostel, «werdet ihr niemals straucheln. Denn also wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.» Das ewige Reich war das Ende ihrer Laufbahn; sie sollten es mit Christo teilen. Wenn das Neue Testament von der Verantwortlichkeit im Dienst spricht, stellt es als Ziel unserer Laufbahn immer das Kommen des Herrn mit den Heiligen in Seinem Reiche vor uns hin und nicht Sein Kommen für die Heiligen.
Beachten wir das Wort «Der Eingang wird euch reichlich dargereicht werden.» Es ist das Ergebnis eines treuen Wandels. Der Eingang wird allen gewährt, aber nicht allen reichlich. Der Christ kann entweder einen reichlichen oder einen ärmlichen Eingang haben. Dieser Ausdruck beschreibt deutlich, welchen Verlust wir durch unsere Untreue erleiden. Haben wir die Hoffnung, gerettet zu werden, doch so wie durchs Feuer? oder aber, am Ende unserer Laufbahn eine weit geöffnete Tür zu finden zum Eingang in die Herrlichkeit des Reiches?
Diese Dinge hatten eine sehr große Bedeutung in den Augen des Apostels; denn er sagt: «Deshalb will ich Sorge tragen, euch immer an diese Dinge zu erinnern, wiewohl ihr sie wisset und in der gegenwärtigen Wahrheit befestigt seid.» Aber jene Christen, geradeso wie auch wir selber, waren in Gefahr, sie zu vergessen und sich geistlicher Trägheit hinzugeben. Ihre Tätigkeit hatte den anfänglichen Schwung verloren und ihre Hoffnung die Kostbarkeit. Daher fügte er bei: «Ich halte es aber für recht, solange ich in dieser Hütte bin, euch durch Erinnerung aufzuwecken», und weiter: «Ich will mich aber befleißigen, dass ihr auch zu jeder Zeit nach meinem Abschiede imstande seid, euch diese Dinge ins Gedächtnis zu rufen.»
Dann sagt er gleichsam: «Was mich betrifft, ich habe das Reich mit meinen eigenen Augen gesehen. Ich sah auf dem heiligen Berge die Macht und die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus. Ich habe zum voraus Seine zukünftige Majestät betrachten können. Ich kann euch sagen, der Herr hatte einen reichen Eingang! «Er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit, als von der prachtvollen Herrlichkeit eine solche Stimme an ihn erging: «Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe.» Ich habe gehört, wie Gott ihn begrüßt hat als den Vielgeliebten, als den Gegenstand Seiner Wonne.»
Ja, dergestalt ist der Eingang des Herrn Jesus in Sein Reich. Alle Macht ist Ihm gegeben wegen Seines Gehorsams. Der treue Zeuge, der Anfänger und Vollender des Glaubens, hat die in den Versen 5-7 erwähnten Dinge in vollkommener Weise dargereicht und zwar bis zum Ende. Es wird Ihm daher Beifall gezollt werden mit den Worten des Psalmes 24: «Hebt eure Häupter empor, ihr Tore, und hebt euch, ihr ewigen Pforten, damit der König der Herrlichkeit einziehe! Wer ist dieser König der Herrlichkeit? Es ist der HERR, der Starke und Mächtige, der HERR, der Held im Streit! Hebt eure Häupter empor, ihr Tore, ja, hebt eure Häupter, ihr ewigen Pforten, damit der König der Herrlichkeit einziehe! Wer ist denn dieser König der Herrlichkeit? Der HERR der Heerscharen, er ist der König der Herrlichkeit!»
An Ihn richten sich auch die Worte des Psalmes 45: «Gürte dein Schwert an die Seite, du Held, deine Majestät und deine Pracht! In deiner Pracht fahre siegreich einher für die Sache der Wahrheit, der Sanftmut und Gerechtigkeit, und deine Rechte lehre dich furchterregende Taten! Deine Pfeile sind scharf, sie unterwerfen dir die Völker; sie dringen ins Herz der Feinde des Königs. Dein Thron, o Gott, bleibt immer und ewig; das Zepter deines Reiches ist ein Zepter des Rechts! Du liebst die Gerechtigkeit und hasst die Gesetzlosigkeit, darum hat dich, o Gott, dein Gott gesalbt mit Freudenöl, mehr als deine Gefährten.»
Was uns anbetrifft, Geliebte, so können wir nicht eintreten wie Er, aber wohl mit Ihm. Er wird nicht allein in das Reich eingehen. Petrus hat Ihn auf dem heiligen Berge so gesehen, wie Er wiederkommen wird. Mose und Elia waren bei Ihm als Seine Genossen und als Vertreter der auferstandenen und der verwandelten Heiligen, die Sein Gefolge bilden werden am Tage Seines ewigen Reiches. Wenn wir treu sind, und «diese Dinge» im Hinblick auf Sein Erscheinen darreichen, werden die ewigen Pforten, die sich für Ihn erheben, sich auch vor uns nicht senken, und wir werden begrüßt werden mit den Worten: «Wohl du guter und getreuer Knecht… gehe ein in die Freude deines Herrn!»
Das Reich und der Morgenstern
(2. Petrus 1,16-20; Offb. 2,26-28; Offb. 22)
Petrus hatte auf dem heiligen Berge das wunderbare Gesicht vom Sohne des Menschen, gekommen in Seinem Reiche, gesehen (Matth. 16,28). Da wurden ihm die Herrlichkeiten gezeigt, die dieses Kommen begleiten werden. Sie blieben ihm bis zur Stunde, da er «seine Hütte ablegte» tief ins Herz eingeprägt.
Zuerst richteten sich seine Blicke auf die Majestät des Sohnes des Menschen, der durch die Stimme «aus der prachtvollen Herrlichkeit» Sohn Gottes genannt wurde: Das Gesicht Jesu leuchtete wie die Sonne und Seine Kleider wurden weiß wie das Licht! Dann wandte sich der Blick des Petrus auf die beiden Gestalten aus dem Himmel, die jetzt bei dem Herrn standen. Er war Zeuge der Unterredungen, die in dieser Herrlichkeit geführt werden und konnte sich damit vertraut machen. Mit eigenen Ohren hatte er die Stimme des Vaters gehört, der von dem Sohne Seiner Liebe sprach. Johannes, Jakobus und er bildeten sozusagen die untere und irdische Sphäre des Reiches, und die Sonne der Gerechtigkeit, die auf dem Berge aufgegangen war, warf ihre herrlichen Strahlen auf sie herab.
Dieses Gesicht bestätigte die Prophetie des Alten Testamentes. Denn der Gegenstand, auf den die ganze Prophetie hinzielt, ist das Reich Christi. Bei Erwähnung des prophetischen Wortes fügt der Apostel hinzu: «Auf welches zu achten ihr wohl tut, als auf eine Lampe, welche an einem dunklen Orte leuchtet.»
Die Prophetie ist in ihrer Tragweite für unser Gewissen sehr wichtig, und wenn wir sie vernachlässigen, ist es zu unserem Schaden Sie spricht nicht nur vom Reiche, sondern lässt auch erkennen, dass dieses Reich nur durch Gericht aufgerichtet werden kann. Weshalb? Weil die Welt durch und durch verderbt ist, und der Herr nicht die Verderbnis zur Grundlage Seiner Regierung machen kann. Die Welt ist ein «dunkler Ort», die Prophetie aber eine Lampe, die uns ermöglicht, deren gegenwärtigen Zustand zu erkennen Sie wirft auch ihr Licht auf den Endzustand der Menschen, der dann eingetreten ist, wenn der Herr kommen wird «und alle Heiligen mit ihm».
Die Gläubigen waren in Gefahr, sich inmitten dieser Finsternis vom Schlaf übermannen zu lassen. Die prophetische Lampe aber ließ sie die verborgenen Schlingen und den kommenden Schrecken sehen. Sie trennt uns von der Welt durch die Furcht. Wie sollten wir uns einsmachen mit dem, was durch das Gericht hinweggefegt werden wird? Wie könnten wir uns an einem Orte heimisch machen, wo alles erschüttert und zerstört werden wird?
Wirklich, wir «tun wohl», auf das prophetische Licht zu achten, und ich glaube, die Vernachlässigung der Prophetie seitens der Christen ist mitschuldig an ihrer heutigen Weltförmigkeit.
Aber schon jetzt besitzen wir mehr als nur diese Lampe. Der Apostel fügt bei: «bis der Tag anbreche». Wir sind «Söhne des Lichtes und Söhne des Tages». Als Kinder des Reiches sind wir fähig gemacht zu dem Anteil der Heiligen in dem Lichte. Unterdessen sind wir schon von der Macht der Finsternis befreit. Und wenn wir auch noch nicht in das Reich des Königs der Gerechtigkeit, des Friedens und der Herrlichkeit eingetreten sind, so sind wir doch jetzt schon in ein viel größeres und herrlicheres, in das Reich des Sohnes Seiner Liebe versetzt worden. Schon genießen wir in Christo die Beziehungen des Sohnes und der Liebe des Vaters, die auf Ihm ruht. Der Tag wird bald anbrechen; lasst uns schon jetzt als Söhne des Tages wandeln!
Die Prophetie leuchtet auf eine verwüstete Erde; die Sonne der Gerechtigkeit aber wird eine erneuerte Erde erhellen. Sie ist noch nicht erschienen, doch schon kennen wir ihren Glanz. Petrus, der sie auf dem heiligen Berge betrachten durfte, hat sie uns beschrieben.
Der Apostel erwähnt noch ein anderes Licht: «und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.» Die Sonne erleuchtet die Erde, aber der Morgenstern hat den Himmel als Bereich. Er zieht die Blicke auf sich selbst und auf jene unendlichen Räume, wo sein reines Licht funkelt. Der Morgenstern ist ein anmutiges Gestirn von einer wunderbaren Frische. Er erhebt sich lange vor dem Morgengrauen, und nur wer wacht, hat das Vorrecht, ihn zu schauen.
Der himmlische Christus ist der «Morgenstern». Er wird vor den Blicken der Seinen erscheinen. Wir sehen Ihn noch nicht, haben aber schon den Zeitpunkt erreicht, wo Er erscheinen wird; denn «die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe» (Röm. 13,12). Schon ist der Morgenstern in unsern Herzen aufgegangen, schon erfüllt die himmlische Hoffnung unsere Gedanken und unsere Herzen: die Person unseres Heilandes. Er ist unsere Hoffnung.
Auch in Offenbarung 2,26-28 wird das Reich und der Morgenstern nebeneinander erwähnt. An dieser Stelle weist der Heilige Geist die Gläubigen, die das von Gott geschenkte Leben praktisch darstellen, nicht auf die Eingangspforte des Reiches hin, wie in 2. Petrus 1.
Jesus selbst ist es, der hier dem Überwinder ein gleiches Teil mit Ihm in der Herrschaft Seines Reiches anbietet. «Wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben; und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerschmettert werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe.» Dem Herrn Jesus Christus, dem Sohne des Menschen, der als Sohn Gottes ausgerufen wird, gehören nach Psalm 2 diese Dinge: «Fordere von mir, und ich will dir zum Erbteil geben die Nationen und zum Besitztum die Enden der Erde. Mit eisernem Zepter wirst du sie zerschmettern, wie ein Töpfergefäß sie zerschmeißen» (Siehe Offb. 19,15). Wir werden an Seiner Herrschaft teilhaben, werden mit Ihm die Nationen weiden. Keiner der Menschen wird es wagen, sich gegen den Christus zu erheben. Er würde augenblicklich zerschmettert werden.
Der Herr fügt bei: «Und ich werde ihm den Morgenstern geben.» Das ist weit mehr als das Reich und die Herrschaft, weit mehr sogar als eine himmlische Hoffnung im Herzen. Es ist das Gestirn selbst, der Morgenstern selbst, die Person des Herrn selbst, die der Überwinder besitzt. Es ist, als ob wir Ihn sagen hörten: Im Himmel werde Ich euch Mich selber geben. Ich werde dieselbe Wesensart haben, in der ich einst zu euch gekommen bin. Ich werde euch bekleiden mit meiner himmlischen Schönheit und Gnade. Ich werde da oben euer kostbares Teil sein, ehe ich vor der Welt geoffenbart werde!
Wahrlich, es lohnt sich, unaufhörlich zu kämpfen, zu überwinden und durch unser ganzes Leben den satanischen Grundsätzen, die diese Welt regieren, unermüdlich zu widerstehen! Denen, die überwinden, wird Er das Reich geben; aber sie werden auch Ihn selber besitzen als ihr besonderes Teil in der Ruhe und der Schönheit der himmlischen Örter! Dieses Teil wird uns hier als Belohnung in Aussicht gestellt.
In Offenbarung 22,16 finden wir das Reich und den Morgenstern ein drittes Mal beisammen. Hier sehen wir die Segnungen sich noch höher und noch weiter ausdehnen als in den vorhergehenden Stellen. Auch der Ruf: «Ich komme bald!» wiederholt sich durch das ganze Kapitel hindurch.
In der Stelle, die uns beschäftigt, stellt sich der Herr zunächst als Der vor, der in der Würde des Königs erscheint. Er ist «die Wurzel und das Geschlecht Davids». Er ist sowohl die Quelle als auch der Erbe all der Gnaden, die dem Gesalbten Gottes verheißen sind. Und diese Gnaden des Reiches will Er den Seinen als Belohnung austeilen.
Aber hier gibt Er ihnen nicht, wie im zweiten Kapitel, die Regierung über die Erde und die Nationen. Hier führt Er sie in den erhabeneren Teil des Reiches ein. Er gewährt ihnen sogar die himmlische Sphäre: Sie dürfen in die Stadt eintreten, am Baume des Lebens im Paradiese Gottes teilhaben und sich von seinen Früchten nähren. Der Strom des Wassers des Lebens, der hervorgeht aus dem Throne Gottes und des Lammes, wird sie ewiglich erfrischen. Es ist ihr Vorrecht, Ihm in Seiner Herrlichkeit zu dienen und Sein Angesicht zu sehen. Sie machen öffentlich Seine Vollkommenheiten kund, indem sie Seinen Namen auf ihren Stirnen tragen. Sie stehen im vollen Lichte der Sonne der Ewigkeit, und sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit! (22,15).
Geschwister, diese herrliche Zukunft werden wir erreichen! Wie könnten wir da noch versucht sein, den einzigen Weg, der dahin führt, zu verlassen und andere Pfade einzuschlagen? Lasst uns vielmehr mit Seiner Gnade rechnen, lasst uns treu sein, den guten Kampf kämpfen, den Lauf vollenden, den Glauben bewahren – und alle jene Dinge werden unser sein für immer!
Jesus fügt bei: «Ich bin der glänzende Morgenstern.» Mit diesem einen Wort beschreibt Er sich in einer Weise, wie nur Er es zu tun vermag. In Offenbarung 2 ist Er unser Teil im Himmel, bevor Er sich der Welt offenbart. Hier stellt Er sich uns als der Kommende in Seinem persönlichen Glanze vor. Wie einst Isaak Rebekka entgegenging, kommt auch Er Seiner Braut entgegen. Er sendet keinen Boten, um sie zu holen, nicht einmal den Engelfürsten; nein, Er kommt selber! Könnte Er uns einen größeren Beweis Seiner Liebe geben?
Und wir, sagen wir auch wie Rebekka: «Ich will gehen?» Sind wir ausgegangen, Ihm zu begegnen? Der Heilige Geist, unser Elieser, spricht von Ihm auf dem ganzen Wege und weckt Zuneigungen für unsern Bräutigam. Leihen wir Ihm ein aufmerksames Ohr für alles, was Er uns über Ihn zu sagen hat? Dann wird dieser Ruf: «Ich komme bald, ja, Ich komme bald!» der immer näher und näher kommt, in unsern Herzen einen freudigen Widerhall finden. «Komm!» sagt die Braut in Übereinstimmung mit ihrem Elieser, der Ihn so gut kennt, «Amen; komm, Herr Jesus!»
Christus, der in seinem Reiche kommt, richtet sich an unser Gewissen; der Morgenstern aber wendet sich an unser Herz. Lasst uns weder den einen, noch den andern vernachlässigen! In beiden Fällen handelt es sich um ihn. Lasst uns gleichzeitig sowohl Seine Erscheinung als auch Sein Kommen lieben, dann wird Er uns bei Seinem Kommen in dem Zustande finden, in welchem Er uns zu begegnen wünscht. Wie wird Sein Herz dann befriedigt sein!
«Ich komme bald»
Die Offenbarung ist ein Buch der Gerichte, und das Kommen des Herrn, der sie ausführen wird, ist ihr eigentlicher Hauptgegenstand. Eines der ersten Worte im ersten Kapitel lautet: «Siehe, er kommt mit den Wolken.» Auch das 2. und das 3. Kapitel erwähnen Sein Kommen einige Male: Die Heiligen in Thyatira ermahnt Er: «Was ihr habt haltet fest, bis ich komme.» Sardes muss hören: «So werde ich über dich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, um welche Stunde ich über dich kommen werde.» Und endlich ruft Er Philadelphia zu: «Ich komme bald; halte fest was du hast, auf dass niemand deine Krone nehme.»
Die Kapitel 4 bis 11 beschreiben die Vorbereitungen für Sein Kommen, bis die Worte ertönen: «Das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus ist gekommen», und: «Wir danken dir, Herr, dass du angenommen hast deine große Macht und angetreten deine Herrschaft!» Das 19. Kapitel zeigt uns den Herrn, wie Er aus dem Himmel kommt, sitzend auf einem weißen Pferde; dann richtet Er und führt Krieg in Gerechtigkeit. Schließlich, im 22. Kapitel, vernehmen wir den Ruf: «Ich komme bald!»
Die Gegenüberstellung dieser zahlreichen Stellen beweist uns, dass Er in zwei ganz verschiedenen Weisen kommen wird: in Gnade oder zum Gericht. Die Offenbarung spricht vor allem von Seinem Kommen zum Gericht. Weshalb denn kommt Er als Richter? Weil die verantwortliche Kirche (oder Christenheit), die Welt (oder die «welche auf der Erde wohnen»), wie auch das jüdische Volk in einem solchen Zustande sind, dass dem Herrn nach so viel Langmut nichts anderes mehr übrig bleibt, als sie in Seinem Zorn zu schlagen. Wir sehen also im Buche der Offenbarung, dass der völlige Ruin des Menschen das Gericht Gottes herbeiführt durch das Kommen Christi, während von Seinem Kommen in Gnade nur an einigen wenigen Stellen die Rede ist. Das ganze Buch wird im 22. Kapitel mit dem dreimal wiederholten Ruf: «Ich komme bald!» abgeschlossen (Verse 7,12 und 20).
Er kommt, so haben wir gesagt, in Gnade oder in Gericht, zur Glückseligkeit oder zum Fluch. So lesen wir zum Beispiel in Kapitel 22,7: «Siehe, ich komme bald. Glückselig, der da bewahrt die Worte der Weissagung dieses Buches!»
Was bedeutet wohl dieser Ausdruck: «die Worte der Weissagung bewahren»? Er will sagen: die Weissagung in die Praxis umsetzen. Gestützt auf die beiden großen Wahrheiten, von denen wir soeben gesprochen haben: das Verderben des Menschen und das Gericht Gottes, sollen wir eine heilige Absonderung von allem, was gerichtet werden muss, verwirklichen. Auch sollen wir in der Erwartung der nahen Zukunft Dessen leben, dem wir angehören. Der erste Ruf: «Ich komme bald» richtet sich eigentlich an die Gläubigen, welche durch die in der Offenbarung beschriebenen Ereignisse hindurchgehen müssen, an die 144.000 Versiegelten aus den Juden und an die große Menge der aus den Nationen Geretteten (Kapitel 7). Er wird bald für sie kommen, um sie in die Glückseligkeit Seines Reiches einzuführen. Aber auch die Versammlung darf diese Verheißung Christi für sich nehmen, auch sie soll die Worte der Weissagung dieses Buches bewahren, auch sie soll die Erscheinung des Herrn lieben. Dann sagt der Engel zu Johannes (Offb. 22. 10): «Versiegle nicht die Worte der Weissagung dieses Buches; die Zeit ist nahe.» Heute ist es nicht mehr wie zur Zeit Daniels, welchem gesagt wurde: «Und du, Daniel, verschließe die Worte und versiegle das Buch bis zur Zeit des Endes» (Dan. 12,4 und 9). Dieses Buch der Offenbarung aber sollte nicht verschlossen werden, denn die Zeit ist nahe. Gott will hier, dass die prophetische Schrift geöffnet daliege, damit jeder davon Kenntnis nehme. Die Welt ist zweifellos nicht in der Lage, sie zu begreifen, und wenn man sie ihr vorlegt und, wie Jesaja, sie auffordert: «Lies doch dieses!» so antwortet sie: «Ich kann nicht, denn es ist versiegelt» oder: «ich kann nicht lesen» (Jes. 29,11-12). Aber sagen nicht selbst auch Christen: «Dieses Buch ist dunkel, ich verstehe nichts davon!» Und es ist doch gar nicht versiegelt. Warum verstehen sie es denn nicht? Weil sie die Worte der Weissagung nicht bewahren, und unsere Weltförmigkeit ist es, die uns daran hindert. Ein anderer Grund dafür ist auch darin zu suchen, dass das Kommen des Herrn zu wenig Raum findet in unsern Herzen und zu wenig im Mittelpunkt unseres Interesses steht.
Brüder, die Zeit ist nahe, so nahe, dass wir vor dem Augenblick stehen, in welchem es unmöglich sein wird, am moralischen Zustand und am Schicksal der Menschen noch etwas zu ändern. Sie befinden sich gleichsam schon auf dem Schaffot; im Nu wird der verhängnisvolle Streich sie treffen. Dann wird es zu spät sein, umzukehren. «Wer unrecht tut, tue noch unrecht, und wer unrein ist, verunreinige sich noch, und wer gerecht ist, übe noch Gerechtigkeit, und wer heilig ist, sei noch geheiligt.»
Der Herr kommt, und Er ist so nahe, dass Er einen jeden von uns in Seinem endgültigen Zustande finden wird. Dann wird für die Ungerechten und die Unreinen das Wort erschallen: «Es ist zu spät!» Wie schrecklich ist dieses Wort für sie: «Ich komme bald, und mein Lohn mit mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird» (V. 12). Dieses zweite «Ich komme bald!» klingt für die Sünder wie eine Totenglocke.
Das dritte «Ich komme bald!» (V. 20), richtet sich an die wachende Braut, die ihren Herrn erwartet. Sie gleicht einem Wächter, dessen Augen sich nicht auf die noch vom Dunkel umhüllte Erde richten, sondern auf den Himmel, um den Stern, den Vorläufer des Tages, erscheinen zu sehen.
Wie sollte die Braut beim Hören dieses Rufes nicht frohlocken? Ach! Wie viele Christen haben nicht einmal darauf geantwortet! Wie viele unter ihnen werden nur durch das in Bewegung gebracht, was von der Erde her an sie herantritt, während das Kommen des Herrn sie gleichgültig lässt.
Brüder, hört ihr den Ruf: «Ich komme bald!»? Wer es hört, spreche: «Komm!» Mühselige und beladene Seelen, dürstet ihr nach Besserem? «Wen da dürstet, der komme.» Ihr alle, an die das Wort sich heute wendet, kommet, kaufet ohne Kaufpreis: «Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst.»
Bei der Stimme Jesu entfaltet sich im Herzen der Braut der ganze Kreislauf heiliger Zuneigungen: Zuerst Zuneigungen, die aus dem Bewusstsein ihrer lebendigen Verbindung mit dem Bräutigam hervorkommen; dann das Bedürfnis, die Herzen aller Gläubigen zu Christo zu ziehen, und schließlich das Verlangen nach den dürstenden Seelen, die noch nicht zu der erfrischenden Quelle gekommen sind.
Geliebte, das seien auch unsere Wünsche und unsere Freuden bis Er kommt.
Die Bekehrung und das Kommen des Herrn
1. Thess. 1 und 2,13
Wer sich heute über den wirklichen Zustand der Seelen Rechenschaft geben will, gerät in Verlegenheit. Zur bekennenden Christenheit gehören viele Personen, die den Rationalismus und den modernen Unglauben ablehnen. Sie gehen vielleicht Sonntag für Sonntag hin, um einen mehr oder weniger treuen Prediger zu hören, der das Wort Gottes überzeugend und beredsam verkündigt, und sie kehren das eine Mal mehr, das andere Mal weniger erbaut und zufrieden zurück. Sie heben auch gerne die Verdienste derer hervor, die zu ihnen sprechen. Das alles macht aber noch nicht den Christen aus.
Es besteht ein grundlegender Unterschied zwischen solchen Seelen und den Thessalonichern, welchen der Apostel schrieb: «Wir danken Gott unablässig, dass, als ihr von uns das Wort der Kunde Gottes empfinget, ihr es nicht als Menschenwort aufnahmet, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort.» Weder die Art und Weise der Verkündigung des Apostels, noch seine Person waren es, die sie angezogen hatten. Aber sie nahmen durch den Glauben sein Wort als das wirkliche Wort Gottes auf. Sie hatten es von Anfang an in lebendiger Weise mit Gott zu tun und nicht mit dem Menschen.
Das Evangelium war in ihrer Mitte zweifellos von mächtigen Taten begleitet gewesen (Kap. 1,5), von Zeichen, die damals die apostolische Wirksamkeit kennzeichneten. Aber die göttliche Autorität dieses Wortes war ihnen noch auf eine ganz andere und viel wunderbarere Weise zum Bewusstsein gekommen. Der Apostel fügt bei: «das auch in euch, den Glaubenden wirkt.» Diese Autorität hatte sich durch die Früchte, die das Wort in ihren Herzen hervorbrachte, bewiesen. Das ist es, was dem bloßen Bekenner fehlt und immer fehlen wird.
Die erstgenannte dieser Früchte war die Tatsache, dass das Wort sie mit Freude erfüllt hatte, nicht mit einer vorübergehenden Befriedigung, einen erbaulichen Vortrag gehört zu haben, sondern mit der Freude des Heiligen Geistes (Kap. 1,6). Es war für sie Gottes Wort; ihr Glaube hatte es als solches erfasst, und der Heilige Geist, der es ihnen vermittelte, hatte sie beim Hören mit Freude erfüllt.
Die Heiligen in Thessalonich waren nicht dabei stehen geblieben. Dieses Wort hatte bei ihnen alsbald eine andere Frucht bewirkt: die Umkehr. Sie bekehrten sich «von den Götzenbildern zu Gott; sie gaben ihre Religion auf, um:
- Dem zu dienen, den sie durch das Wort als den lebendigen und wahren Gott kennen gelernt hatten – im Gegensatz zu den Götzenbildern, die nur Lüge waren
- um «seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er aus den Toten auferweckt hat, – Jesum, der uns errettet von dem kommenden Zorn.»
Damit war das Ziel ihrer Bekehrung erreicht. Als Diener des wahren Gottes hatten sie sogleich angefangen, den Herrn Jesus aus den Himmeln zu erwarten, – nicht als Richter, wohlverstanden, sondern als Heiland, in welcher Eigenschaft Er es sich zur Aufgabe macht, uns von dem kommenden Zorn zu erretten. Von ihrer Bekehrung an hatten diese Christen, die noch ganz unwissend waren, die Hoffnung auf das nahe Kommen Christi in ihren Herzen. Der kommende Zorn konnte sie nicht mehr erreichen, weil das Kommen des Herrn sie davor in Sicherheit setzen würde.
Leser, ist das Ziel deiner Bekehrung, die den ersten Schritt auf der christlichen Laufbahn darstellt, erreicht? Hast du die Götzenbilder von damals, als du noch im Fleische warst, aufgegeben, um dem lebendigen Gott zu dienen und Seinen auferstandenen Sohn aus den Himmeln zu erwarten? Und wenn du es nicht tust, wenn du nicht Jesum vom Himmel erwartest, welchen Namen soll man dann deinem Christentum geben?
Beachte wohl, diese Thessalonicher waren keine fortgeschrittenen Christen, die in der Lehre gut unterrichtet gewesen wären. Es waren kleine Kinder in Christo, welche die Einzelheiten über das Kommen des Herrn noch gar nicht kannten. Dieser Brief beweist es uns; der Apostel schreibt ihnen, um sie darüber zu belehren. Sie wussten viel weniger davon als wir, die wir nun im Worte über das Kommen Christi eine vollständige Belehrung besitzen. Sie hätten nicht zu sagen vermocht, wie Er kommen würde, wie wir Ihm entgegengerückt werden sollen und was mit ihren Brüdern geschehen würde, die im Herrn entschlafen waren. Aber wir, die wir das alles wissen, erwarten wir Jesum wie sie? Beachten wir auch, dass ihre Hoffnung nicht nur eine Begeisterung der ersten Stunde war. Unter tausend Schwierigkeiten hatten sie in dieser Erwartung ausgeharrt. Die Welt hasste, verachtete und verfolgte diese Christen. Sie stellte ihnen aber dabei das Zeugnis aus, dass sie ihre alte Religion aufgegeben und dem Herrn Jesus zugewandt hatten, welches sich dadurch kennzeichnete, dass sie den vom Himmel erwarteten, den sie ihren Heiland nannten. Ihr Erkennungszeichen in der ganzen Welt war diese Hoffnung, eine in den Augen der Menschen so törichte und lächerliche Sache. Und woher wusste die Welt, dass die Thessalonicher Gott dienten und den Herrn erwarteten? Nicht weil sie darüber redeten, sondern weil sie entsprechend handelten. Ihr Leben war durch eine Reihe von Werken gekennzeichnet, die offensichtlich aus ihrem Glauben hervorkamen: Da war unaufhörlicher Dienst, dessen Beweggrund die Liebe war. Sie zeigten ein auffallendes Ausharren inmitten schwerer Verfolgungen; und dieses Ausharren stützte sich auf die glückselige Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus (Kap. 1,3). Alles war Wirklichkeit im Leben der Thessalonicher. Was sie durch die Gnade besaßen, hatte sie für immer von der Welt getrennt, und sie konnte nur noch Leiden hinzufügen. Aber sie gingen voll Freude hindurch. Sie dienten Gott, erwarteten jeden Augenblick ihren Heiland aus den Himmeln, waren von Glauben, Liebe und Ausharren erfüllt, und verherrlichten auf diese Weise jeden Tag den Gott und Vater, zu welchem der Heiland sie hingeführt hatte.
Und nun frage ich: Ist dieses Gemälde ein Bild von dem, was wir sind?
Die Erwartung des Herrn und das christliche Leben
1.Thess. 3,10-13
Wir haben schon darauf hingewiesen, dass die Erwartung des Herrn die Thessalonicher nicht nur bei ihrer Bekehrung kennzeichnete. Die Verfolgung, welche darauf über sie kam, gab ihnen Gelegenheit, auch nachher das Ausharren ihrer Hoffnung an den Tag zu legen. Und so wie sie hatte Paulus selber obwohl gealtert durch anstrengenden Dienst und nicht mehr ein Kindlein im Glauben, sondern ein Vater – immer in der Tätigkeit der «ersten Liebe» gewandelt. Die Jahre hatten die Frische seines christlichen Lebens nicht abzuschwächen vermocht. Das zweite Kapitel zeigt uns den Apostel in seinem «Werke des Glaubens», in seiner «Bemühung der Liebe» und auch in seinem «Ausharren der Hoffnung». Denn als Satan seinen Dienst zu verhindern suchte (V. 17-20), hatte er das Kommen des Herrn vor den Augen und wusste, dass er dann die Belohnung für seinen Dienst empfangen würde. «Denn,» sagt er, «wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Krone des Ruhmes? Nicht auch ihr vor unserem Herrn Jesus bei seiner Ankunft»? (2,19). So übte das Kommen des Herrn, das den ganzen Wandel dieser Kindlein im Glauben ordnete, auch einen gesegneten Einfluss auf den ganzen Dienst des großen Apostels der Heiden aus. Dieser sowohl wie jene, alle trugen dieselben Kennzeichen der gleichen Familie und besaßen, trotz der ganz verschiedenen Maße ihrer Erkenntnis, das gleiche Geheimnis des christlichen Lebens. Ihr Christentum war äußerst einfach: Sie kannten und liebten den Herrn persönlich und lebten in der täglichen Erwartung Seines Kommens.
Die Stelle, die den Hauptgegenstand dieser Betrachtung bildet (1. Thess. 3,10-13), lässt uns erkennen, dass der Glaube der Thessalonicher von verschiedenen Gefahren bedroht war. Der Begriff «Glaube» umschließt nicht nur die Annahme des Zeugnisses Gottes über das Werk Christi; denn wenn dieses Zeugnis im Herzen aufgenommen wird, so ist dieser Glaube vollendet. Der hier gebrauchte Begriff umfasst auch die Gesamtheit der christlichen Lehre, die durch den Glauben erfasst wird. In diesem Stück fehlte den Thessalonichern noch vieles (s. Vers 10). Die ganze Belehrung dieser Epistel beweist, dass ihnen die Einzelheiten ihrer Hoffnung noch unbekannt waren. Aus dem 4. Kapitel ersehen wir, dass sie in Gefahr standen, betrübt zu sein «wie auch die übrigen, die keine Hoffnung haben», und aus dem zweiten Briefe geht hervor, dass es dem Feinde in einem kleinen Maße gelungen war, ihre Hoffnung abzuschwächen. Er täuschte ihnen vor, der «Tag des Herrn», das heißt, der Tag des Gerichtes, sei da (2. Thess. 2,2); sie hätten sich daher geirrt, wenn sie den Herrn Jesus erwarteten, der sie von dem kommenden Zorn erretten sollte.
Tatsache ist, dass Christen, die nicht vertraut sind mit dem Kommen des Herrn, Gefahr laufen, in die Schlingen des Versuchers zu treten, und dann wäre die ganze Arbeit des Geistes Gottes in ihnen vergeblich gewesen (1. Thess. 3,5). Wenn wir aber die Kenntnis der christlichen Hoffnung verlieren, ist unsere Seele in Gefahr, auch andere elementare Wahrheiten, die das Fundament unseres Glaubens bilden, zu verlieren. Denn die Erwartung Christi beeinflusst unsern Dienst, belebt unsern Glauben und wirkt noch auf andere Elemente unseres christlichen Lebens ein. Man darf sogar behaupten, dass sie mit jedem Bestandteil dieses Lebens in Verbindung steht. Daher konnte der Apostel im 3. Kapitel unseres Briefes nicht von der Heiligkeit schreiben, ohne sie mit dem Kommen des Herrn in Verbindung zu bringen: «Euch aber mache der Herr völlig und überströmend in der Liebe gegeneinander und gegen alle, (gleichwie auch wir gegen euch sind,) um eure Herzen tadellos in Heiligkeit zu befestigen vor unserem Gott und Vater, bei der Ankunft unseres Herrn Jesus mit allen seinen Heiligen.»
Bleiben wir einen Augenblick bei dieser Stelle stehen. Der Apostel wünschte für die Heiligen in Thessalonich, dass ihr Dienst der brüderlichen Liebe überströme, nicht nur in dem engen Kreise ihrer christlichen Beziehungen, sondern «gegen alle».
Der Apostel war vor den Augen der Thessalonicher ein Muster in der Ausübung dieser Liebe, von der er sprach. Er konnte ihnen in Wahrheit sagen: «wie auch wir gegen euch sind», denn er hatte es ihnen bewiesen. «Wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine Amme ihre eigenen Kinder pflegt. Also, da wir ein sehnliches Verlangen nach euch haben, gefiel es uns wohl, euch nicht allein das Evangelium Gottes, sondern auch unser eigenes Leben mitzuteilen, weil ihr uns lieb geworden waret.» Seine Arbeit in ihrer Mitte war eine echte «Bemühung der Liebe»: «Denn ihr gedenket, Brüder, an unsere Mühe und Beschwerde: Nacht und Tag arbeitend, um niemand von euch beschwerlich zu fallen, haben wir euch das Evangelium Gottes gepredigt» (2,7-9).
Die Ausübung der Bruderliebe hat überaus kostbare Auswirkungen auf den Zustand unserer Seelen. Dies geht aus den Worten des Apostels hervor: «Um eure Herzen tadellos in Heiligkeit zu befestigen vor unserem Gott und Vater». Diese Dinge kennzeichnen auch die Person Christi: Er ist Liebe; Er ist der Heilige; Er ist tadellos und hat nie etwas «Ungeziemendes» getan.
Diese Dinge sind auch ein Merkmal für unsere gegenwärtige Stellung in Christo. Gott betrachtet uns als solche, die in Ihm sind und daher dieselben Wesenszüge haben wie der Herr selbst: «Er hat uns auserwählt in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe.»
Sie kennzeichnen auch unsern zukünftigen Zustand: «Um euch heilig und tadellos und unsträflich vor sich hinzustellen» (Kol. 1,22). «Christus hat die Versammlung geliebt… auf dass er sie sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei» (Eph. 5,27).
Aber ein Christ kann sich mit dem Wissen, dass er in Christo vollkommen ist und auch in der Herrlichkeit vollkommen sein wird, nicht begnügen. Da er göttliches Leben hat, wird er die Wesenszüge, die er besitzt, auch hienieden zu verwirklichen suchen. Aus diesem Grunde finden wir diese Worte auch da, wo es sich um die Frage des Wandels in dieser Welt handelt. «Ihr seid Zeugen und Gott, wie göttlich (oder: heilig) und gerecht und untadelig wir gegen euch, die Glaubenden, waren; gleichwie ihr wisset, wie wir jeden einzelnen von euch, wie ein Vater seine eigenen Kinder, euch ermahnt… haben» (1. Thess. 2,10.11) kann der Apostel sagen. Seine Liebe zu den Thessalonichern war der Beweggrund zu seinem Handeln ihnen gegenüber. Er wünschte, dass es auch bei den Philippern so sei. Paulus schrieb ihnen: «Und um dieses bete ich, dass eure Liebe noch mehr und mehr überströme in Erkenntnis und aller Einsicht… auf dass ihr lauter und unanstößig seid auf den Tag Christi» (Phil. 1,9.10).
Diese, unsern christlichen Wandel betreffende Wahrheit, ist überaus wichtig. Denken wir daran: unsere praktische Heiligkeit entspringt unserer Liebe. Die erste kann nicht bestehen, wenn die zweite fehlt. Die Bruderliebe bindet uns an die Familie Gottes und heiligt uns, indem sie uns von allem absondert, was nicht aus Ihm geboren ist. Demzufolge können wir nicht mehr das lieben und pflegen, wonach die Welt trachtet. Wir finden unsere Freude in den himmlischen Dingen, mit denen, die sie kennen und lieben. Wenn aber die Bruderliebe erkaltet und bei dem Christen nicht mehr überströmt, entsteht eine gewisse Leere im Herzen: Die Welt beeilt sich, diesen freien Raum auszufüllen. Zuerst schleicht sie auf leisen Sohlen ein, bald aber spielt sie sich als Herr auf, und die Heiligkeit, die praktische Absonderung für Gott wird zum leeren Begriff oder bestenfalls zu einer toten Form.
Kommen wir auf unsere Stelle zurück: «Um eure Herzen tadellos in Heiligkeit zu befestigen vor unserem Gott und Vater». Hier handelt es sich eigentlich nicht um unsern Wandel, wie in Phil. 1,9-10. sondern um den Zustand unserer Herzen. Die Ausübung der Bruderliebe befestigt die Herzen der Gläubigen in einem tadellosen Zustand und in der Heiligkeit vor Gott durch das glückliche Bewusstsein dieser Dinge. Aber wie könnten sie bei dem Maße, in welchem sie Christum hienieden darstellen, stehen bleiben? Das hieße ja, selbstzufrieden zu werden und sich der gefährlichen Illusion hinzugeben, dass es in dieser Welt möglich sei, eine praktische Vollkommenheit zu erreichen. Daher fügt der Apostel hinzu: «bei der Ankunft unseres Herrn Jesus mit allen seinen Heiligen.» Wir finden die Vollkommenheit dieser Dinge erst beim Kommen unseres Herrn. Aber gestützt auf diese Hoffnung vermögen wir sie völliger zu verwirklichen und erwarten so von einem Augenblick zum andern ihre volle Erfüllung. Die Augen auf Jesum gerichtet, bemühen wir uns darum, jetzt schon als solche vor Ihm zu stehen, wie wir dann sein werden, wenn Er kommen wird mit allen Seinen Heiligen.
Ich kann und ich darf keinen geringeren Maßstab der Heiligkeit anlegen, als diesen. Wie sollte ich anders, als in der Liebe wandeln, wenn ich daran denke, dass der Herr Jesus uns alle zusammen mit Ihm einführen wird zu Gott, dem Vater? Dann wird die Ausübung der Liebe zwischen Christus und uns, zwischen uns und Gott, auch von unserer Seite her, vollkommen sein und sie wird das Haus des Vaters ewiglich mit ihrem Wohlgeruch erfüllen! Wie sollten wir anders, als in der Heiligkeit leben, wenn wir von einem Augenblick zum andern das Kommen des Herrn erwarten, wo dann das Wesen aller Seiner Heiligen vollkommen dem Seinigen entsprechen wird!
Ich denke nicht, dass an dieser Stelle unter dem Kommen des Herrn die Offenbarung Jesu Christi mit allen Seinen Heiligen vor der Welt gemeint ist. Sie befinden sich hier immer noch «vor unserem Gott und Vater». Das erste Teilstück unserer himmlischen Reise ist unser Zusammentreffen mit Ihm, «auf Wolken», «in der Luft»; das zweite Teilstück wird dann Seine Ankunft mit uns in dem Hause des Vaters und in Seiner Gegenwart umfassen. Von da aus werden wir mit Ihm hinausgehen, um vor der Welt geoffenbart zu werden. Dann werden wir endlich das sein, was wir immer bleiben werden: heilig, tadellos, in Liebe, Ihm gleich. Wir sind dann nicht nur in Christo, sondern mit Christo und Ihm gleichförmig geworden. In dieser Wesensart wird Er die Versammlung dem Vater darstellen, so, wie Er sie sich selbst darstellen wird.
Die Erwartung des Herrn ist also die Kraft und der Ansporn zur Heiligkeit, was den Zustand unserer Herzen und unseren Wandel anbelangt. Lasst uns daher die inhaltsschweren Worte des Apostels, die diesen Brief beschließen, in unseren Herzen erwägen: «Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und euer ganzer Geist und Seele und Leib werde tadellos bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist, der euch ruft; der wird es auch tun.»
Wir haben festgestellt, dass die Heiligkeit nicht getrennt werden kann von der Liebe, die deren Ausgangspunkt bildete, noch vom Kommen des Herrn, das ihr Endziel ist. Dieses Kommen beeinflusst gleicherweise auch die andern christlichen Tugenden wie: Reinheit, Nüchternheit, Gerechtigkeit und Gottseligkeit (1. Joh. 3,3; Titus 2,11.13). Sie werden in unserem Wandel gefunden werden, wenn wir «die glückselige Hoffnung» erwarten.
Sagen wir noch einige Worte über den Einfluss, den das Kommen des Herrn auf unsere Empfindungen ausübt. Ich spreche nicht von unsern Zuneigungen und unserer Freude, denn diese sind sozusagen ein Bestandteil der Erwartung des Herrn. Ihn kennen heißt, Ihn lieben. Ihn lieben heißt, sich nach Ihm sehnen und sich auf Sein Kommen freuen. Aber ich spiele hier an auf das, was uns in Phil. 4,5 gesagt ist: «Lasst eure Gelindigkeit kund werden allen Menschen; der Herr ist nahe.» Diese Gelindigkeit ist der Wesenszug eines Menschen, der nicht auf seinen Rechten beharrt. In moralischer Hinsicht hat niemand die Befugnis, meine Rechte anzutasten, sich anzueignen, was mir gehört, mich aus meinem Heim zu verjagen, meine Familie oder meine Freiheit zu rauben. Auch unser Herr hatte Rechte hienieden: Er war König und dazu geboren, Er konnte die Macht, den Besitz aller Dinge, die höchsten Würden und die Ehrerbietung von allen Menschen für sich beanspruchen. Aber machte Er Seine Rechte geltend? Nein! Er ließ sich zu Unrecht anklagen. Auf gesetzlose Weise richten – und hat keinen Einspruch erhoben. Er ließ sich Sein Königtum, Sein Erbe, Seine Würde, Seine Freiheit, ja sogar Sein Leben rauben – und hat bei alledem Seinen Mund nicht aufgetan. Er war wie ein Lamm, das stumm ist vor seinen Scherern.
Und wie handeln wir Christen? – Der schwächste Angriff auf unsere Rechte bringt uns zur Erbitterung. Man fügt uns Unrecht zu, und das erscheint uns so unerträglich, dass wir uns sogar an die weltlichen Gerichte wenden können, um mit unserem Widersacher abzurechnen. Wir vergessen dabei die Ermahnung: «Lasst eure Gelindigkeit kundwerden allen Menschen.» Oder vielmehr, wir vergessen das Mittel zu deren Verwirklichung: «der Herr ist nahe!» Wie kann ich auf meinen Rechten beharren, wenn ich die nahe, unverzügliche Ankunft des Herrn erwarte? Ich kann sie den Händen der Menschen überlassen, die sie mir rauben. Ich habe Besseres zu erwarten, denn ich werde die himmlische Herrlichkeit mit Ihm teilen. Welche Torheit wäre es, meine Rechte aufrechthalten zu wollen in einer Welt, die ich im nächsten Augenblick verlassen werde! Der Herr wird später in Seinem irdischen Reiche selber für meine Rechte eintreten, wie auch für Seine eigenen. Aber bis dahin kann ich sie ruhig aufgeben, wenn es sein muss; der Feind wird sie mir nicht für lange rauben können.
Der Apostel fügt bei: «Seid um nichts besorgt». Die Erwartung des Herrn lässt mich sowohl meine Rechte aufgeben, als auch meine Sorgen ablegen. Soll ich mich heute schon von den Umständen beschweren lassen, die morgen eintreten können, oder mich beunruhigen über Hindernisse, die Satan einführt, über den Zustand der Christenheit, über den Verfall des Zeugnisses? Der Geist antwortet: «Seid um nichts besorgt.» Was nützt die Unruhe? Der Herr wird allen diesen Dingen ein Ende setzen. Verwechsle diese Haltung nicht mit Gleichgültigkeit. Der Christ kann am Bösen nicht achtlos vorbeigehen. Aber wir werden ermahnt: «In allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.» Die Schwierigkeit, die Sorgen, die Befürchtungen treiben die Seele in die Abhängigkeit, ins Gebet und ins Gottvertrauen. Sie überlässt ihrem Gott alles, und Sein Friede bewahrt unser Herz.
Andere Stellen zeigen uns, dass die Hoffnung auf das Kommen des Herrn Trauernden Trost bringt (1. Thess. 4,13-18), bestürzten und furchtsamen Herzen Ermunterung (Joh. 14,1-3), und dass sie denen, die in Schwierigkeiten sind, Geduld einflößt: «Habt auch ihr Geduld, befestiget eure Herzen, denn die Ankunft des Herrn ist nahe gekommen» (Jak. 5,7-8).
Das Kommen des Herrn und die Auferstehung der Entschlafenen
1. Thess. 4,13-18
Wenn die Thessalonicher auch Kindlein im Glauben waren, so hatten sie doch am Anfang schon eine große Zahl wichtiger Wahrheiten kennen gelernt. Dieser erste Brief nimmt immer wieder Bezug auf Dinge, die ihnen bekannt waren. Der Ausdruck «ihr wisset», welcher in den apostolischen Briefen immer wiederkehrt und sich auf die christliche Erkenntnis bezieht, wird auch in diesen Kapiteln etliche Male wiederholt. So «wussten» die Thessalonicher «selbst genau, dass der Tag des Herrn also kommt wie ein Dieb in der Nacht» (5,2). Über Zeiten und Zeitpunkte, von denen die Propheten sprachen, waren sie im Klaren und hatten nicht nötig, dass ihnen darüber geschrieben wurde. Aber über einen Punkt waren sie «unkundig»: Sie wussten nicht, was beim Kommen des Herrn aus den Ihrigen, die entschlafen waren, werden würde. Wenn einer ihrer Brüder durch den Tod von ihnen genommen wurde, so waren sie tief betrübt und glaubten, die Entschlafenen Heiligen gingen der Hoffnung verlustig, die sie für sich selbst festhielten (V. 13).
Wir haben keine Veranlassung, anzunehmen, dass sie auch nur den geringsten Zweifel hegten bezüglich der Glückseligkeit der Seelen der im Herrn Entschlafenen. Sie wären ja keine Christen gewesen, wenn sie diese Glückseligkeit in Zweifel gezogen hätten. Aber sie, die jeden Augenblick in freudiger Zuversicht darauf warteten, vom Herrn entrückt zu werden, ohne durch den Tod gehen zu müssen, meinten, die entschlafenen Heiligen hätten durch ihr Abscheiden einen Verlust erlitten. Sie waren vielleicht der Ansicht, dass sie, die Lebenden, die beim Kommen des Herrn mit verwandelten und unsterblichen Leibern zu Ihm entrückt werden, den Entschlafenen in Christo vorausgehen würden. Sie dachten vielleicht, dass die Letztgenannten erst später, am Tage der Auferstehung der Gerechten, mit ihnen vereinigt würden. Wenn sie auch den Zustand der Seele nach dem Tode nicht als endgültigen Zustand betrachteten, so meinten sie doch, die entschlafenen Brüder seien eines Vorrechtes beraubt worden, dadurch, dass sie erst lange nach ihnen vollendet würden. Das sind zum mindesten die Schlüsse, die aus dieser Bibelstelle gezogen werden können. Übrigens zeigten ihre Befürchtungen, die aus der Unwissenheit hervorgingen, wie sehr die erste Liebe in ihren Herzen lebte. Der vermeintliche Verlust ihrer Brüder berührte sie mehr, als ihr eigener Vorteil.
Über alle diese Punkte gibt ihnen der Apostel die klare und genaue Belehrung des Wortes Gottes. Er beginnt damit, ihnen zu zeigen, dass sich das Los der entschlafenen Heiligen nicht von dem Lose Christi trennen lässt: «Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, also wird auch Gott die durch Jesum Entschlafenen mit ihm bringen» (Vers 14). Jesus Christus ist wohl in den Bereich des Todes eingetreten, aber nur, um ihn zu überwinden. Er hat jenen Ort durch die Auferstehung verlassen, nachdem Er dessen Pforten überwältigt hat. Er hat es für uns getan und zwar so vollkommen, dass unser Gestern, Heute und Morgen nicht mehr von Seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft getrennt werden kann. Was den Zustand unserer Seelen anbelangt, sind wir mit Ihm gestorben und mit Ihm auferweckt; es fehlt nur noch – wenn wir entschlafen – die Auferstehung unseres Leibes.
Wann wird diese Auferstehung stattfinden? Das war es, was die Thessalonicher noch lernen mussten.
Der Apostel zeigt ihnen zunächst, dass die entschlafenen Heiligen, die Gott mit Christo bringen wird, von Seinem Kommen so wenig getrennt werden können wie von Seinem Tode und Seiner Auferstehung. Dann enthüllt er ihnen durch das Wort des Herrn ein Geheimnis, das er ihnen bis jetzt noch nicht kundgetan hatte: Sie, die Lebenden, würden beim Kommen des Herrn den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen. Zuerst würde die Auferstehung der entschlafenen Heiligen stattfinden, und erst hernach sollte die Verwandlung der lebenden Heiligen geschehen. Die erste Auferstehung ist also mit dem Kommen des Herrn verbunden, zur Entrückung der Gläubigen. In jenem Augenblick wird der Sieg Christi über den Tod bestätigt werden; dann erntet Er dessen Früchte in völliger Weise. Durch die Auferstehung Christi wurde der Tod überwunden und zunichte gemacht (2. Tim. 1,10). Durch die Auferstehung derer, die «des Christus sind bei Seiner Ankunft» wird der Tod «verschlungen in Sieg». Es wird in auffallender Weise zutage treten, dass er kraft des Werkes des Herrn keinerlei Macht behalten hat, nicht einmal über ein Atom des Staubes der Heiligen. Seine Beute ist ihm entrissen worden, ohne dass er etwas davon zurückbehalten konnte. Der Tod selbst jedoch, dieser letzte Feind, wird erst in dem Augenblick weggetan, wenn Christus alles Seinen Füßen unterworfen hat und das Reich dem Gott und Vater übergibt. Dann, an der Schwelle des ewigen Zustandes, werden der Tod und der Hades in den Feuersee geworfen (Offb. 20,14).
Dann offenbart der Apostel den Thessalonichern, dass der Herr beim Heruntersteigen vom Himmel selbst das Zeichen zur Sammlung und zur Entrückung der Seinigen geben wird. Der Aufbruch wird stattfinden, wenn alle versammelt sind; und die Toten in Christo werden die Ersten sein bei dieser Zusammenkunft. Dann werden alle entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft, und «also», sagt der Apostel, «werden wir allezeit bei dem Herrn sein». Welch ein Trost musste die Herzen der Thessalonicher erfüllen beim Vernehmen all dieser Dinge!
Was diese Gläubigen damals noch zu lernen hatten, ist uns durch das Wort Gottes geläufig. Und es wäre anzunehmen, dass die Christen unserer Tage angesichts einer so deutlichen Offenbarung den Herrn täglich erwarteten. Ach! dem ist im allgemeinen nicht so. Das Kommen des Herrn ist für das Herz nicht aktuell, wenn Seine Person selbst für die Seele keine große Anziehungskraft besitzt. Würden die Christen heute wie einst der Apostel sagen: «Wir, die Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn» (4,15.17)? Er sagt nicht «bleiben werden»; denn dieses Kommen ist für ihn eine gegenwärtige Sache, deren Verwirklichung sich nicht über ein Menschenleben hinauszieht. Der Christ, in welchem die Hoffnung lebendig ist, wartet nicht auf den Tod: «Wir möchten nicht entkleidet, sondern überkleidet werden» (2. Kor. 5,4). Petrus bedurfte einer besonderen Offenbarung, um zu wissen, dass er sterben würde (2. Petr. 1,14).
Wem das Kommen des Herrn, als gegenwärtige Tatsache, aus dem Bewusstsein schwindet, der vergisst auch die ungeheure Bedeutung der Auferstehung. Man gewöhnt sich daran, wenn auch nicht der Lehre nach, so doch – was noch viel ernster ist –, wenigstens in Gedanken, den Zwischenzustand der Seele des Christen nach dem Tode als bleibend zu betrachten. Man sagt von einer entschlafenen Seele: «Sie ist uns zum Herrn vorangegangen», und hat dabei keine andere Hoffnung, als die, nach dem Tode mit ihr vereint zu werden.
Die Thessalonicher waren eigentlich nicht so sehr wegen des Verlustes betrübt, den sie beim Abscheiden der Ihrigen empfanden. Sie waren noch mehr darüber bekümmert, dass die Entschlafenen selbst einen Verlust erlitten, indem jene – wie sie meinten – nicht mehr dabei sein konnten, wenn der Herr kommen würde. Der Gedanke betrübte sie, dass sie, die Lebenden, den Entschlafenen vorausgehen würden und lange vor ihnen Christo gleichgestaltet werden könnten.
Sie lernten hier, nicht dass ihre Brüder ihnen jetzt vorausgegangen waren, sondern dass sie ihnen beim Kommen des Herrn vorausgehen werden. Der Tod war für sie nicht der einzige Weg zum Eintritt in die himmlische Glückseligkeit. Im Gegensatz dazu erblicken viele Christen schon in der Trennung der Seele von diesem Leibe den vollkommenen Zustand. Das Kommen des Herrn ist für sie der Tod. Wenn sie sagen «Komm, Herr!» so meinen sie damit: «ich bin bereit zu sterben». Auch der Gedanke, «sie sind uns in den Himmel vorangegangen, und wir werden sie dort wiedersehen», ist der christlichen Offenbarung eigentlich fremd und ist eher der Erkenntnis eines Heiligen aus dem Alten Bunde angepasst (2. Sam. 12,23).
Die Schrift zeigt uns hier, dass wir die Entschlafenen nicht erst im Himmel wiederfinden, sondern dass die Entschlafenen zuerst auferstehen und wir, die Lebenden, mit ihnen entrückt werden und wir miteinander dem Herrn entgegengehen dürfen. Ich bezweifle nicht, dass wir uns in jenem glückseligen Augenblick gegenseitig erkennen werden, gleichwie die Jünger auf dem heiligen Berge Mose und Elia, die sie doch noch nie zuvor gesehen, erkannt hatten. Aber der «Trost» liegt keineswegs in dieser Tatsache, die so oft die Gläubigen beschäftigt. Er liegt vielmehr in der gemeinsamen Entrückung zum Herrn und in unserem ewigen Bleiben bei Ihm.
Die Hoffnung auf das Kommen des Herrn aus dem Herzen zu verlieren, ist also ein viel größerer Verlust, als man meint. Es bedeutet: Seine Person aus den Blicken zu verlieren, den Tod als Ende des Gläubigen zu betrachten, den Zustand der Seele nach dem Tode als den bleibenden Zustand des Christen anzusehen, die Auferstehung aus den Toten zu vergessen oder mit der Auferstehung der Toten und dem letzten Gericht zu verquicken.
Wie viele verlorene Schätze! Und wenn man die Christen in dieser Hinsicht aufzuwecken sucht, merkt man so oft, dass sie das Kommen des Herrn als eine Nebensache betrachten. Nebensache! und es ist doch eine Wahrheit, mit welcher so viel verbunden ist und ohne welche es weder Hoffnung, noch wirklichen Trost, noch Gewissheit gibt. Wer aber den Herrn erwartet, für den ist Sein Kommen das Signal zur Auferstehung, zur Versammlung aller Gläubigen, zum völligen Siege über den Tod und zu einer ewigen Gleichförmigkeit mit Ihm!
Das Kommen des Sohnes des Menschen
(Matth. 24,32-44; 1. Thess. 5,1-11)
Die angeführten Stellen zeigen uns das Kommen des Herrn von einer neuen Seite: Seine Erscheinung als «Sohn des Menschen» zum Gericht über die Lebendigen auf der Erde. Er, der einst in Gnade erschienen ist, um zu leiden, um von den Juden und den Nationen verworfen und gekreuzigt zu werden, Er, der Sohn des Menschen, dem Gott «das ganze Gericht gegeben hat», wird wiederkommen, und die Vergeltung, die Seine Feinde empfangen werden, wird schrecklich sein.
In Matthäus 24, 1-31 werden uns die prophetischen Zeichen beschrieben, die dem Kommen des Messias zu Seinem Volke, das Ihn verworfen hat, vorangehen und es begleiten. Da ich schon in einem früheren Artikel auf die praktische Anwendung der Prophetie auf unser Gewissen hingewiesen habe, muss ich jetzt nicht mehr von diesem Gegenstand reden. Es mag genügen, zu erwähnen, dass die «Zeichen» in Matthäus 24 in keinerlei Beziehung stehen zu dem Aufgehen des Morgensternes, das heißt zu dem Kommen des Herrn in Gnade; sondern sie gehen der Erscheinung der Sonne der Gerechtigkeit voraus. Zur Zeit des Endes wird es auf der Erde ein Zeugnis geben, das wahre Israel, der in den Propheten erwähnte «Überrest». Dieser wird durch diese Zeichen auf das bevorstehende Gericht seiner Verfolger und auf seine nahe Befreiung aufmerksam gemacht. In jenen Zeiten wird eine unzählbare Menge aus den Nationen, (jedoch nicht solche, die in der gegenwärtigen Zeit das Evangelium abweisen), durch das «Evangelium des Reiches» bekehrt werden. Die Gläubigen werden Den als Herrn annehmen, der im Begriff steht, als Sohn des Menschen, als Richter und König zu erscheinen, und sie werden sich Ihm unterwerfen. Sie werden dafür gesegnet werden, dass sie auf den Überrest Israels gehört haben und ihm in den Zeiten der Drangsal beigestanden sind (Matth. 25,31-46).
Die Verse 32-44 des 24. Kapitels beziehen sich auf die jüdischen Jünger des Endes. «Wenn ihr alles dieses sehet, so erkennet, dass es nahe an der Tür ist» (V. 33) und: «Dieses (jüdische) Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles dieses geschehen ist» (V. 34). Die in diesen Versen enthaltenen Wahrheiten überschreiten jedoch den Bereich des Volkes Israel bei weitem. Wenn der Sohn des Menschen kommen wird, hat sich die Welt weder in ihrem Wesen noch in ihrer Tätigkeit geändert. Die Menschen werden die gleichen sein wie zu den Tagen Noahs. «Denn gleichwie sie in den Tagen vor der Flut waren: sie aßen und tranken, sie heirateten und verheirateten und sie es nicht erkannten, bis die Flut kam und alle wegraffte.» Ein Einziger, Noah, der achte von Adam, betrat mit seinem Hause die Arche und wurde «gelassen», um das Haupt eines neuen Geschlechtes in einer durch das Gericht gereinigten Welt zu werden. So wird es auch am Ende der Tage sein. Das Gericht wird die Gerechten von den Bösen scheiden. Die Letzteren werden «genommen», wie einst die Gesetzlosen, während die Übrigen gelassen werden, wie zu seiner Zeit der gerechte Noah.
Aber es war dem Herrn ganz besonders wichtig, die Jünger, die Ihn umgaben, darüber zu belehren, wie sie sich beim Wiederkommen des «Sohnes des Menschen» verhalten sollten. Es wird eine unerwartete Rückkehr sein. Niemand kennt weder den Tag noch die Stunde, nicht einmal die Engel in den Himmeln. Dieses Wissen ist dem Vater allein vorbehalten (Vers 36). Die Nähe jenes Tages wird sich durch die Zeichen ankündigen (V. 33), aber niemand kennt den Zeitpunkt. Das Einzige, was sie wissen mussten, war dieses, dass der Sohn des Menschen kommen würde wie ein Dieb (V. 43). Ihr müsst also wachen, sagt der Herr, denn der Dieb kommt in der Nacht, und «ihr wisset nicht, zu welcher Stunde euer Herr kommt.» Der Sohn des Menschen, der die Menschen überraschen wird wie ein Dieb, hat für die Jünger nicht diesen Charakter. Er ist ihr Herr, und sie sollten auf Ihn warten in nie erlahmender Wachsamkeit. Sollen sich nur die Jünger aus den Juden für diese Dinge interessieren? In 1. Thessalonicher 5 werden wir belehrt, dass sie sich auch auf die Christen beziehen: «Was aber die Zeiten und Zeitpunkte betrifft, Brüder, so habt ihr nicht nötig, dass euch geschrieben werde». Die Thessalonicher kannten aus den Schriften der Propheten die Zeichen der Erscheinung des Sohnes des Menschen, im Gegensatz zum glückseligen Kommen des Sohnes Gottes, wovon das 4. Kapitel spricht. «Denn ihr selbst wisset genau, dass der Tag des Herrn also kommt wie ein Dieb in der Nacht.» Die Menschen werden durch eine plötzliche Vernichtung überrascht. «Ihr aber, Brüder, seid nicht in Finsternis, dass euch der Tag wie ein Dieb ergreife; denn ihr alle seid Söhne des Lichtes und Söhne des Tages; wir sind nicht von der Nacht, noch von der Finsternis.»
Der Grund, weshalb uns das Gericht nicht erreichen kann, ist der, dass wir schon dem Tage angehören, der kommen soll. Wir sind befreit von der Macht der Finsternis und wiedergezeugt worden, um Söhne des Lichtes zu sein. Worin berührt also der Tag des Herrn unsere Gewissen? Der Heilige Geist fügt bei: «Also lasst uns nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein. Denn die da schlafen, schlafen des Nachts, und die da trunken sind, sind des Nachts trunken. Wir aber, die von dem Tage sind, lasst uns nüchtern sein.» Schlafen und sich berauschen hieße, unsern Charakter als Söhne des Tages verleugnen. Wir haben nur diesen, aber so mächtigen Beweggrund, um zu wachen und uns all der berauschenden Einflüsse zu enthalten, mit denen die Welt und Satan unsere Seelen einzuschläfern suchen. Wir gehören zu einem anderen Bereich, zum Bereich des ewigen Lichtes!
Muss unser Wachen von Furcht vor dem Zorne, der uns erreichen könnte, begleitet sein? Keineswegs, denn wir haben uns nicht gegen das Gericht zu verteidigen, sondern gegen die Welt, die gerichtet wird: «Angetan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe und als Helm mit der Hoffnung der Seligkeit. Denn Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Seligkeit durch unseren Herrn Jesus Christus.» Der Glaube und die Liebe machen uns gegenüber den Schlägen Satans und der Welt unverwundbar, und verbinden uns mit Gott, mit Christo und mit allem, was aus Ihm geboren ist. Wenn ich diese vorzüglichen Dinge genieße, verlieren die irdischen Dinge ihre Macht über mich. Die Hoffnung der Seligkeit erfüllt uns mit Sicherheit angesichts des kommenden Zornes, der nicht für uns bestimmt ist. Auf diese Weise erwartet der treue Christ den Tag des Herrn. Dieser Tag berührt ihn nicht persönlich, aber der Gedanke daran erhält sein Gewissen wachsam und das ist überaus heilsam für uns inmitten der allerlei Gefahren, die unser christliches Leben bedrohen.
Vielleicht glaubt sich die bekennende Christenheit in Sicherheit vor diesem Tage. Sie gibt sich dieser falschen Hoffnung hin, weil sie sich rühmt, den Namen Christi zu tragen. Sie sollte ihren Irrtum einsehen. Die Versammlung in Sardes, die die Christenheit in ihrer erleuchteten Form, im Protestantismus, darstellt, wird vom Herrn gewarnt: «Gedenke nun, wie du empfangen und gehört hast, und bewahre es und tue Buße. Wenn du nun nicht wachen wirst, so werde ich über dich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, um welche Stunde ich über dich kommen werde» (Offb. 3,3). Die rechtgläubigste Religion vermag diejenigen, die sich zu ihr bekennen, nicht vor dem schrecklichen Tage des Sohnes des Menschen zu erretten. Sie werden der Welt völlig gleichgestellt. Ohne die Buße, die den Glauben begleiten soll, wird ihr Los dasselbe sein wie das der Gesetzlosen. Was aber uns, die Gläubigen betrifft, lasst uns «einander ermuntern», wachsam und nüchtern zu sein.
Das Kommen des Hausherrn
Matth. 24,45-51
Diese Stelle bezieht sich weder auf die eigentliche Welt noch auf Israel, sondern auf das Haus Gottes, das nach dem Weggang des Herrn gegründet und aufgerichtet wurde. Zusammengesetzt aus allen denen, die dem Herrn durch Glauben angehören, hätte es das Muster der «Verwaltung Gottes» in dieser Welt (1. Tim. 1,4) darstellen und nur das wahre christliche Bekenntnis sein sollen, ohne daneben noch ein lebloses Bekenntnis der Namenschristen zu enthalten. In ihrem heutigen Zustand anerkennt jedoch die Christenheit Jesum immer noch als ihren Herrn, und Er begegnet ihr entsprechend diesem Bekenntnis.
Im Hause Gottes befinden sich Knechte, die für ihren Dienst, den sie darin ausüben, dem Herrn gegenüber verantwortlich sind. Wie haben sie dieser Verantwortung entsprochen?
Der böse Knecht sagt in seinem Herzen: «Mein Herr verzieht zu kommen». Er fängt an, die Erwartung des Herrn aufzugeben. Er kennt vielleicht noch die Wahrheit von Seinem baldigen Kommen, aber sein Herz verneint sie. Das ist eine ernste Tatsache. Der erste Schritt auf dem Wege zum Verfall ist die Aufgabe der Erwartung des Kommens des Herrn als einer gegenwärtigen Tatsache. Der Knecht sagt keineswegs: «Mein Herr wird nicht kommen», sondern: «Er verzieht zu kommen». Das beweist, dass das Kommen des Herrn für sein Herz keine Wirklichkeit mehr besitzt.
Als Folge seiner Untreue fängt er an, seine Mitknechte zu schlagen. Er maßt sich im Hause seines Herrn Befugnisse an, die ihm der Herr keineswegs übertragen hat. Er herrscht über seine Mitknechte, behandelt sie hart und nach seiner Willkür, als ob sie einer anderen Klasse angehörten. Ist das nicht ein Bild von jenen, die sich im Hause Gottes, da wo der Herr allein das Recht hat zu herrschen, eine Autorität anmassen? – Dann setzt er sich hin «und isst und trinkt mit den Trunkenen», das heißt, er verbindet sich mit einer Welt, die sich durch die Lüste berauschen lässt (1. Thess. 5,7). Hier wird von diesem Mensch nicht gesagt, wie in Lukas 12,45, dass er sich berausche, obwohl ein solcher Umgang früher oder später dazu führen muss; aber er schließt sich der Welt an, die Gott verhasst ist und er verliert den Charakter eines Dieners, wenn er ihn auch nach außen hin noch aufrechtzuhalten sucht.
Aber im Hause des Herrn gibt es noch einen treuen und klugen Knecht. Dieser weiß, dass sein Herr ihn über das Gesinde seines Hauses gesetzt hat, nicht, um sich über die Mitknechte zu erheben, sondern um den andern zu dienen und «ihnen die Speise zu geben zur rechten Zeit». Bei der Erfüllung seiner Aufgabe hat dieser Knecht das eine Ziel vor Augen: dass ihn sein Herr «wenn er kommt also tuend» finden möge. Diese glückselige Hoffnung genügt ihm, und sein Herr fragt vor allem, wie sich die Knechte in Seinem Hause zu Seinem Kommen verhalten haben. Ja, glückselig jener Knecht: Sein Ausharren im Dienst an den andern, den er in Erwartung des Herrn und für Ihn getan hat, bringt ihm einen Lohn ein, den er sich zweifellos nicht einmal erträumt hat: Der Herr setzt ihn über Seine ganze Habe.
Der böse Knecht aber wird seinen Herrn an einem Tage kommen sehen, «an welchem er es nicht erwartet, und in einer Stunde, die er nicht weiß». Er war nicht wachsam und hat die Rückkehr seines Herrn vergessen: Das wird die eigentliche Ursache seines Gerichtes sein. Er wird zerschmettert und entzweigeschnitten werden, er, der geglaubt hat, man könne das Bekenntnis vom Leben trennen. Sein Teil wird ihm «mit Heuchlern» gesetzt werden. Denn ein Heuchler ist, wie er, ein Mensch, der das Wesen eines Christen vortäuscht, das bei ihm in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. «Da wird sein das Weinen», – das Zeichen eines endlosen Schmerzes, «und das Zähneknirschen», – eine ewige und ohnmächtige Wut darüber, dass die Gelegenheit für immer verpasst ist. Er empfindet einen Schmerz, der durch keinerlei Gefühl der Liebe gemildert wird, denn, da der Verstoßene die Liebe verschmäht hat, wird er sie auch nie begreifen!
Das Kommen des Bräutigams
Matth. 25,1-13
Diese Verse zeigen uns den Herrn im Bilde eines nahenden Bräutigams. Die zehn Jungfrauen gehen aus, Ihm entgegen. Dem Schein nach sind sie eine Gruppe von Gleichartigen, aber in Wirklichkeit bilden sie zwei Gruppen mit gänzlich entgegengesetzten moralischen Eigenschaften. «Fünf von ihnen waren klug und fünf töricht.» Diese Jungfrauen gehen aus. Es ist dabei eigentlich nicht die Frage Seines Kommens für uns, um uns zu Sich zu nehmen. Es handelt sich vielmehr um unsere Verantwortlichkeit, Ihm entgegenzugehen. Hat das, was wir verlassen, noch irgendeinen Wert für uns, noch irgendwelche Anziehungskraft, um uns zurückzuhalten, wenn es darum geht, dem Bräutigam entgegenzueilen?
Die Jungfrauen sind berufen, Sein Gefolge zu bilden, wenn er zur Hochzeit eingeht. Daher versehen sie sich mit Lampen, die mit Öl gespiesen werden müssen, und sie haben in ihren Gefäßen einen unerlässlichen Vorrat davon bei sich. Zu was wäre auch in der Nacht ein Gefolge ohne Lampen nütze? Würde der, welcher begleitet wird, dadurch geehrt? Die Person des Bräutigams muss doch vor den Augen der Menge durch seine Begleiter ins Licht gestellt werden! Die törichten Jungfrauen hatten, als sie die Lampen nahmen, vergessen, Öl mitzunehmen. Keine hat daran gedacht bis zur Stunde, in welcher sich das Gefolge hätte aufstellen sollen. Im Augenblick wo sie sie anzündeten war zwar eine Art Lichtschein zu sehen. Man konnte sie zu den klugen Jungfrauen sagen hören: «Gebet uns von eurem Öl, denn unsere Lampen erlöschen». Aber dieses Licht dauerte nur so lange, bis der Docht in ihren Lampen verzehrt war. Dieses Gleichnis enthält eine große Wahrheit: Wenn auch das christliche Bekenntnis bei allen gefunden wird – die törichten Jungfrauen haben dieselben Lampen wie die klugen – so genügt doch das bloße Bekenntnis keineswegs, um die Person des Bräutigams ins Licht zu stellen. Sein Kommen wird es an den Tag bringen, dass das Bekenntnis an und für sich nicht besser ist als die tiefste Finsternis. Was dem Bekenntnis Wert verleiht, ist das Leben, von welchem es erfüllt sein muss. Das Öl ist im Worte gewöhnlich das Bild vom Heiligen Geiste, und der Geist lässt sich vom Leben nicht trennen. Bekenntnis und Leben bilden zusammen das Zeugnis. Wir sind berufen, dem Bräutigam, dem wir entgegengehen, Zeugnis zu geben. Die Jungfrauen, die es nicht tun, sind «töricht». In der Tat, es ist eine große Torheit, sich einzubilden, den Bräutigam am Hochzeitstag nur mit einem scheinbaren statt mit einem wirklichen Zeugnis begleiten zu können. Das Einzige, was dem Ehrengeleit Anrecht gibt zum Eingehen in die Hochzeit, ist die Lampe mit ihrem Öl.
In diesem Gleichnis wird noch eine andere betrübende Sache festgestellt: «Als aber der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein». Und ihr Schlaf hat jahrhundertelang gedauert! «Um Mitternacht entstand ein Geschrei: «Siehe, der Bräutigam! Gehet aus, ihm entgegen!» Sie waren zurückgegangen an einen Ort, der günstig war für ihren Schlaf, und sie mussten nun wieder ausgehen. Im Anfang hatten die Christen alle Bande gelöst, die sie davon abhielten, Jesu entgegenzugehen. Aber die Liebe zur Welt, der Hang zum Wohlleben und die tausenderlei Anziehungspunkte hienieden hatten den anfänglichen Eifer bald gelähmt. Doch im vergangenen Jahrhundert ertönte in der Christenheit an einem bestimmten Zeitpunkt der Ruf: «Siehe der Bräutigam!» Er ist zwar noch nicht erschienen. Es verstreicht eine gewisse Zeit zwischen dem Ruf und Seinem Kommen. Vergessen wir es nicht: diese Zwischenzeit genügt, um den moralischen Zustand eines jeden von uns zu erproben. Die Lampen der törichten Jungfrauen haben Zeit, zu erlöschen und ach! zu zeigen, dass sie für das Ehrengeleit ungeeignet sind. Die klugen Jungfrauen aber haben Zeit, «ihre Lampen zu schmücken» und an ihrer Stelle zu sein, wenn der Bräutigam kommen wird. Denken wir daran; wenn unsere Lampen nicht brennen, bevor Er kommt, so werden wir nicht mit Ihm zur Hochzeit gehen können.
Wir haben alle den Mitternachtsruf vernommen. Hat er uns gleichgültig gelassen? Wie haben wir die Zwischenzeit ausgenützt, die uns von Seinem Kommen trennt? Sind wir vielleicht daran, es uns erneut bequem zu machen und ein zweites Mal einzuschlafen? Lasst es uns gesagt sein: es wird keinen zweiten Ruf geben. Die Zeit ist kurz und der Augenblick ist nahe gekommen. Wird uns der Bräutigam wachend finden? Wird uns Sein Kommen überraschen? Wie viele ernste Fragen! Dass wir doch als Seine Zeugen von Ihm erfunden würden! «Und die bereit waren, gingen mit ihm ein zur Hochzeit.»
Und die übrigen? «Gehet lieber hin zu den Verkäufern und kaufet für euch selbst!» – Es ist zu spät! Sie haben die dargebotene Gelegenheit, sich das Fehlende umsonst zu verschaffen, verpasst! «Als sie aber hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam.» Sie beeilen sich jetzt; sie kommen mit ihren erloschenen Lampen – die Türe ist geschlossen! Sie sagen: «Herr, Herr, tue uns auf!» – Es ist zu spät! Sie werden mit ihren unnützen Lampen draußen gelassen, in der Finsternis, für immer getrennt von Dem, der ihnen sagen muss: «Ich kenne euch nicht!»
So lasst uns wachen, denn wir wissen weder den Tag noch die Stunde!
Das Kommen des Herrn und der Lohn
Matth. 25,14-30
Alle Gleichnisse, die wir bisher betrachtet haben, beschäftigen sich mit dem Verhalten der Gläubigen und der bloßen Bekenner während der Abwesenheit des Herrn. Das Gleichnis, das jetzt vor uns liegt, hebt Seine Abwesenheit ganz besonders hervor: «Gleichwie ein Mensch, der außer Landes reiste… Und alsbald reiste er außer Landes.»
Der Herr ist weggegangen, was sollen wir bis zu Seiner Rückkehr tun? Das ist die Frage, die sich uns hier stellt. Es handelt sich nicht, wie im Gleichnis des Hausherrn, um einen Dienst im Innern, nicht darum, «dem Gesinde die Speise zu geben zur rechten Zeit». Da ist die Rede vom Handeln nach außen hin, mit den Talenten, die Er einem jeden anvertraut hat. Der persönliche Dienst inmitten dieser Welt ist gemeint. Der Diener ist etwas anderes als der Zeuge. Die zehn Jungfrauen sollten die Zeugen des Bräutigams sein bei Seinem Kommen, aber unser Dienst besteht darin, das zu verwalten, was Er uns anvertraut hat, indem wir es während Seiner Abwesenheit für Ihn nutzbringend anlegen. Der Herr übergibt Seine Güter allen denen, die sich – zu Recht oder Unrecht – als Seine Diener betrachten. Es ist nicht möglich, alles, was in diesen «Talenten» eingeschlossen ist, einzeln aufzuzählen, denn es umfasst alles das, was Ihm gehört, was Er uns anvertraut hat und was wir in Seinem Dienste gebrauchen können: Gaben, Kräfte, Vermögen, materielle oder geistliche Dinge – welcher Art oder Beschaffenheit sie auch sein mögen. Er gibt die Talente «einem jeden nach seiner eigenen Fähigkeit». Die Entscheidung liegt bei Ihm allein; Er bemisst unsere Fähigkeit; es ist Seine Angelegenheit, nicht die unsrige. Unsere Sache aber ist es, mit dem von Ihm Anvertrauten treu zu handeln.
Beachte, der Herr gibt Seinen Knechten keinen Befehl und keine besondere Wegweisung für das, was sie tun sollen. Bei der Übergabe der Talente sagt Er ihnen nicht, was sie damit machen sollen, sondern verreist sogleich außer Landes, nachdem Er sie gegeben hat. So ist es auch heute noch: Der Herr ist abwesend, im Himmel, und lässt uns mit der Verantwortung zurück, Ihm zu dienen.
Der Herzenszustand wird sogleich offenbar. Die treuen Knechte kennen ihren Herrn und sind Ihm unterworfen. Wenn Er sie nicht liebte, hätte Er ihnen wohl nicht in der Übergabe Seiner Güter ein solches Vertrauen bewiesen. Wie hätten sie nach diesem auch nur für einen Augenblick an Seiner Liebe zweifeln können? Deshalb tun sie ihr Möglichstes, um ihr zu entsprechen. Sie denken nicht daran, die Talente als ihr Eigentum zu betrachten, denn sie wissen, dass sie die Habe ihres Herrn in den Händen haben. Zu welch anderem Zweck hatte Er sie ihnen übergeben, als nur, um damit zu «handeln»? Sie wünschen daher, dass Er bei Seiner Rückkehr mit dem Ergebnis ihrer Tätigkeit zufrieden sei. Diese Tätigkeit entspringt bei den treuen Knechten offensichtlich den folgenden vier Tatsachen: Der Herr ist unser Meister; Er liebt uns; wir haben Vertrauen zu Ihm und wir erwarten Ihn. Seine Abwesenheit mag vielleicht zu einer «langen Zeit» werden (V. 19), aber Seine Knechte erwarten Ihn dienend.
Da wir solche Beweggründe haben, um Ihm zu dienen, so arbeiten wir für Ihn. Und wenn Er kommt, um mit uns abzurechnen, werden wir Lohn empfangen. Die treuen Knechte arbeiten jedoch durchaus nicht im Hinblick auf diesen Lohn. Sie trachten nur danach, dass der Herr die Zinsen Seiner Talente erhalte und damit zufrieden sei.
Der böse Knecht aber sagt: «Herr, ich kannte dich», er, der Einzige, dem der Herr vollständig fremd geblieben ist! Er nennt Ihn «einen harten Mann, der da erntet, wo er nicht gesät und sammelt, wo er nicht ausgestreut hat»; er bezeichnet Ihn also als einen Herrn, der ungerecht fordert. Gewiss, Er hat das Recht zu fordern, aber ist dies Sein Wesen? Wie waren doch die andern Knechte viel besser unterrichtet! Dieser aber, der Ihn nicht kennt, hat kein Vertrauen zu Ihm, hat kein Verständnis für Seine Ziele und Seine Gedanken. Die Gnade ist ihm vollständig unbekannt. Sein Leben ist für den Herrn, den er mit beleidigenden Worten beschimpft, unfruchtbar geblieben. Er wird hinausgeworfen in die äußere Finsternis, wo das Weinen und das Zähneknirschen sein wird.
Welches aber ist der Lohn der guten Knechte? Zunächst erhalten die, welche in dem ihnen Anvertrauten treu gewesen sind, noch mehr. «Nehmet nun das Talent von ihm und gebet es dem, der die zehn Talente hat; denn jedem, der da hat, wird gegeben werden, und er wird Überfluss haben.» Unsere Treue hat unverzüglich zur Folge, dass sich unsere geistlichen Reichtümer durch den Gebrauch mehren.
Gebe Gott, dass jeder von uns diese Erfahrung machen darf!
Dann aber richtet der Herr an Seine Knechte die folgenden Worte: «Wohl, du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen; gehe ein in die Freude deines Herrn.» Er gibt der für uns so kostbaren Anerkennung, für welche wir gearbeitet haben, einen so schönen Ausdruck. Aber Er will nicht unser Schuldner bleiben. Unser Dienst war «weniges», Er weiß es wohl und wir auch, aber Er gibt uns dafür einen Anteil an Seinem Reiche der Herrlichkeit. Uns armen Knechten will Er noch größere Segnungen verleihen, indem Er Seine eigene Freude mit uns teilt. Was Seine eigene Wonne ausmacht, wird für ewig auch unsere Wonne werden!
Die kleine Herde und der von der Hochzeit zurückkehrende Herr
Lukas 12,32-44
Der Herr war im Begriff, die Seinigen zu verlassen; denn die Welt hatte Ihn endgültig verworfen. Ein Anschlag, den sie schon gegen Ihn vorbereitet hatten, sollte Ihn ans Kreuz bringen (Kap. 11,53-54). Der äußere Schein war zwar im Widerspruch zu dem, was Satan in der Finsternis gegen Ihn plante. Noch nie war die «Popularität» Jesu so groß gewesen wie jetzt: «Viele Tausende der Volksmenge» versammelten sich, «so dass sie einander traten» (Kap. 12,1). Aber Er sah und erkannte wohl, was unter der Heuchelei des Menschenherzens verborgen war. In diesem Augenblick, in Gegenwart der Volksmengen begann Er zu den Jüngern zu sprechen. Er schließt sich ab mit diesem armen, verängstigten Überrest, auf welchen schon der Schatten Seines Weggehens gefallen ist. Er öffnet ihnen Sein ganzes Herz, Er ermahnt und ermuntert sie und spendet ihnen Trost auf Trost. Ein ganzer Band würde nicht genügen, um alles, was in diesem göttlichen Kapitel enthalten ist, ausführlich zu beschreiben. Ein Wort herrscht besonders darin vor: «Fürchtet euch nicht!» Angesichts alles dessen, was diese schwache Herde, die von ihrem Hirten scheinbar den Wölfen überlassen wurde, zu zerstören drohte, wiederholt Er: «Fürchtet euch nicht!» Die Macht und der Hass der Menschen, die dazu schreiten werden, euren Leib zu töten, wie auch eure eigene Bedeutungslosigkeit in den Augen der Menschen, sollen euch nicht beunruhigen: Gott sorgt für euch und hat euch lieb. Ihr läuft Gefahr, wenn ihr mich bekennt, aber Ich werde euch dann vor den Engeln Gottes bekennen. Man wird euch vor die Synagogen und die Obrigkeiten und die Gewalten führen, aber fürchtet euch nicht, denn der Heilige Geist wird euch lehren, was ihr sagen sollt. Sind die Menschen gegen euch? Gott selbst und der Sohn und der Heilige Geist sind für euch. Seid nicht besorgt für das Leben, was ihr essen und was ihr anziehen sollt; ihr habt einen Vater und Er weiß, dass ihr dieses bedürfet.
Er ermahnt sie auch: «Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, welcher Heuchelei ist.» «Sehet zu und hütet euch vor aller Habsucht»; und gewiss, wir haben diese Ermahnungen nötig. Aber Er will diese betrübten und furchtsamen Herzen vor allem mit Vertrauen erfüllen: «Fürchtet euch nicht, fürchtet euch nicht!»
Dann kommt Er zu dem Gegenstand, den wir jetzt betrachten wollen: «Trachtet nach Seinem Reiche» (V. 31). Wessen Reich? Des Vaters! Dieses Reich des Vaters entspricht nicht ganz dem Reiche des Sohnes des Menschen. Das letztere hat eine irdische Sphäre. Hier handelt es sich um das himmlische Reich, in welchem der Vater Seinen Wohnort hat. Wie redet doch dieser Vatername zum Herzen furchtsamer und schwacher Wesen, die des Schutzes und der Weisheit ermangeln! Ist in diesem Namen nicht Seine Bewahrung, Seine tägliche Fürsorge, Seine Barmherzigkeit, ja Seine ganze Liebe für diejenigen eingeschlossen, die Er wiedergezeugt hat und Seine Kinder nennt? – Zu diesem Orte, wo sich diese Dinge befinden, will der Herr die Seele Seiner Jünger emporheben.
O, wie wären wir erhaben über unsere Befürchtungen, über die zermürbenden Sorgen dieses Lebens, wenn wir nach dem Reiche des Vaters trachteten! Alle irdischen Dinge, deren wir bedürfen, werden uns «hinzugefügt werden», denn wir haben den Vater. Sie werden uns als zusätzliche Gabe gegeben, um das Gewicht der ewigen Dinge, die wir in Seinem Reiche finden werden, voll zu machen. Der Herr fasst noch einmal alle vorangegangenen Ermahnungen in dem einen Wort zusammen: «Fürchte dich nicht, du kleine Herde!» Nach Aufzählung aller Gegenstände der Furcht sagt Er: «Fürchte dich nicht!» Wir sind die kleine Herde inmitten dieser feindlichen Menge. Seine Liebe hat Wohlgefallen daran, dass wir nur das sind. Wir können uns weder auf unsere Zahl, noch auf unsere Kraft oder unsere Weisheit stützen, aber wir können uns auf Ihn verlassen. Und sehet, welch große Dinge der Vater für die kleine Herde getan hat!
«Eurem Vater», – der uns als Seine Vielgeliebten in Beziehung zu sich selbst gebracht hat, – «hat es wohlgefallen», – ganz ohne unser Dazutun, denn nicht unser Verdienst hat es uns erworben, – «uns zu geben», – nicht nur, uns für eine Zeit zu leihen, zu einem vorübergehenden Genuss, sondern uns «das Reich» des Vaters, den Himmel zum Eigentum zu geben! Wie ist doch diese freie und reine Gnade Gottes, dieses Interesse für uns, diese Liebe des Vaters dazu angetan, die Herzen der kleinen Herde mit Vertrauen zu erfüllen!
Das Reich ist unser, wir besitzen es, wir können heute und morgen und alle Tage hineingehen.
Aber, um es genießen zu können, muss ich etwas tun. Wenn ich mein Haus betreten will, muss ich den Schlüssel haben. Der Herr legt diesen Schlüssel in die Hand Seiner Jünger. Er enthüllt ihnen das Geheimnis, wie sie heute schon von dem Besitz ergreifen können, was ihnen für immer zu eigen sein wird. «Verkaufet eure Habe und gebet Almosen; machet euch Säckel, die nicht veralten, einen Schatz, unvergänglich, in den Himmeln, wo kein Dieb sich naht und keine Motte verderbt. Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.» Das Geheimnis, das Er mir anvertraut, besteht also darin, hienieden nichts als Eigentum zu besitzen, alle Bande, die mich an die irdischen Dinge ketten, zu brechen und sie als Hindernisse zu betrachten. Nun soll ich diese Dinge, deren Verwaltung Er meinen Händen überlässt, dazu benutzen, um Almosen zu geben, den Armen und Enterbten Gutes zu tun, um so gewissermassen der Arm des Vaters zu werden, der weiß, dass sie dieser Dinge bedürfen. So werden wir uns einen Schatz in den Himmeln sammeln; wir werden durch unsere Taten beweisen, dass für uns nur die unverweslichen Güter in den Himmeln Wert besitzen. Und wenn wir unsern Schatz im Himmel angelegt haben, werden unsere Herzen ihm folgen. Diese drei Dinge: die Entsagung, der Erwerb des Schatzes und das Herz, welches diesem Schatze folgt, gehören zusammen. Wenn ich mir «Säckel mache, die veralten», wird sich mein Herz naturgemäß daran hängen. Eines schönen Tages werden sie vergehen und mir geraubt werden. Was wird dann aus dir, du armes, elendes Herz, wenn dein Schatz verschwunden ist? Wenn aber unser Herz unserem Schatze hinaufgefolgt ist, so bleibt uns noch etwas zu tun: «Es seien eure Lenden umgürtet und die Lampen brennend, und ihr, seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten, wann irgend er aufbrechen mag von der Hochzeit, auf dass, wenn er kommt und anklopft, sie ihm alsbald aufmachen.» Wir haben hienieden, in Erwartung Dessen, der uns verlassen hat, aber im Begriff steht, zurückzukehren, eine gewisse Haltung einzunehmen. Man kann die Lenden zum Dienst, zum Wandel, zum Kampf und zum Gottesdienst umgürtet haben. Gemäß dieser Stelle sollen sie auch zur Erwartung umgürtet sein. Wir haben zu wachen über unsere Gedanken, über unsere Zuneigungen, über alles, was uns ablenken und uns hindern könnte, den nahenden Schritt des Bräutigams zu hören. Es ist wohl die Haltung eines Dieners, aber eines Dieners, der sich bei der Türe aufhält und auf das geringste Geräusch achtet, um sogleich öffnen zu können, wenn der Herr anklopft. Die brennenden Lampen reden hier von Wachsamkeit, die gegen die Schläfrigkeit kämpft. Unsere Lenden sollen also umgürtet und unsere Lampen brennend sein, damit Er uns wachend findet! Denn, sind diese beiden Dinge bei uns vorhanden, so werden wir den Herrn erwarten.
Das ist es also, was das Herz eines treuen Knechtes erfüllt. Wie sollte er auch an anderes denken! Wie könnte er diesen geliebten und verehrten Herrn vor der Türe warten lassen! Es liegt ihm daran, Ihm zu beweisen, dass alles zu Seinem Empfang bereit ist. Daher hofft er jeden Augenblick auf Seine Ankunft. Die Zeit verstreicht und erscheint ihm nicht lange, denn seine Zuneigung verschafft ihr Flügel. Ob sein Herr nun in der zweiten oder in der dritten Nachtwache kommt, «glückselig jene Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend finden wird! Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich umgürten und sie sich zu Tische legen lassen und wird hinzutreten und sie bedienen.» Er gibt ihnen mehr als das Reich, mehr als Seine Habe, mehr sogar als nur die Freude ihres Herrn. Was Er für sie tut, übersteigt jedes Maß, wenn es für die Liebe überhaupt ein Maß gibt. Wir werden Ihn, den Herrn, mit den Zeichen eines Dieners angetan sehen. Was Er hienieden gewesen ist, will Er immer für uns bleiben. Wir werden sehen, wie Er sich erniedrigt, wie Er sich in der Herrlichkeit zu erniedrigen wünscht! Weshalb? Um selber Seinen Knechten zu dienen. Und wie wird Er es tun? So, wie nur Er, der hervorragendste Diener es zu tun vermag. Da handelt es sich nicht mehr um das Lösegeld und nicht mehr um die Waschung unserer Füße (Mark. 10,45; Johannes 13,4); Er wird uns vollkommen vor Sich haben, vollkommen in der Liebe. Wir werden diese grenzenlose Liebe verstehen und sie wirken lassen. Wir werden nicht sagen wie Petrus: Du sollst Dich nimmermehr zu einer solchen Tätigkeit erniedrigen! Wir werden nicht erstaunt sein, Ihn zu uns sagen zu hören: «Mein Dienst ist die Antwort auf deinen Dienst!» Die Antwort auf meinen Dienst! … Wie ist ein solches Wort dazu angetan, mich heute tief zu demütigen. Aber in der Herrlichkeit werde ich anbetend verstehen, dass Sein Dienst auf ewig Seine Liebe verherrlicht, und ich werde mich mit Wonne von Ihm lieben lassen und Ihm alle Regungen eines Herzens geben, das fähig ist, die vollkommene Liebe meines Herrn und Heilandes zu erfassen.
Der Tag Gottes
2. Petrus 3,11-14
Wir kommen hier zum Schlusswort unserer Betrachtungen. Es spricht zu uns von der Aufrichtung des ewigen Zustandes. Das tut uns not in einer Welt, die sich im Aufruhr gegen Gott befindet und ihrer Auflösung entgegeneilt. Der Apostel Petrus ergreift die prophetische Lampe, um den moralischen Zustand der Menschen des Endes zu beleuchten und uns gleichzeitig an die «von den heiligen Propheten zuvor gesprochenen Worte» zu erinnern, die uns angezeigt haben, dass in den letzten Tagen Spötter mit Spötterei kommen werden, die da sagen: «Wo ist die Verheißung seiner Ankunft?» Dieses Kommen ist für sie ein Märchen alter Frauen, sie behaupten: Alles bleibt im gleichen Zustand von Anfang der Schöpfung an. Sie halten an der Unveränderlichkeit der Materie fest, und es ist ihnen nach ihrem eigenen Willen verborgen, dass sowohl die Erschaffung als auch die Zerstörung der Welt nur von einem Wort Gottes abhängt. Die Welt wurde durch dieses Wort bereitet (Hebr. 11,3), auf Grund desselben besteht sie fort und wird durch das Wort für das Feuer aufbehalten (2. Petr. 3,5-7). Die Flut hat sie schon einmal überschwemmt. Diese Menschen wollen nicht glauben und nicht sehen, dass «die jetzigen Himmel und die Erde durch sein Wort aufbewahrt sind, für das Feuer behalten auf den Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen.» «Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb, an welchem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brande werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr verbrannt werden.»
Diese Wahrheit ist ein mächtiger Beweggrund für unsern christlichen Wandel: «Da nun dieses alles aufgelöst wird, welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit!» Diesem Worte entsprechend können wir nicht mehr mit der Welt und auf ihre Weise leben und keine Beziehungen und Bande mit dem, was völlig verbrannt werden wird, aufrecht halten.
Aber die Furcht, mit diesem Zustand der Dinge verbunden zu sein, darf nicht unser einziger oder hauptsächlicher Beweggrund sein. Der Tag des Herrn wird von einem anderen Tage, vom Tage Gottes abgelöst. «Dessentwegen» werden «die Himmel, in Feuer geraten, aufgelöst und die Elemente im Brande zerschmelzen». Es ist der Tag der unveränderlichen und endgültigen Dauerhaftigkeit aller Dinge. Wir erwarten ihn, denn der Tag des Gerichts kann nicht der Gegenstand unserer Hoffnung sein. Der Tag des Herrn wird die Herrschaft der Gerechtigkeit auf der durch Gericht gereinigten Erde einführen. Nach diesem, wenn «der erste Himmel und die erste Erde» zerstört sein werden, wird er den Tag Gottes einführen, der in neuen Himmeln und auf einer neuen Erde, in welcher Gerechtigkeit wohnt, erstrahlen wird. Wir erwarten diesen Tag, aber wir werden ermahnt, die Ankunft dieses Tages zu beschleunigen. Wie aber können wir sie beschleunigen? Indem wir jetzt schon in unserem ganzen Wandel die Merkmale der dauerhaften Gerechtigkeit und Heiligkeit, die diesen Tag kennzeichnen, zur Schau tragen. Was für Menschen sollten wir also sein? «Deshalb, Geliebte, da ihr dies erwartet, so befleißigt euch, ohne Flecken und tadellos von ihm erfunden zu werden in Frieden. Und achtet die Langmut unseres Herrn für Errettung».
Geliebte Geschwister! Der Herr kommt. Wir werden Ihn sehen als Morgenstern, als Heiland, als Hausherr, als Bräutigam, als Herr; wir werden mit Ihm in Herrlichkeit wiederkehren, um mit dem König zu herrschen, – und hernach wird der Tag Gottes beginnen. Bis dahin wird in der Welt das Böse regieren und wir werden darunter zu leiden haben, wenn nicht auch unter unseren eigenen Erfahrungen. Fürchten wir uns nicht und lasst uns den Mut nicht verlieren! Achten wir die Langmut unseres Gottes für Errettung, und dieser Gedanke möge uns aufrecht halten. Haben wir nicht, inmitten der Umwälzung aller Dinge die stärksten Beweggründe, um «die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig zu leben in dem jetzigen Zeitlauf, erwartend die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesu Christi»?
Der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm! – Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. – Amen; Komm, Herr Jesus! Offb. 22,17.20